Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler bei einer Pressekonferenz
Reuters/Lisa Leutner
Neuer SPÖ-Chef Babler

„Partei Stolz und Würde zurückgeben“

Nach der dritten Auszählung der Stimmen vom Parteitag sind für den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler die Zweifel beiseitegeräumt gewesen. Dienstagnachmittag nahm er die Wahl zum Vorsitzenden der Partei an. Er habe für diese Position kandidiert, um der „Partei Einigkeit, Stolz und Würde zurückzugeben“: „Das Comeback der Sozialdemokratie startet hier und heute.“

Die SPÖ liege zurzeit „ziemlich am Boden“, aber „die Zukunft der SPÖ schreiben wir selbst“. Zugleich entschuldigte er sich für den „Fehler, der hier passiert“ sei. Das Debakel bei der Stimmenauszählung der Kampfabstimmung am Parteitag sei ein „Versagen des Apparats“ gewesen, der bei einer derart fundamentalen Frage nicht passieren dürfe. Das dürfe sich nicht mehr wiederholen.

Babler sprach am Dienstag Themen wie den Kampf gegen die Teuerung, gerechte Löhne und die Beseitigung der Kinderarmut an. Zugleich solle der nächste ordentliche SPÖ-Bundesparteitag auf Herbst vorverlegt werden. Dort wolle er sich auch neuerlich wählen lassen. Zudem will Babler eine Statutenänderung mit dem Ziel, dass die Parteivorsitzenden künftig von den Mitgliedern gewählt und Koalitionsabkommen ebenfalls der Basis vorgelegt werden. Im Sommer plant er eine Tour durch ganz Österreich.

Babler nimmt Wahl zum SPÖ-Chef an

Am Dienstag wurde Andreas Babler offiziell als Bundesparteivorsitzender der SPÖ bestätigt. Die dritte Auszählung der Wahlkommission hat ergeben, dass Babler 317 Stimmen erhalten hat.

Keine Informationen zum Team

Offen ist, wie es nun in den nächsten Tagen weitergeht. Bereits am Mittwoch könnte ein Parteipräsidium tagen, das aber noch nicht entscheidungsbefugt wäre. Zu seinem Team gab Babler keine Auskunft. Er habe es aber schon vor Augen. „Bis auf Weiteres“ werde er jedenfalls selbst Bürgermeister und Bundesrat bleiben. Für den Klubvorsitz wären aber Abgeordnete aus dem Nationalrat zuständig.

Bezüglich der Blockade von Zweidrittelmehrheiten im Nationalrat legte sich Babler nicht fest, ob man bei dieser „Taktik“ bleiben werde, wobei er ohnehin bestritt, dass es sich um eine Blockadehaltung handle. Das wolle er in der Klubvollversammlung debattieren.

Dass mit ihm keine Koalition mit der FPÖ infrage kommt, unterstrich Babler. Bei der ÖVP ließ sich der neue SPÖ-Chef eine Hintertür offen. Dafür müsse sich die Volkspartei erst wieder koalitionsfähig machen. In einer Reaktion auf Bablers Wahl kritisierte NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos den Ablauf der Wahl, und er verschloss sich vorerst einer Koalition mit der SPÖ unter Babler. Dieser müsse nun klarstellen, wofür er stehe.

Neuerliche Überprüfung mit Notar

Nachdem am Montag bekanntgeworden war, dass bei der Auszählung am Parteitag die Stimmen vertauscht worden waren, forderte Babler eine erneute Auszählung in Begleitung eines Notars. Noch während der Sitzung der SPÖ-Wahlkommission am Dienstag trat die bisherige Leiterin der Kommission, Michaela Grubesa, zurück. Als Vorsitzende der Kommission hätte sie für eine zweite Nachprüfung des Ergebnisses am Parteitag sorgen müssen, argumentierte sie ihren Schritt.

Grubesa hatte in einer kurzfristig einberaumten Pressekonferenz am Montag den Fehler der vertauschten Stimmen eingestanden und von einem Fehler beim Befüllen einer Excel-Tabelle gesprochen. Ihre Nachfolgerin Klaudia Frieben bestätigte nach der erneuten Auszählung das bereits am Montag verkündete Ergebnis: Babler habe 317 Stimmen bekommen, Doskozil 280, fünf Stimmen waren ungültig. In Summe waren es 602 Stimmen. In Prozent seien das 52,66 Prozent gegenüber 46,51 Prozent.

Das „Problem“ am Parteitag am Samstag war laut Frieben ein Eingabe- und ein Verknüpfungsfehler, „der leider Gottes das Ergebnis auf den Kopf gestellt hat“. Wie ihre Vorgängerin Grubesa entschuldigte sich auch Frieben unter anderen bei dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der kurzzeitig zum neuen SPÖ-Chef erklärt worden war.

Frieben: Keine betrügerische Absicht

Friebens Angaben zufolge könne die Kommission eine betrügerische Absicht ausschließen. Sie räumte aber ein, dass Mitarbeiter der Parteizentrale „von sich aus“ am Montag die in Plastik verschweißten Stimmen – ohne vorher die Wahlkommission zu informieren – öffneten und nochmals nachzählten. Sie hätten damit die durch einen Tweet von ZIB-Moderator Martin Thür aufgefallene Unstimmigkeit der Gesamtzahl – 601 gegen 600 Stimmen – aufklären wollen.

Ergebnisse SPÖ-Vorsitzwahl

Samstag Montag/Dienstag
Andreas Babler 279 317
Hans Peter Doskozil 316 280
Ungültig 5 5
Summe 600 602
Von SPÖ kommuniziert 601 602

Die mittlerweile zurückgetretene Leiterin der Wahlkommission sei dann aber rechtzeitig informiert worden. Betrug oder Manipulation lasse sich jedenfalls ausschließen, so Frieben, „da sämtliche Protokolle sämtlicher Wahlabschnitte und alle Wahlzettel vorhanden waren und sind“. Auf die Frage, warum am Vortag zwei Stimmen dazugekommen seien, verwies Frieben auf einen „Kommunikationsfehler“.

Reaktionen innerhalb der SPÖ

Das Desaster aufgrund von falschen Auszählungen beim SPÖ-Bundesparteitag hinterlässt immer noch Spuren. In der roten Hochburg in Steyr möchte man nach dem ersten Schock nun vorwärts blicken.

SPÖ: Stimmzettel eingeschweißt

Betont wurde von SPÖ-Seite auch, dass die Stimmzettel des außerordentlichen Bundesparteitags in Linz eingeschweißt auf einer Palette von Linz nach Wien transportiert worden seien. Die Stimmzettel seien den Parteiangaben zufolge in der Bundesgeschäftsstelle verwahrt und erst im Zuge der Neuauszählung am Montag wieder geöffnet worden. Zuvor war gerüchteweise der Vorwurf laut geworden, die Zettel wären unversiegelt in einem Sackerl nach Wien gelangt.

Doskozil gestand bereits am Montagabend seine Niederlage ein. Seine Ambitionen in der Bundespolitik erklärte er für beendet. Babler bedankte sich am Dienstag für die konstruktive Reaktion seines Kontrahenten. Mehrfache Versuche Bablers, Doskozil zu erreichen, scheiterten aber zumindest bis zum späten Dienstagnachmittag.