SPÖ-Chef Andreas Babler
APA/Georg Hochmuth
Parteipräsidium tagt

Erste personelle Entscheidung in SPÖ

Nach der Bestätigung des SPÖ-internen Abstimmungsergebnisses, wonach Andreas Babler die SPÖ als Parteichef übernimmt, stehen interne Weichenstellungen an. Mittwochvormittag hielt Babler in der Parteizentrale in der Löwelstraße seinen Antrittsbesuch ab. Bereits vor dem Parteipräsidium am Nachmittag wurde bekannt, dass Christian Sapetschnig interimistisch den Posten des Bundesgeschäftsführers übernimmt.

Sapetschnig war in der Parteizentrale bis zuletzt Leitender Sekretär für Organisation, angedockt ist er bei der SPÖ in Wien-Alsergrund. Er war dort bisher als stellvertretender Bezirksvorsteher und Verkehrskommissionsvorsitzender für die Partei tätig und ging bereits als Jugendsekretär in der Zentrale ein und aus. „Wir brauchen jemanden, der koordiniert“, sagte Babler unmittelbar vor Bekanntwerden der neuen Personalie.

Christian Sapetschnig
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Sapetschnig übernimmt die Koordination in der Parteizentrale

Die Entscheidung, wer die politische Rolle der Bundesgeschäftsführung und damit die Nachfolge von Christian Deutsch übernehmen wird, ist noch nicht gefallen. Das sei derzeit aber noch unklar und müsse noch besprochen werden, so Babler. Die politische Besetzung sei „eine ganz andere Frage“, sagte er beim Eintreffen in der Löwelstraße.

Knappe Stunde in Zentrale

Babler hielt sich dann eine knappe Stunde in der Parteizentrale auf, um sich mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auszutauschen. Empfangen wurde der neue Parteichef von längerem Beifall. Angenommen worden sei Babler in der Parteizentrale sehr gut, er habe den Mitarbeitenden seine Wertschätzung ausgedrückt, hieß es seitens eines Sprechers. Aufbruchstimmung sei spürbar gewesen.

Ungeachtet dessen wurden ihm nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch die Räumlichkeiten vorgestellt. Im Raum steht ja ein Auszug der SPÖ aus der Zentrale, weil diese nicht mehr modernen Arbeitsgegebenheiten entspricht. Babler wollte sich im Vorfeld seiner Wahl nicht festlegen, ob er an diesen Plänen festhält. Unter anderem wollte er diese Frage mit den Betroffenen, also den Beschäftigten, klären.

Babler vor der SPÖ-Zentrale

Babler sprach bei seiner Ankunft bei der SPÖ-Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße von einer „guten Stimmung“.

Parteipräsidium tagt

Am Nachmittag trat das Parteipräsidium zusammen, erstmals mit Babler. Er wolle eine „Einschätzung und Analyse der Lage“ abgeben, sagte er vor Journalisten. Personelle Entscheidungen dürften nicht fallen, dafür wird aber Bablers Wunsch nach einem Vorziehen des ordentlichen Parteitages auf Herbst ein Thema sein. Am Vormittag war der SPÖ-Chef an seiner neuen Wirkungsstätte in der Löwelstraße vorstellig geworden.

Die Präsidiumsmitglieder zeigten sich im Großen und Ganzen entspannt nach den Turbulenzen der vergangenen Tage. FSG-Chef Rainer Wimmer betonte, dass er mit dem neuen Parteichef „sehr zufrieden“ sei. Ebenso ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, der schon „sehr neugierig“ auf die Vorschläge Bablers sei, wie er bei seinem Eintreffen meinte.

SPÖ-Frauen-Chefin Eva Maria Holzleitner, die als Favoriten als Klubchefin gehandelt wird, wollte zu Personellem nichts sagen – nur so viel: Man werde im Präsidium „generell“ die nächsten Schritte besprechen. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim hingegen erwartete sich Fakten und einen Bericht von Babler: Es „wäre wichtig“, die Geschehnisse intern aufzuarbeiten.

