Helfer beim Zugsunfall in Balasore
AP/Arabinda Mahapatra
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Entsetzen nach Zugsunglück in Indien

Nach dem schweren Zugsunglück in Indien mit fast 300 Toten wird nun nach dem Auslöser gesucht. Premierminister Narendra Modi besuchte am Samstag den Unglücksort und kündigte harte Konsequenzen für die Verantwortlichen an. Weltweit wird um die Opfer nach einem der verheerendsten Zugsunglücke der letzten Jahre getrauert.

Modi besuchte am Samstag den Unglücksort und Verletzte in einem Krankenhaus. Dort sagte er laut örtlichen Medien wie der „Hindustan Times“: „Die Verantwortlichen werden schwer bestraft.“ Es sei die Anweisung gegeben worden, bei der Untersuchung „jeden Blickwinkel“ zu beachten. Bahnminister Ashwini Vaishnaw sagte der Nachrichtenagentur ANI, er habe eine Untersuchung zur Ursache der Katastrophe angeordnet.

Modis Büro hatte – wie das in Indien bei Unfällen in Zusammenhang mit der Infrastruktur üblich ist – bereits kurz nach dem Unglück eine Entschädigung für die Angehörigen der Toten von je 200.000 Rupien (etwa 2.300 Euro) angekündigt. Verletzte sollen etwa 50.000 Rupien (rund 565 Euro) bekommen.

Die Solidarität nach dem Unglück ist groß. Viele Menschen haben schon in der Nacht des Unfalls in Krankenhäusern Blut für die Verletzten gespendet. „Ich hoffe, dass das einige Leben rettet“, sagte ein Spender der Nachrichtenagentur ANI. Odishas Verwaltungschef Pradeep Kumar Jena sagte, er habe viele Anfragen von an einer Blutspende Interessierten erhalten.

Weltweite Trauer nach Unglück

Aus der ganzen Welt wurde kondoliert: Der britische Premierminister Rishi Sunak, dessen Familie indische Wurzeln hat, twitterte, dass seine Gedanken und Gebete bei Modi und allen Betroffenen seien. „Mein tiefstes Mitgefühl für die Familien und Freunde der Getöteten und von Herzen meine Unterstützung und Bewunderung für die Überlebenden und diejenigen, die unermüdlich helfen.“ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen twitterte an Modi: „Europa trauert mit Ihnen.“

Helfer beim Zugsunfall in Balasore
AP/Arabinda Mahapatra
Nach dem Unglück kamen Mitleidsbekundungen aus aller Welt

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb an die Angehörigen der Opfer: „Wir teilen euren Schmerz des Verlusts.“ Deutschlands Kanzler Olaf Scholz zeigte sich „erschüttert“: „Meine Gedanken sind bei den Opfern, Verletzten und ihren Familien. Deutschland steht an der Seite Indiens in dieser schweren Zeit.“ Papst Franziskus versicherte „allen, die von dieser Tragödie betroffen sind, seine geistliche Nähe“. Russlands Präsident Wladimir Putin schrieb: „Wir teilen die Trauer derer, die bei dieser Katastrophe ihre Angehörigen verloren haben, und hoffen auf eine baldige Genesung aller Verletzten.“

Neue Debatte über Sicherheit der Bahn in Indien

In Indien selbst lässt das Unglück wieder eine Diskussion über die Sicherheit der Bahn aufkommen – nachdem das Land nach schweren Unglücken in der Vergangenheit viel in die Bahn investiert hat und sich die Situation zuletzt verbessert zu haben schien.

Das bevölkerungsreichste Land mit rund 1,4 Milliarden Menschen hat ein großes, historisch gewachsenes Bahnnetz. Angesichts vieler alter Züge und überholungsbedürftiger Gleisanlagen gibt es häufig Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind seltener geworden.

Tote bei Zugsunglück in Indien

Bei einem der verheerendsten Zugsunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind im Osten Indiens zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Unter den umgestürzten Waggons werden weitere Tote vermutet.

Zu den schwersten Zugunfällen mit über 100 Toten gehörten in den letzten Jahrzehnten mehrere in Indien, darunter die Unglücke von Kanpur 2016, Valigonda 2005, Rafiganj 2002, Gaisal 1999 und Khanna 1998. In Pakistan starben im Juli 2005 in Sarhad beim Zusammenstoß dreier Fernzüge 137 Menschen, in Japan im April 2005 beim Zugsunglück von Amagasaki 107, weil der Lokomotivführer in einem Bogen nicht die vorgeschriebenen 70 km/h eingehalten hatte.

Zwei Passagierzüge verunglückt

Die Katastrophe ereignete sich am Freitagabend gegen 19.00 Uhr (Ortszeit, 15.00 Uhr MESZ) in einer ländlichen Gegend des Bezirks Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kalkutta. Zwei Passagierzüge und ein Güterzug verunglückten dort nacheinander auf zwei parallel verlaufenden Gleisabschnitten.

Luftaufnahme zeigt die entgleisten Züge in Balasore, Indien
Reuters
Die Zahl der Toten wird weiter steigen

Mit Tagesanbruch am Samstag wurde das Ausmaß des Desasters besser sichtbar. Etwa ein Dutzend havarierte Waggons lag auf und neben den Gleisen – in die Höhe ragende Stahlkolosse, einige mit aufgerissenen Abteildecken, die Fenster zerschmettert. Auf und neben den Waggons versuchten private Personen und Rettungskräfte mit orangefarbenen Schutzanzügen verzweifelt, verletzte Passagiere und Passagierinnen unter den tonnenschweren Trümmern zu retten.