Rettungskräfte vor den Trümmern der verunglückten Züge in Balasore, Indien
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Indien

Signalfehler verursachte Zugsunglück

Das Zugsunglück im Osten Indiens mit 275 Toten ist nach Regierungsangaben durch einen Fehler im elektronischen Signalsystem verursacht worden. Das gab der indische Minister für den Bahnverkehr, Ashwini Vaishnaw, am Sonntag laut der Nachrichtenagentur ANI bekannt. Die Bergungsarbeiten gehen in die Endphase, Hoffnung auf Überlebende gibt es kaum noch.

Vaishnaw nannte laut ANI bisher keine Details. „Wir haben die Ursache des Unfalls und die verantwortlichen Personen identifiziert“, sagte der Minister zum Stand der Ermittlungen. Schon tags zuvor hatte Premierminister Narendra Modi angekündigt, dass die Verantwortlichen „schwer bestraft“ werden.

Der Verwaltungschef der Region Odisha, in dem sich das Unglück zugetragen hatte, Pradeep Kumar Jena, sagte am Sonntag unterdessen, dass es 275 Todesopfer gebe. Bisher konnten weniger als 100 Personen identifiziert werden. Von den über 1.100 Verletzten konnten knapp 800 wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden, so Jena weiter.

Trümmer der verunglückten Züge in Balasore, Indien
APA/AFP/Dibyangshu Sarkar
Die Aufräumarbeiten wurden am Sonntag fortgesetzt

Die Stelle des Unglücks wurde über Nacht weiter geräumt. Vaishnaw kündigte auf Twitter an, dass die Hauptstrecke bereits wieder in Betrieb sei. Während die Bergungsarbeiten fortgesetzt werden, schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, die Opferzahl könnte damit am Sonntag noch steigen.

Kritik gab es aus der indischen Politik: Bereits am Samstag wurden erste Stimmen laut, die vom zuständigen Minister Vaishnaw forderten, Konsequenzen aus dem Unglück zu ziehen. In Indien entbrannte damit jedenfalls neuerlich eine Debatte über die Sicherheit des Schienenverkehrs – nachdem das Land nach schweren Unglücken in der Vergangenheit viel in die Bahn investiert hatte und sich die Situation zuletzt verbessert zu haben schien.

Neue Debatte über Sicherheit der Bahn in Indien

Das bevölkerungsreichste Land mit rund 1,4 Milliarden Menschen hat ein großes, historisch gewachsenes Bahnnetz. Angesichts vieler alter Züge und überholungsbedürftiger Gleisanlagen gibt es häufig Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind seltener geworden.

Zu den schwersten Zugsunfällen mit über 100 Toten gehören in den letzten Jahrzehnten auch einige in Indien, darunter die Unglücke von Kanpur 2016, Valigonda 2005, Rafiganj 2002, Gaisal 1999 und Khanna 1998. In Pakistan starben im Juli 2005 in Sarhad beim Zusammenstoß dreier Fernzüge 137 Menschen, in Japan im April 2005 beim Zugsunglück von Amagasaki 107, weil der Lokomotivführer in einem Bogen nicht die vorgeschriebenen 70 km/h eingehalten hatte.

Premier kündigte Strafen an

Modi besuchte am Samstag den Unglücksort und Verletzte in einem Krankenhaus. Dort sagte er laut örtlichen Medien wie der „Hindustan Times“: „Die Verantwortlichen werden schwer bestraft.“ Es sei die Anweisung gegeben worden, bei der Untersuchung „jeden Blickwinkel“ zu beachten.

Tote bei Zugsunglück in Indien

Bei einem der verheerendsten Zugsunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind im Osten Indiens zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Unter den umgestürzten Waggons werden weitere Tote vermutet.

Modis Büro hatte – wie das in Indien bei Unfällen in Zusammenhang mit der Infrastruktur üblich ist – bereits kurz nach dem Unglück eine Entschädigung für die Angehörigen der Toten von je 200.000 Rupien (etwa 2.300 Euro) angekündigt. Verletzte sollen etwa 50.000 Rupien (rund 565 Euro) bekommen.

Weltweite Trauer nach Unglück

Aus der ganzen Welt wurde kondoliert: Der britische Premierminister Rishi Sunak, dessen Familie indische Wurzeln hat, twitterte, dass seine Gedanken und Gebete bei Modi und allen Betroffenen seien. „Mein tiefstes Mitgefühl für die Familien und Freunde der Getöteten und von Herzen meine Unterstützung und Bewunderung für die Überlebenden und diejenigen, die unermüdlich helfen.“ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen twitterte an Modi: „Europa trauert mit Ihnen.“

Helfer beim Zugsunfall in Balasore
AP/Arabinda Mahapatra
Nach dem Unglück kamen Mitleidsbekundungen aus aller Welt

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb an die Angehörigen der Opfer: „Wir teilen euren Schmerz des Verlusts.“ Deutschlands Kanzler Olaf Scholz zeigte sich „erschüttert“: „Meine Gedanken sind bei den Opfern, Verletzten und ihren Familien. Deutschland steht an der Seite Indiens in dieser schweren Zeit.“ Papst Franziskus versicherte „allen, die von dieser Tragödie betroffen sind, seine geistliche Nähe“. Russlands Präsident Wladimir Putin schrieb: „Wir teilen die Trauer derer, die bei dieser Katastrophe ihre Angehörigen verloren haben, und hoffen auf eine baldige Genesung aller Verletzten.“