Die scheidende Vorarlberger Landesvorsitzende Gabriele Sprickler-Falschlunger wiederum erwartete sich von Babler, dass er „Schwung in die Partei bringt“. Mehrere Präsidiumsmitglieder aus den Bundesländern waren entweder entschuldigt oder nahmen wie Peter Kaiser und Georg Dornauer per Video an der Sitzung teil.

Fürst dürfte im Burgenland bleiben

Unterdessen scheint sich abzuzeichnen, dass Roland Fürst, Landesgeschäftsführer der SPÖ im Burgenland, nicht in die Bundespolitik wechseln wird. Entsprechende Gerüchte hatten am Mittwoch die Runde gemacht, mit dem Hintergrund, Babler wolle ihn als einen Doskozil-Vertrauten einbinden. „Ich bleibe zu 100 Prozent dort, wo Doskozil ist“, wurde Fürst vom „Standard“ zitiert. Er stehe voll und ganz hinter Doskozil und denke nicht daran, nach Wien zu gehen.

„Keinen Zweifel mehr“ am Ergebnis

Abgeschlossen ist aus Sicht der SPÖ hingegen das Abstimmungsdebakel. Nach der dritten Auszählung der Stimmen zur Vorsitzwahl für die SPÖ meldete Babler am Ergebnis „überhaupt keinen Zweifel mehr“ an, wie er Dienstagabend in der ZIB2 sagte. Dieses sei „eindeutig und klar“ Zuvor hatte es noch offene Fragen wegen zwei zusätzlicher Stimmen, des Transports der Wahlzettel und der nachträglichen Auszählung gegeben.

Die neuerliche Auszählung sei nun aber von der Wahlkommission in Begleitung eines Notars erfolgt, bekräftigte Babler. Nun müsse die Beschäftigung der Partei mit sich selbst ein Ende haben. Im ZIB2-Interview gab er einen Einblick in Inhalte. Mit ihm werde es wieder „klarer, was die SPÖ an sozialdemokratischer und sozialistischer Bewegung in sich trägt“. Dabei nannte er etwa mehr Konsequenz im Kampf gegen die Armut und die Spekulation mit Wohnungen.

Der bisherigen Position der SPÖ zu Migration und der Forderung nach Asylzentren an der EU-Außengrenze steht Babler eher skeptisch gegenüber. Zunächst brauche es klare Asylverfahren: „Auf welcher Seite vom Zaun das Asylzentrum steht, ist erst die zweite Frage.“ Man müsse die derzeitige Position auf Praxistauglichkeit überprüfen.

Babler (SPÖ) über das Wahlergebnis

Mit drei Tagen Verspätung ist Andreas Babler zum Vorsitzenden der SPÖ gekürt worden. Die Wahlkommission führte notariell begleitet eine Neuauszählung der Stimmen vom Linzer Parteitag durch. Er spricht unter anderem über das Wahlergebnis und wie er mit Spannung das Ergebnis geprüft hat. Des Weiteren berichtet er, ob das Ergebnis noch weitere Überprüfungen braucht und wie er all jene überzeugen will, die ihn nicht an die Spitze gewählt haben.

Auch zu seinen umstrittenen Aussagen über die EU nahm er Stellung. Er habe das bereits richtiggestellt. Die EU sei einer der großen Schalthebel, die etwas verändern können. Aber es gebe auch Punkte, die nicht gut laufen. „Europa darf keine Festung werden.“

Mehr Mitbestimmung für Partei

Im Herbst will Babler sich bei einem vorgezogenen Parteitag erneut wählen lassen und die Einigung der Partei vorantreiben. Dort sollen auch die Statuten der Partei so geändert werden, dass künftig Parteivorsitzende von Mitgliedern gewählt werden können sowie Koalitionsabkommen der Basis vorgelegt werden. Er sei ein Verfechter von mehr Mitbestimmung. Auch im Ö1-Morgenjournal sprach sich Babler am Mittwoch für eine Demokratisierung der Partei aus, er wolle sie „mit Demokratie durchlüften“.

