Asylreform: EU-Innenminister sehen harte Verhandlungen

Seit Jahren wird um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gerungen – bei einem Treffen der EU-Innenministerinnen und -Innenminister in Luxemburg könnte heute der Durchbruch gelingen. Einerseits geht es bei dem Treffen um die Frage der Verteilung von Asylsuchenden, andererseits um Vorprüfungen von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen.

Viele Innenministerinnen und Innenminister zeigen sich vor dem Treffen vorsichtig optimistisch, glauben zugleich aber an zähe Verhandlungen. „Das wird ein hartes Ringen“, sagte Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Er forderte „schnellere, schärfere und damit gerechtere Verfahren an den EU-Außengrenzen“.

Ein Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft sieht vor, dass ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen, wo binnen einiger Wochen deren Chance auf Asyl geprüft wird.

Karner: Österreich stark belastet

Ein weiterer Vorschlag betrifft das langjährige Streitthema der Verteilung schutzsuchender Menschen: Demzufolge soll Solidarität mit stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein.

Staaten könnten sich allerdings von der Aufnahme von Asylsuchenden „freikaufen“. Im Gespräch waren zuletzt Kompensationszahlungen um die 20.000 Euro pro Asylwerber – ob Österreich dem zustimmen werde, ist unklar.

Karner betonte, dass Österreich in der Vergangenheit Solidarität gezeigt hatte und „über Gebühr“ belastet gewesen sei. Einmal mehr sprach er sich auch für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten aus – eine Forderung, vor der zuletzt etwa UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk gewarnt hatte.

Faeser: Einigung „nicht um jeden Preis“

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ließ eine Zustimmung noch offen. „Wir müssen zu besserer Verteilung kommen“, sagte sie. „Dieses gemeinsame Verständnis ist da“, deshalb könnte es „eine Chance“ auf Einigung geben, „aber nicht um jeden Preis“.

Der Kompromiss, der auf dem Tisch liegt, sei aus deutscher Sicht „sehr schwierig“. „Ich kämpfe sehr darum, dass wir Familien mit kleinen Kindern nicht in das Grenzverfahren bekommen“, sagte Faeser, die auch betonte, dass Schnellverfahren nur Menschen mit geringen Aufnahmechancen betreffe. „Familien aus Afghanistan oder Syrien, die kommen gar nicht ins Grenzverfahren.“ Die Ministerin betonte einmal mehr die Bedeutung der Einhaltung menschenrechtlicher Standards.

Nachbesserungen wünscht sich auch die italienische Regierung: Italien hält die geplanten Regelungen für mehr Solidarität noch für unzureichend und wünscht sich mehr Flexibilität.

Spanischer Minister sieht „Moment“ gekommen

Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska sagte, dass heute der Moment für einen Durchbruch gekommen sei. „Wenn uns das nicht gelingt, sind wir alle Verlierer“, so der Spanier. „Es ist nicht leicht. Aber es wird nie wieder leichter sein als heute, zu einer Entscheidung zu kommen“, sagte die schwedische Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard vor dem Treffen.

EU-Kommissarin: „Wir sind so nah dran“

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson verglich die Verhandlungen mit einem Marathon, bei dem wir „vielleicht noch hundert Meter vor uns“ haben. „Wir sind so nah dran“, sagte Johansson, die von einem „ausgewogenem“ Vorschlag sprach.

Ob sich eine ausreichend große Mehrheit an Ländern hinter die Gesetzesvorschläge stellen wird, war vor dem Treffen noch unklar. Im Rat der Mitgliedsstaaten genügt eine qualifizierte Mehrheit. Konkret heißt das 55 Prozent der Mitgliedsstaaten – derzeit also mindestens 15 –, die gleichzeitig zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.