Eine Person hält einen Kassazettel über einen gefüllten Einkaufswagen
IMAGO/Sven Simon/Frank Hoermann
Lebensmittel

Weniger Einkäufe, mehr Ausgaben

In Österreich liegt die Inflation seit Monaten deutlich über dem europäischen Schnitt. Das macht sich auch bei den Lebensmittelpreisen bemerkbar – und in weiterer Folge beim Einkaufsverhalten. Die Einkaufsmenge lag heuer in den ersten drei Monaten um zwei Prozent unter den Werten von Anfang 2019. Die Ausgaben dafür sind dennoch erheblich gestiegen.

Obwohl Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt von Aktionen Gebrauch machen und häufiger zu Diskontern gehen, ist der „RollAMA-Einkaufskorb“ im Schnitt um 16,6 Prozent teurer als vor einem Jahr – bei einer Inflationsrate von etwa neun Prozent. Die „RollAMA“ (rollierende Agrarmarktanalyse) wird von der Agrarmarkt Austria (AMA) in Zusammenarbeit mit GfK und KeyQUEST Marktforschung durchgeführt.

Basis dafür sind Aufzeichnungen von 2.800 Haushalten über ihre Lebensmitteleinkäufe. Erfasst werden Fleisch und Geflügel, Wurst, Milch und Milchprodukte, Käse, Obst, Gemüse, Eier, Erdäpfel, Tiefkühlprodukte, Fertiggerichte, aber nicht Brot und Gebäck.

Gefragte Rabatte

Im Jahresabstand haben die Haushalte ihre Einkaufsmengen um fünf Prozent reduziert, ihre Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe sind aber um elf Prozent gestiegen. Fast ein Drittel der Einkaufsausgaben fließt mittlerweile in die Kassen der Diskonter. Rabatte werden immer wichtiger – Fleisch wird zur Hälfte mit Rabatt erworben, Wurst zu einem Drittel.

Eine Grafik zeigt die Lebensmitteleinkäufe in Österreich (in Tonnen) im ersten Quartal von 2019 bis 2023
Grafik: APA/ORF; Quelle: RollAMA

„Debatten rund um mehr Tierwohl werden angesichts dieser Entwicklungen voraussichtlich noch lange geführt werden. Denn bei einer derartigen Preissensibilität und unter ihrem Wert verkauft, werden sich Tierwohlprodukte nur schwer am Markt durchsetzen können“, hieß es in der Mitteilung der „RollAMA“.

Fleisch- und Wurstprodukte in einer Vitrine
Getty Images/iStockphoto/Frantic00
Gerade bei Fleisch und Wurst wird stark auf den Preis geachtet – für bessere Tierhaltung verheißt das nichts Gutes

Bio bleibt stabil

Die starken Preisanstiege bei Milchprodukten ließen den Absatz von Joghurt um sieben Prozent einbrechen. Bei Käse und Butter war dagegen kein merklicher Rückgang zu bemerken. Der Gemüseeinkauf ging um 8,5 Prozent zurück, der Bioanteil bei den Einkäufen blieb aber stabil: 11,9 Prozent ist der zweithöchste Wert nach dem ersten Quartal 2022.

Dazu beigetragen hat, dass der Preisunterschied zwischen Bio und konventionellen Lebensmitteln in den meisten Kategorien geschrumpft ist. Die Daten würden zeigen, dass Biolebensmittel sich in der Teuerung als Inflationsbremse erwiesen haben, sagte Bio-Austria-Obfrau Barbara Riegler. Damit sei auch das oft bemühte Vorurteil von angeblich besonders teuren Biolebensmitteln endgültig vom Tisch.

Wesentlich teurer als in Deutschland

An anderer Front ist keine Entwarnung in Sicht: Laut Preismonitor der Arbeiterkammer (AK) sind vergleichbare Markenartikel in Österreich brutto im Schnitt um 18 Prozent teurer als in Deutschland, ohne die unterschiedliche Mehrwertsteuer sind es 15 Prozent. Die AK verglich im Mai die Preise von 71 Markenartikeln in österreichischen (Billa, Interspar) und deutschen Onlineshops (REWE, EDEKA, Kaufland). Von diesen 71 Produkten waren die Bruttopreise von 57 Artikeln höher als in Deutschland, 13 Produkte waren billiger, und ein Produkt kostete gleich viel.

Beim Vergleich der Nettopreise waren 53 der 71 Lebensmittel in Österreich teurer als in Deutschland. Bei den Nettopreisen wurde die unterschiedliche Mehrwertsteuer der beiden Länder herausgerechnet. In Österreich liegt der Umsatzsteuersatz bei 20 Prozent, der ermäßigte Steuersatz liegt bei zehn Prozent. In Deutschland liegen die Sätze bei 19 bzw. sieben Prozent.

Preisunterschied bis zu 152 Prozent

Vereinzelt zeigten sich laut AK extreme Bruttopreisunterschiede von mehr als 150 Prozent. Beispielsweise kostet eine 175-Gramm-Packung Philadelphia-Frischkäse in Österreich 2,49 Euro, in Deutschland aber nur 0,99 Euro – das entspricht einem Preisunterschied von 152 Prozent. Eine 650-Gramm-Packung „Viennetta-Vanilleeis“ kostet in Deutschland 1,99 Euro, in Österreich 4,89 Euro. Die Preisdifferenz beträgt 146 Prozent.

Auch Produkte wie „Leibnitz Butterkekse“ waren in Österreich um 73 Prozent teurer als in Deutschland, eine 500-Gramm-Packung „De Cecco Penne“ kostete hierzulande 60 Prozent mehr als im Nachbarland. Bei einer Dose Red Bull betrug der Preisunterschied rund 33 Prozent, bei einem Liter Sprite waren es 66 Prozent.

Handelsverband sieht „Äpfel-Birnen-Vergleich“

Der Handelsverband sieht in dem Preisvergleich einen „Äpfel-Birnen-Vergleich“, der viele strukturelle Komponenten ausblende, die für die Preisunterschiede verantwortlich seien. So ignoriere die AK die höhere Filialdichte in Österreich, höhere Personal- und Lohnnebenkosten, generell höhere Steuern und Abgaben, einen höheren Anteil an Bioprodukten, teurere Verkehrswege und häufigere Rabattaktionen.

Auch die territorialen Lieferbeschränkungen (Territorial Supply Constraints oder TSC) würden eine zentrale Rolle spielen. Denn diese würden es großen Markenartikelherstellern erlauben, den EU-Binnenmarkt künstlich entlang nationaler Landesgrenzen zu segmentieren und in jedem Land unterschiedliche Preise zu verlangen – mit Einkaufspreisunterschieden von bis zu 60 Prozent. Würde man die Beschränkungen verbieten, ergäbe sich ein Einsparpotenzial von rund 14 Mrd. Euro für die gesamte EU, meint der Handelsverband.