Zu seinem künftigen Team, zum Zeitplan für die nächsten Schritte und zur künftigen Positionierung der Partei sind noch einige Fragen offen. Er habe einen anderen Zugang zu Politik und gehöre dem Lagerdenken nicht an. Er führe derzeit viele Gespräche, um die gesamte Realität in der Partei zusammenzustellen. Für die Aufstellung des Teams werde er aber noch etwas brauchen. Auch im Ö1-Morgenjournal bat Babler diesbezüglich um Verständnis, er brauche derzeit „mindestens zwei Akkus“ am Tag.

Bezüglich der Blockade von Zweidrittelmehrheiten im Nationalrat legte sich Babler nicht fest, ob man bei dieser „Taktik“ bleiben werde, wobei er ohnehin bestritt, dass es sich um eine Blockadehaltung handle. Das wolle er in der Klubvollversammlung debattieren. Zudem kündigte er in der ZIB2 an, das Gespräch mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu suchen. Es müsse möglich sein, zu Verhandlungen zurückzukehren und nicht die SPÖ monatelang zu blockieren.

Doskozil schließt Rückkehr in Bundesgremien aus

Der burgenländische Landesparteichef Hans Peter Doskozil bekräftigte am Mittwoch, dass er keine Ambitionen hat, sich in der SPÖ wieder auf Bundesebene zu engagieren. Bei der Pressekonferenz nach Abschluss der Landeshauptleutekonferenz thematisierten die Journalisten auch die jüngsten Vorgänge in der SPÖ. Unter anderem wurde Doskozil gefragt, ob er nun wieder in das Bundesparteipräsidium einziehen wolle. Der Landeshauptmann verwies jedoch lediglich auf sein Statement am Montag.

Dort hatte er bereits festgehalten, dass das „Kapitel Bundespolitik“ für ihn abgeschlossen sei. Weiters betonte er: „Ich verwehre mich gegen Spekulationen, wer wann mit wem telefoniert hat. Das ist nicht mein Thema derzeit.“ Man kenne die Situation und es gebe eine „klare Stellungnahme“, mehr sagte Doskozil nicht dazu.

Zuvor hatte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erklärt, dass er hofft, Doskozil würde sich unter dem neuen Vorsitzenden Babler an der inhaltlichen Diskussion beteiligen – mehr dazu in wien.ORF.at. Der Kärntner Landesparteichef Peter Kaiser meinte nur knapp, dass es in der Bundespartei „hoffentlich gut, positiv und gemeinsam“ weitergehen werde.

Koalition mit ÖVP „prinzipiell denkbar“

Mit der neuen SPÖ-Führung wurden auch bereits erste Koalitionsfragen gestellt. Eine Koalition mit der FPÖ schloss Babler dezidiert aus. Bei der ÖVP ließ sich der neue SPÖ-Chef eine Hintertür offen. Dafür müsse sich die Volkspartei erst wieder koalitionsfähig machen. „Prinzipiell“ sei eine Koalition mit der ÖVP aber „denkbar“, sagte Babler in der ZIB2.

Eine „Ampelkoalition“ mit NEOS und Grünen wäre ebenfalls unsicher. NEOS forderte etwa am Dienstag eine Klarstellung von Babler, wofür er stehe: „Wer die EU als das ,aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat‘ bezeichnet, kann für NEOS kein Partner sein“, so NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos.

SPÖ-NÖ-Urgestein zieht sich wegen Babler zurück

Unterdessen wurde bekannt, dass ein Urgestein der SPÖ Niederösterreich aufgrund der Kür Bablers auf Distanz zur eigenen Partei geht. Infolge der Aussagen Bablers zum Marxismus stellt der ehemalige Klubobmann Alfredo Rosenmaier – aktuell Stadtchef von Ebenfurth – seine SPÖ-Parteimitgliedschaft ruhend – mehr dazu in noe.ORF.at.