Das halbfertige Lamarr-Kaufhaus auf der Wiener Mariahilfer Straße
APA/AFP/Joe Klamar
Nächste Signa-Pleite

Wiener Kaufhaus Lamarr beantragt Konkurs

Die Zukunft des aktuell wohl prominentesten Rohbaus Wiens ist mit dem heutigen Tag noch ungewisser. Die Projektgesellschaft des geplanten Kaufhauses Lamarr auf der Wiener Mariahilfer Straße hat am Freitag die Eröffnung eines Konkursverfahrens beim Handelsgericht Wien eingebracht, wie unter anderem der KSV mitteilte. Durch die Insolvenz des Signa-Flaggschiffs Signa Prime Selection sei die Fertigstellung des Kaufhauses nicht mehr gesichert.

Unternehmensgegenstand ist die Errichtung und Entwicklung des großen Kaufhauses Lamarr samt Hotel an der Liegenschaftsadresse Mariahilfer Straße 10–18 im siebenten Wiener Gemeindebezirk. „Die Bauarbeiten stehen seit Dezember 2023 faktisch still, und Investorengespräche für die notwendige Finanzierung waren bislang nicht erfolgreich“, hieß es von der Creditreform.

Der Abschluss der Bauarbeiten und die Eröffnung des Kaufhauses war eigentlich bis Ende 2025 geplant. Demnach seien 77 Gläubiger und keine Dienstnehmer betroffen. Die Passiva würden sich auf rund 276,5 Mio. (rund 260 Mio. Bankverbindlichkeiten und 16,5 Mio. Lieferanten und sonstige Gläubiger) belaufen.

Zudem ist die Liegenschaft mit einem Pfandrecht von 390 Mio. Euro belastet. Dieses liegt bei der Bank Austria (295 Mio. Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (95 Mio. Euro). Zum Insolvenzverwalter wurde Clemens Richter ernannt. Gläubiger können ihre Forderungen bis 20. März anmelden, die Berichts- und Prüfungstagsatzung findet am 3. April statt.

Signa-Kaufhaus Lamarr: Konkursverfahren beantragt

Die Projektgesellschaft für die Errichtung des Kaufhauses Lamarr in Wien hat ein Konkursverfahren am Handelsgericht Wien beantragt. Das teilten am Freitag unter anderem Kreditschützer des KSV mit.

KaDeWe Gruppe äußert sich nicht

Die insolvente „Mariahilfer Straße 10–18 Immobilien GmbH“, die 2021 von Signa-Gründer Rene Benko gegründet wurde, gehört laut Firmenbuch („WirtschaftsCompass“) zu jeweils 50 Prozent der Signa Prime Capital Invest GmbH und der Skyred Holding 9 mit Sitz in Luxemburg. Die Signa Prime Capital Invest ist eine Tochtergesellschaft der insolventen Signa Prime Selection AG, die Skyred Holding 9 ist ein mittelbares Tochterunternehmen der thailändischen Central Group.

Die auch zur Signa und Central Group gehörende KaDeWe-Gruppe wäre als Betreiber des Lamarr vorgesehen gewesen. Auf Anfrage äußerte sich das KaDeWe vorerst nicht zu den Kaufhausplänen in Wien.

Grafik zur Struktur der Signa-Gruppe
Grafik: APA/ORF

20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche

Das Kaufhaus, das nach der aus Wien stammenden Hollywood-Diva und Erfinderin Hedy Lamarr benannt ist, entsteht am ehemaligen Leiner-Standort. Auf 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und acht Etagen würden, so hieß es, lokale und internationale Marken ihr Sortiment – also etwa Bekleidung, Accessoires, Heimbedarf oder Lebensmittel – feilbieten.

„Ob eine Unternehmensfortführung und eine Entschuldung beabsichtigt wird, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden“, schreibt der Alpenländische Kreditorenverband (AKV). Das Unternehmen habe sich in den vergangenen Wochen intensiv darum bemüht, die notwendige Finanzierung der Baufertigstellung sicherzustellen, heißt es vom KSV.

