Vorzeigeprojekt für Nachhaltigkeit
Fixe Klimaschutzziele sollen erst ab 2020 in Kraft treten - viel zu spät, um die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu bremsen, sagen Umweltschützer. Dass man längst ganz andere Wege in Sachen Nachhaltigkeit gehen könnte, zeigt eine Initiative in Ägypten, die sich in mehr als 30 Jahren zu einem Vorzeigeprojekt entwickelt hat.
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Sekem, nach einer altägyptischen Hieroglyphe für „Lebenskraft der Sonne“, ist ein Fairtrade-Unternehmen, das 1977 von Ibrahim Abouleish gegründet wurde. Er bekam 2003 dafür den Alternativen Nobelpreis. Auf 2.500 Hektar früherem Wüstenboden nördlich von Kairo werden heute Biolebensmittel, Gesundheitsprodukte und Textilien aus ökologischem Anbau erzeugt. 200 Landwirte sind in die biologisch-dynamische Produktion eingeschlossen.

Sekem Österreich
Grüne Äcker neben der Wüste
Industriekonzerne kaufen sich frei
Sekem verkauft geprüfte Zertifikate aus ihrem Klimaschutzprojekt an Firmen aus dem Westen, die selbst zu viel CO2 erzeugen und sich mit solchen Papieren daher „freikaufen“ müssen. Basis dafür sind die Emissionsminderungsprojekte, für die Emissionsminderungsgutschriften (CO2-Zertifikate) ausgegeben werden. Dieser Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung oder englisch Clean Development Mechanism (CDM) ist eines jener flexiblen Instrumente, die vom Kyoto-Protokoll vorgesehen sind.

Soil and More
Biohumus: Durch den Zertifikatehandel für Bauern billiger als konventioneller Dünger
Ziel ist, die den Industrieländern entstehenden Kosten zum Erreichen der Reduktionsziele zu senken und Entwicklungsländern eine ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung durch einen Zufluss an Geld und Technologie zu ermöglichen. Damit besteht die Möglichkeit, Treibhausgasemissionen in Entwicklungsländern zu verringern, wo das oft günstiger möglich ist als im Investorland.
Gesündere Äcker - weniger Bewässerung
Durch die Quersubventionierung des Humus über Zertifikate ist der Naturhumus für die Bauern in Ägypten deutlich billiger, als würden sie konventionellen Dünger kaufen. Der große biologische Vorteil: Naturbelassene Ackerböden machen Treibhausgase unschädlich.
Durch den kontinuierlichen Humusaufbau binden sie pro Jahr durchschnittlich 400 bis 450 Kilo Kohlendioxid (CO2) pro Hektar. Im Vergleich dazu ist der Humusaufbau bei konventionellem Ackerbau deutlich geringer.

Sekem Österreich
Karge Wüstenlandschaft wird in Ackerland verwandelt
Oft kommt es dabei sogar zu einem Humusabbau mit einer damit verbundenen durchschnittlichen Freisetzung von jährlich bis zu 200 Kilo CO2 pro Hektar. Außerdem sind Bioböden besser für den Klimawandel gerüstet. Wegen der günstigeren Bodenstruktur beugen sie der Erosionsgefahr vor und dämpfen die Folgen durch Hochwasser oder die zunehmenden Hitze- und Trockenperioden.

Soil & More
Auf 18 Kilometer Länge wird aus einem Wüstental Grünland
Der höhere Humusgehalt im Boden führt außerdem dazu, dass 20 bis 40 Prozent weniger Wasser für die Bewässerung benötigt wird und sich die Bodenfruchtbarkeit verbessert - wichtige Faktoren, um die Nahrungsmittelsicherheit in einem wasserarmen Land wie Ägypten zu verbessern.
Naturkompost für die ganze Welt

Soil & More
Biotomaten, die mittels Kompost auf Sand wachsen
Global vertrieben wird das Sekem-Geschäftsmodell vom niederländischen Unternehmen Soil & More, das von Sekem selbst gegründet wurde und weltweit Anlagen betreibt, die qualitativ hochwertigen Kompost erzeugen und somit die Treibhausgase verringern. Insgesamt produziert Soil & More weltweit mehr als 200.000 Tonnen Kompost und reduziert dabei etwa 150.000 Tonnen Treibhausgase. Bei all diesen Projekten können Partnerunternehmen durch einen Kauf der Emissionszertifikate von Soil & More ihre eigenen Emissionen „neutralisieren“. Prominent vorgestellt wurde das Projekt bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika.
Als Unternehmen mit sozialer Verantwortung und einem ganzheitlichen Ansatz finanziert Sekem mit einem Teil seiner Umsätze eigene Schulen und Berufsbildungsstätten für 700 Kinder und Jugendliche sowie ein Gesundheitszentrum.
Eine als gemeinnützige Einrichtung angelegte Universität soll ab Ende 2012 erste Studienkurse anbieten. Abouleish hat übrigens in den 50er Jahren in Graz Technische Chemie studiert und eine Grazerin geheiratet, mit der er zwei Kinder hat.
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