Genauer gesagt waren im ersten Quartal 2023 laut den heimischen Betrieben 228.300 Stellen offen. Vor einem Jahr waren 227.700 Jobs, also praktisch gleich viele, unbesetzt. Von den aktuell leeren Arbeitsplätzen entfallen 134.700 auf den Dienstleistungsbereich, 61.100 auf den produzierenden Sektor und 32.500 auf den öffentlichen Bereich. Dem AMS wurden von den Firmen nur 118.100 der offenen Stellen gemeldet, teilte die Statistik Austria am Dienstag mit.
Dass dem AMS nicht alle Stellen gemeldet werden, sei ein altes Problem und nicht ideal, so Kopf bei der Pressekonferenz: „Vor allem im hoch qualifizierten Bereich.“ Deshalb arbeite das AMS schon jetzt zum Teil mit einer „Crawling-Maschine“, die offene Stellen im Internet sucht und die AMS-Jobseite ergänzt. Auch das soll mehr in den Fachkräftebarometer des Arbeitsministeriums und des AMS einfließen.
Kocher: „Qualifizierungsniveau entscheidend“
Das Barometer sei eine neue Darstellungsweise, was die Nachfrage und das Angebot an Fachkräften betreffe, und zeige zeitnahe quartalsweise Ergebnisse zu Engpässen auf Berufsebene für Österreich und in Zukunft außerdem für die einzelnen Bundesländer auf, so Kocher. Durch die vierteljährlichen Ergebnisse könnten zudem konjunkturelle und saisonale Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt genauer unter die Lupe genommen werden. Kopf ergänzte, er wünsche sich künftig eine entsprechende europaweite Beobachtung mit Vergleich zwischen den Staaten.

Das Fachkräftebarometer soll zeigen, in welchen Bereichen Qualifizierungen stattfinden sollen. „Qualifizierung ist wichtig“, sagte der Arbeitsminister. „Das Qualifizierungsniveau entscheidet über den Job, den man bekommen kann.“ Das Barometer berechnet sich anhand von drei Teilindikatoren: Stellenandrang (berechnet sich aus Arbeitslosen dividiert durch offene Stellen), Zugang zu offenen Stellen (Anzahl der Zugänge und relative Veränderung des Zugangs an offenen Stellen) und Gesamtstellenmarkt (Anzahl und relative Veränderung von Zugängen an Stelleninseraten).
Kopf: „Rascher auf Nachfrage reagieren“
Kocher meinte, er sei zuversichtlich, dass das Fachkräftebarometer in Zukunft dabei unterstützen wird, Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt früher zu erkennen, um darauf noch schneller reagieren zu können. Kopf ergänzte: „Der Vorteil des neuen Fachkräftebarometers ist es, nicht nur jene Stellen als Grundlage zu nehmen, die dem AMS gemeldet werden, sondern außerdem rascher auf Nachfrageänderungen reagieren zu können.“

Derzeit besonders gefragt sind beispielsweise Diplomkrankenpfleger und -krankenpflegerinnen, Erzieherinnen und Erzieher sowie Maschinenbautechnikerinnen und Maschinenbautechniker. Etwas dahinter folgen Elektroninstallateurinnen und -installateure und Technikerinnen und Techniker für die Datenverarbeitung. Regional gibt es große Unterschiede. Mangelberufe gibt es derzeit insgesamt österreichweit 98.
Lob und Kritik von unterschiedlichen Seiten
Das Barometer als „Engpassblitzlicht“ soll außerdem Ausgangspunkt für weitere Analysen sein und tiefergehend wirken, sagte Kocher. Deshalb sei ein Auftrag an das Institut für Höhere Studien (IHS) und an die Statistik Austria erteilt worden, jene Analysen vorzunehmen. Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte das neue Werkzeug. Insgesamt brauche es aber eine umfassende Arbeits- und Fachkräftestrategie, die darauf abzielt, alle Potenziale zu heben, wurde in einer Aussendung gefordert.
Fachkräftebarometer präsentiert
Der Fachkräftemangel stellt weiterhin ein Problem dar. AMS und Arbeitsministerium haben jetzt ein Fachkräftebarometer vorgestellt.
„Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, ist gut und wichtig, löst aber die Personalnot nicht“, kritisierte unterdessen NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Das Tool zeige hauptsächlich, was man eh schon wisse. Er forderte von Kocher neben dem verbesserten Monitoring effektive Maßnahmen, um der Personalnot entgegenzutreten. Dauerforderung von NEOS ist die Senkung der Steuern auf Arbeit. Vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) Wien hieß es, die Regierung halte nur „an ihrer Beobachtung der Probleme fest“, anstatt Maßnahmen zu setzen.
Inflation trieb Dienstleisterumsätze nach oben
Der Dienstleistungsbereich, jener Bereich, in dem es derzeit die meisten offenen Arbeitsplätze gibt, profitierte zuletzt auch besonders von der Inflation, trieb diese aber auch voran. In den ersten drei Monaten 2023 setzten Dienstleistungsunternehmen nominell um 13,6 Prozent mehr um als im ersten Quartal des Vorjahres. Die Umsätze im Handel steigerten sich im Vergleich zum ersten Quartal 2022 nominell um 5,4 Prozent, inflationsbereinigt (real) ergibt das ein Minus von 2,7 Prozent. „Der Unterschied zwischen dem nominellen und realen Ergebnis spiegelt die hohen Preisanstiege im Handel wider“, so die Statistik Austria dazu.
Vom Umsatzplus besonders profitiert hätten jene Bereiche, die zuvor überdurchschnittlich unter der Coronavirus-Pandemie litten. Etwa die Beherbergung und Gastronomie mit einem Plus von 31,3 Prozent. „Sowohl im Lebensmitteleinzelhandel mit 11,7 Prozent (nominell) bzw. minus 1,0 Prozent (real) als auch im Einzelhandel abseits der Grundversorgung mit 3,9 Prozent (nominell) bzw. minus 4,0 Prozent (real) war eine starke Preisentwicklung zu beobachten“, so die Statistikerinnen und Statistiker.
Die Beschäftigungsverhältnisse entwickelten sich im ersten Quartal 2023 ebenfalls unterschiedlich: Bei den Dienstleistungsunternehmen waren sie um 3,0 Prozent höher als im ersten Quartal 2022, im Handel blieben sie unverändert.