Das halbfertige Lamarr-Kaufhaus auf der Wiener Mariahilfer Straße
APA/Helmut Fohringer
Die Bauarbeiten auf der Wiener Mariahilfer Straße stehen laut Creditreform seit Dezember 2023 „faktisch still“

Bisher keine erfolgreichen Investorengespräche

Insbesondere seien mit potenziellen Investoren Gespräche geführt worden. Diese Gespräche seien bisher noch nicht erfolgreich gewesen. Vor diesem Hintergrund musste ein Konkursverfahren beantragt werden. Grundsätzliches Interesse an dem Objekt hat der Handelskonzern Spar.

„Um das Hedy Lamarr – also damals den Leiner in der Mariahilfer Straße – haben wir uns schon vor dem Verkauf an Rene Benko sehr bemüht, sind aber nicht zum Zug gekommen“, sagte Spar-Vorstandschef Hans Reisch in einem Interview. „Das wäre nach wie vor ein Asset, an dem wir interessiert wären. Konkret ist aber nichts.“

Spar-Sprecherin Nicole Berkmann sagte am Freitag auf Anfrage: „Wir haben dort nichts vor. Der Standort ist interessant, aber es gibt dazu aktuell weder Ideen noch Pläne noch Gespräche.“

Bangen um Dachgarten

Die Grünen erinnerten in einer Aussendung daran, dass auf dem Dach des Lamarr ein vom Bezirk Neubau initiierter öffentlicher Dachpark geplant sei. „Ohne den öffentlich zugänglichen Dachpark wird die Fertigstellung nicht positiv bescheidet. Daran ändert auch der Insolvenzantrag nichts“, hielt dazu Markus Reiter, grüner Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, fest. „Alle Rechte und Pflichten wandern an allfällige neue Eigentümer über.“

Zuvor hatte NEOS Neubau den Dachpark thematisiert und angezweifelt, dass dieser aufgrund des Konkurses umgesetzt werde. „Die weiteren Entwicklungen des Großprojekts sind auch für unseren Bezirk von höchster Relevanz“, so NEOS-Bezirkspolitikerin Julia Deutsch.

Zadic fordert mehr Transparenz

Angesichts der Signa-Turbulenzen drängt Justizministerin Alma Zadic nun auf stärkere Transparenzregeln für Privatstiftungen. „Diese sollten in Zukunft Konzernabschlüsse – wie alle anderen auch – offenlegen müssen“, forderte Zadic am Freitag in einer Aussendung. Signa-Gründer Benko ist der Stifter von zwei Privatstiftungen, die viele Signa-Beteiligungen halten. Privatstiftungen müssen derzeit ihre Geschäftsvorgänge nicht offenlegen.

Am Freitagvormittag fand zum Thema Bilanzverschleierung durch die Nichtveröffentlichung von Jahresabschlüssen ein runder Tisch mit Expertinnen und Experten im Justizministerium statt.

Kürzlich hatte Zadic bereits einen mit der ÖVP noch nicht abgestimmten Fünfpunkteplan gegen Bilanzverschleierung vorgelegt. Gespräche mit dem Koalitionspartner dazu seien am Laufen. Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund begrüßten den Plan. „Diese Katastrophe muss Konsequenzen haben“, so ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl.

Insolvenzantrag gegen Benko

Der Konkursantrag des Kaufhauses Lamarr ist nur die neueste Entwicklung rund um die finanzielle Schieflage der Signa. Am Mittwoch erst brachte die Finanzprokuratur als Anwältin der Republik Österreich einem Medienbericht zufolge beim zuständigen Insolvenzgericht am Landesgericht Innsbruck einen Insolvenzantrag gegen Benko ein.

Demnach soll sich der Antrag auch darauf stützen, dass Benko im Sanierungsverfahren der Holding seiner Verpflichtung zum Einschuss von drei Mio. Euro nicht zur Gänze nachgekommen sei. Zum anderen darauf, dass es offene Forderungen der Finanz gegen ihn gebe. Da sollen seine Steuerberater einen Stundungsantrag gestellt haben.

Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, bekräftigte gegenüber Oe24.at, dass im Zusammenhang mit den Milliardenpleiten im Signa-Firmenkonstrukt auch mögliche persönliche Haftungen Benkos zu prüfen seien. Signa-Gesellschafter Hans-Peter Haselsteiner habe „in seinem ZIB2-Interview zu verstehen gegeben, dass Herr Benko faktisch die Geschäfte des Signa-Konglomerats geführt hat“, so Peschorn. Würde Benko eine operative Tätigkeit nachgewiesen, könnte es zu Haftungen kommen.