Am Samstag hat sich der burgenländische Landeshauptmann gegen seinen Kontrahenten, den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, knapp durchgesetzt. Wie schon bei der Mitgliederbefragung wurden die unterschiedlichen Lager deutlich. Doskozil erhielt rund 53 Prozent der Delegiertenstimmen, Babler knapp 47 Prozent. Die scheidende Chefin, Pamela Rendi-Wagner, hatte sich bereits nach der Befragung aus dem Rennen genommen und war am Parteitag nicht mehr anwesend – wurde aber mit Standing Ovations verabschiedet.
Nach der Wahl streckte Doskozil dem Babler-Team die Hand aus, man war um Einigkeit bemüht. Zumindest in einem dürften sich beide Lager einig sein: keine Koalition mit der FPÖ. Das kündigte der neue Parteichef bei seiner Siegesrede an. „Sollten wir die Wahl gewinnen: Es wird keine Koalition mit den Freiheitlichen geben“, versprach Doskozil den anwesenden Delegierten.
Dabei blieb es allerdings nicht. Der neue Parteichef ging einen Schritt weiter: Man benötige die FPÖ nicht, aber die Partei brauche jene FPÖ-Wähler und Wählerinnen, „die uns vor zehn, 15, 20 Jahren noch gewählt haben“. Dann würde nämlich „der zweite Schritt“ gelingen, den der SPÖ-Chef „in Angriff nehmen“ möchte – „keine Koalition mit der ÖVP“. Er habe Erfahrungen mit der Großen Koalition, es werde nur gestritten, begründete er seinen Schritt. Doskozil spekuliert mit einer Koalition mit den Grünen und NEOS.
„Doskozil musste eine Ansage machen“
Derzeit ist das freilich alles nur Zukunftsmusik. Die nächste Wahl zum Nationalrat findet planmäßig im Herbst 2024 statt, eine Koalition mit Grünen und NEOS geht sich Umfragen zufolge derzeit ebenso wenig aus wie eine Zusammenarbeit mit der ÖVP. Aus der ÖVP hieß es, dass eine Koalitionsabsage nach der nächsten Wahl „maximal undemokratisch“ wäre. Eine „Linkskoalition“ sei „verheerend“ für das Land.
„Doskozil musste unmittelbar nach dem Sieg eine Ansage machen, um von dem letzten Chaos in der Partei davonzukommen“, sagt Politikexperte Filzmaier. Eine konkrete inhaltliche Ankündigung sei ob der Oppositionsrolle der SPÖ aber nicht möglich gewesen. Dass Doskozil seine Koalitionspräferenzen offenlegt, könne als Versuch interpretiert werden, erste Positionen zu besetzen, meint Filzmaier. Ob es aufgeht, werde man später sehen.
Doskozil übernimmt SPÖ
Die SPÖ-Delegierten haben am Samstag beim Parteitag in Linz Hans Peter Doskozil zum neuen Parteichef gewählt. Mit der Übernahme muss Doskozil nun die gespaltene und durch Krisen gezeichnete Partei wieder einen.
Insbesondere mit der Absage an die Freiheitlichen wolle der SPÖ-Chef aber offenbar auch einem „Eiertanz ausweichen“. Filzmaier erinnert daran, dass sich hier Doskozil, Babler und Rendi-Wagner zumindest einig waren. Angesichts der ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit in Salzburg und Niederösterreich wurde spekuliert, dass die ÖVP auch im Bund erneut auf die FPÖ zugehen will. Einige ÖVP-Politikerinnen und -Politiker gingen leicht auf Distanz, andere wichen der Frage, ob eine ÖVP-FPÖ-Koalition nach der nächsten Nationalratswahl möglich sei, aus.
Was von den Ankündigungen am Ende wirklich umgesetzt wird, sei aber eine andere Frage, so Filzmaier und zitiert den früheren ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel. Dieser hatte 1999 betont, dass die Partei, sollte sie Dritter bei der Nationalratswahl werden, in die Opposition gehe. „Dann wurde Schüssel mit Hilfe der FPÖ Kanzler“, sagt der Experte. Sollte der SPÖ-Chef seiner Partei nach der Wahl auch als Zweitplatzierter den Kanzlersessel anbieten können, könnten die Sozialdemokraten ihre Meinung zu Koalitionsabsagen schnell ändern.
