StPO-Reform: Parteien für Stärkung der Beschuldigtenrechte

Hochrangige Vertreter aus Justiz, Politik und der Anwaltschaft haben heute Nachmittag im Parlament in einem Symposion über Fragen zu einer allfälligen Reform der Strafprozessordnung (StPO) diskutiert. Wie sich zeigte, besteht bei den im Parlament vertretenen Parteien Einigkeit über eine Stärkung der Beschuldigtenrechte im Strafverfahren. Skepsis löste Verfassungsministerin Karoline Edstadler (ÖVP) mit ihrer Forderung nach einem „Zitierverbot“ aus Ermittlungsakten aus.

In ihrem Vortrag wandte sich Edtstadler gegen eine mediale Vorverurteilung, die entstehe, wenn Vernehmungsprotokolle öffentlich gemacht werden. Sie sprach sich daher für ein „Zitierverbot nach deutschem Vorbild“ aus, dem allerdings die Vertreter der anderen Parteien wenig abgewinnen konnten.

Skepsis nach Edtstadler-Vorstoß

Während FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan einräumte, dass der „öffentliche Pranger“ zuletzt überhandgenommen habe, zeigte sich die grüne Justizsprecherin Agnes Sirkka Prammer ausgesprochen skeptisch. Die Medienfreiheit und freie Berichterstattung dürfe nicht eingeschränkt werden, sagte Prammer. „Massive Bedenken“ gegen ein Zitierverbot aus Ermittlungsakten meldete NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter an: „Ich sehe keinen Grund, warum man die Medien in ihrer Arbeit beschränken sollte.“

Kostenersatz nach Freisprüchen

Parteiübergreifende Einigkeit bestand darin, dass es „eine klare Regelung für Kostenersatz bei Verfahrenseinstellungen und Freisprüchen geben muss“, wie SPÖ-Justizsprecher Christian Drobits formulierte. „Es ist eines Rechtsstaates unwürdig, dass freigesprochene Beschuldigte auf hohen Kosten sitzen bleiben“, hielt Ministerin Edtstadler fest. Die Mittel für eine Aufstockung des Kostenersatzes sollten nach Dafürhalten der grünen Justizsprecherin Prammer allerdings nicht aus dem laufenden Justizbudget, sondern in Form eines „Sonderbudgets“ finanziert werden.

Der Wiener Strafrechtsprofessor Peter Lewisch hatte zu Beginn der Veranstaltung einen „Verbesserungsbedarf“ bei der StPO gesehen, zumal 60 Prozent der Ermittlungsverfahren eingestellt würden und damit gar nicht vor Gericht landen. Um die Rechte von Beschuldigten zu stärken, die oft gar nicht angeklagt würden, bedürfe es Regeln, „die aus jedermanns Perspektive ex ante akzeptabel sind“.

Zu lange Dauer der Strafverfahren?

Man müsse die StPO auf das Level des 21. Jahrhunderts bringen, legte Edtstadler dar. Sie regte gegen die lange Dauer mancher Strafverfahren unter anderem eine gesetzlich festgeschriebene Höchstdauer von Ermittlungsverfahren an. Dem konterte Prammer mit dem Hinweis, lediglich 0,4 Prozent der in Österreich geführten Strafverfahren seien nicht binnen drei Jahren erledigt.

Im Schnitt dauere ein Ermittlungsverfahren dreieinhalb Monate, so Bernd Ziska, Vizepräsident der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte: „Von Herumwurschteln kann keine Rede sein.“ Einige wenige Verfahren seien zugegebenermaßen „überlang“, aber die Ursachen dafür seien „in beschränktem Ausmaß“ bei den Staatsanwaltschaften zu finden. Um zügiger ermitteln zu können, wären für Ziska eine Reduktion der Berichtspflichten, mehr Planstellen bei den Anklagebehörden und eine Stärkung des Verfahrensmanagements wünschenswert.