Filiale von Leiner
ORF.at/Christian Öser
Kika/Leiner-Übernahme

1.900 Beschäftigte verlieren Job

Wenige Tage nach dem Verkauf der Möbelkette kika/Leiner werden die dramatischen Folgen bekannt: Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts der angeschlagenen Möbelkette wird 23 von 40 Standorten per Ende Juli schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kündigen. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen „erheblich“ verkleinert werden.

„Wir sind angetreten, um kika/Leiner zu retten. Und wir retten jetzt, was zu retten ist“, so der neue kika/Leiner-Betreiber und -Geschäftsführer Hermann Wieser am Dienstag in einer Aussendung.

„Um das Unternehmen wirtschaftlich überlebensfähig und vor allem langfristig wettbewerbsfähig zu machen, sind tiefgreifende Einschnitte und ein schneller, konsequenter Cut notwendig“, so Wieser. Die Möbelkette sei mit einem operativen Verlust in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro übernommen worden, und um die laufenden Kosten zu decken, betrage der Liquiditätsbedarf bei sinkenden Umsätzen monatlich circa acht bis zehn Millionen Euro.

Standorte schließen Ende Juli

Geschlossen werden laut Unternehmensangaben per Ende Juli die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring. An diesen Standorten beginnt ab sofort der Abverkauf mit Preisreduktionen.

Beratung durch Arbeiterkammer und Gewerkschaft

Die Gewerkschaft riet Betroffenen, vorerst nichts zu unterschreiben, sondern sich beraten zu lassen. Gemeinsam mit der Arbeiterkammer werde man die Beschäftigten informieren und beraten, kündigte die Gewerkschaft GPA in einer Aussendung an. Kritik übten die Arbeitnehmervertreter am ehemaligen kika/Leiner-Eigentümer. „Dass Benkos Signa-Holding von einem ‚sehr guten Investment‘ spricht, während die Hälfte der Belegschaft um ihre Jobs zittert, ist zynisch und entspricht brutalem Turbokapitalismus“, so GPA-Chefin Barbara Teiber.

Besitzer kündigen Maßnahmenpaket für Betroffene an

„Bedauerlicherweise sind die Hauptleidtragenden die Mitarbeiter, die am wenigsten dafür können“, so der neue kika/Leiner-Chef. Aus diesem Grund habe man gemeinsam mit den Betriebsräten für die durch Kündigung betroffenen Mitarbeiterinnen ein Maßnahmenpaket beschlossen.

Grafik zum Stellenabbau bei Kika/Leiner
Grafik: APA/ORF; Quelle: Kika/Leiner

Wenige Tage nach Übernahme

Vergangene Woche wechselte kika/Leiner den Besitzer. Nach knapp fünf Jahren als Eigentümer verkaufte die Signa-Retail-Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko die Immobilien der Möbelkette für einen nicht genannten Preis an die Supernova-Gruppe des deutschen Fachmarktunternehmers Frank Albert. Das operative Geschäft ging an Wieser.

Für das operative Möbelgeschäft soll erneut – so wie bei Benko selbst bei der Übernahme 2018 – ein symbolischer Euro geflossen sein. Signa betonte, die Übernahme sei für die Gruppe trotz eines schwierigen Marktumfeldes ein „sehr gutes Investment“ gewesen. Nicht Teil des Deals war der Leiner-Standort in Bestlage in der Mariahilfer Straße, der derzeit in ein Luxuskaufhaus und -hotel umgebaut wird.

Kika/Leiner schließt Filialen

Wenige Tage nach dem Verkauf der Möbelkette kika/Leiner werden die dramatischen Folgen bekannt: Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts der angeschlagenen Möbelkette wird 23 von 40 Standorten per Ende Juli schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kündigen. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung sollen erheblich verkleinert werden.

Sanierungskurs bereits 2018

Um eine Insolvenz von kika/Leiner zu vermeiden, verkaufte der südafrikanische Steinhoff-Konzern die österreichische Möbelkette im Juni 2018 um 430 Millionen Euro an Signa. Im Rahmen des damaligen Sanierungskurses von kika/Leiner wurde die Filialzahl in Österreich reduziert und das Osteuropageschäft sowie einige nicht strategische Immobilien in Österreich verkauft.

Kika und Leiner erhielten von Signa einen „zweistelligen Euro-Millionenbetrag“ für die Modernisierung der Filialen. Das Immobilien-„Filetstück“ von kika/Leiner in der Wiener Mariahilfer Straße kaufte Signa bereits Ende 2017 um 60 Millionen Euro und errichtet dort derzeit das Luxuskaufhaus „Lamarr“.

In der Geschichte der beiden Möbelhäuser gab es immer wieder große Versprechungen, die sich in der Realität dann oft als das Gegenteil entpuppten. Auch der von Benko eingesetzte Manager Reinhold Gütebier kündigte 2018 vollmundig an, es werde keinen weiteren Personalabbau geben, in drei Jahren wolle man in der Gewinnzone sein. Er wolle kika/Leiner in die „Champions League“ zurückführen, meinte er damals.