Wichtige Posten zu besetzen
Viel zeitnaher zu treffen, sind aber wichtige Personalentscheidungen in der Partei. Mit Christian Deutsch verlässt der Bundesgeschäftsführer die Löwelstraße, im parlamentarischen Klub ist der Sessel deshalb frei, weil Rendi-Wagner sich ganz aus der Politik zurückzieht. Es seien zwei wichtige Positionen, in denen es um Management, aber auch um die gewisse mediale Präsenz geht. „Man darf nicht vergessen, Doskozil bleibt als Landeshauptmann weiter in der Landespolitik“, so Filzmaier.

In der Regel bekommen die Klubchefs der Oppositionsparteien sehr viel Präsenz in den Medien. Das betrifft nicht nur die langen Debatten im Hohen Haus, sondern auch Interviews und Gesprächsrunden. „Die Besetzung muss strategisch schon gut überlegt sein, es geht darum, dass dort jemand sitzen soll, mit dem der Vorsitz arbeiten kann“, sagt der Experte. Darüber hinaus sollte der Klubchef bzw. die Klubchefin auch das Einmaleins des parlamentarischen Prozesses beherrschen.
Die Reden der Kandidaten
Die Reden der Kandidaten sind in voller Länge in der tvthek abrufbar.
Filzmaier sieht zwei Optionen: Entweder sitzt am Klubchefsessel eine Vertrauensperson von Doskozil. Hier käme zum Beispiel der steirische Mandatar Max Lercher ins Spiel. Oder der neue Parteichef will mit einer Signalwirkung an das Lager von Babler starten: Dann könnte mit Julia Herr eine Burgenländerin den Klub anführen.
Möglich wäre auch, dass Babler selbst vom Bundesrat aus die SPÖ-Fraktion leitet. Weil er aber bei keiner Nationalratssitzung dabei ist, sei die Position dann eher eine „symbolische“, betont Filzmaier. Es benötige dann also wiederum eine weitere Person, die die Fäden im Plenum zieht.
Männliches Triumvirat?
Sowohl bei der Vertrauensperson als auch bei der Signalwirkung gebe es Hürden. Lercher wird aber gleichzeitig als Bundesgeschäftsführer gehandelt. Dass er beide Jobs zur selben Zeit ausübt, ist aber nicht möglich. Gesetzlich darf ein Klubchef während seiner Amtstätigkeit keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben. Sollte der Klub künftig von einer Person geleitet werden, die sich zuvor für Babler positioniert hat, könne es zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Löwelstraße und Parlament kommen, sagt Filzmaier.

Klar sei jedenfalls, dass es schwer argumentierbar ist, würde künftig ein männliches Triumvirat die SPÖ leiten. Mit Doskozil führt nach der ersten SPÖ-Vorsitzenden in der Geschichte wieder ein Mann ganz oben. „Wenn dann noch zwei weitere Männer auf wichtige Positionen gesetzt werden, wird der Unmut bei einigen in der Partei nicht gerade weniger“, vermutet der Experte.
Als Möglichkeit bietet sich noch SPÖ-Frauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner an, die schon am Parteitag mit lautstarkem Applaus begrüßt wurde. Diese hatte am Sonntag in der ORF-Sendung „Hohes Haus“ die Koalitionsansagen von Doskozil begrüßt. Angesichts der frauenpolitischen Positionen, die die beiden Parteien in den Koalitionen in Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg vertreten, sehe sie hier „keine Überschneidungspunkte“.
Der Klubchef bzw. die Klubchefin wird geheim im Klub gewählt. In der Regel wird allerdings auf den Wunsch des Parteivorsitzenden gehört. Bei Bundesgeschäftsführer bzw. -führerin hat Doskozil freie Hand. In der Zentrale will sich der neue SPÖ-Chef übrigens möglichst schon am Montag zeigen, da will er sich in der Löwelstraße vorstellen.