Krankenhaus in Wartestellung
Das Krankenhaus (KH) Nord in Wien-Floridsdorf gilt gleich in zweierlei Hinsicht als Großbaustelle. Die Errichtung des Spitals mit 800 Betten sollte Wiens medizinische Versorgung auf neue Beine stellen, wurde aber von Planungschaos, stetig wachsenden Kosten, Verzögerungen und Skandalen begleitet. Nun steht der Bau - und im kommenden Jahr soll der erste Patient behandelt werden. ORF.at zeigt bis dahin die Baustelle im Bild.
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ORF.at/Christian Öser
Die schwierige Geschichte des Spitals auf der Brünner Straße begann 2005. Damals kündigte die SPÖ-Stadtregierung erstmals den Bau eines neuen Spitals nördlich der Donau an. Ein hochmodernes „Wohlfühlkrankenhaus“ sollte vor allem die medizinische Versorgung in den stark wachsenden Flächenbezirken Floridsdorf und Donaustadt verbessern.

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Doch das Megaprojekt des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) wurde zur Stolperfalle. Schon vor dem Baustart im Jahr 2012 sorgten Fehlentscheidungen bei der Planung, falsche Kalkulationen und Probleme mit beschäftigten Firmen für Verzögerungen, eine veritable Kostenerhöhung und reichlich politischen Zwist.

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Während 2006 noch mit 605 Millionen Euro Baukosten kalkuliert wurde, geht der KAV heute von 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro aus. Die Opposition befürchtet gar Kosten von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Zudem wurde die Eröffnung mehrmals verschoben, auch 2016 als Eröffnungstermin konnte nicht eingehalten werden.

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Der Bau des KH Nords beschäftigte damit nicht nur die Politik, sondern auch den Rechnungshof (RH). Dieser kritisierte in einem im Februar an die Rathausfraktionen übermittelten Rohbericht unter anderem die fehlende Bauherrenrolle des KAV, dessen mangelndes Know-how für ein derartiges Großprojekt und Fehlentscheidungen, die Konflikte und Störungen „wesentlich begünstigt“ hätten.

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Zuletzt hatte eine „energetische Reinigung“ des Spitals für einen Skandal gesorgt. Kostenpunkt: 95.000 Euro. Als Konsequenz setzte die rot-grüne Stadtregierung eine U-Kommission zur Causa KH Nord ein. Infolge der Energetikeraffäre wurden nicht nur mehrere verdächtige Verantwortliche freigestellt, auch Wiens Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) trat in den Tagen darauf zurück. Im Bild zu sehen ist übrigens kein Energiekreis, sondern ein Lichthof.

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Wie hier am Empfangsbereich zu sehen, befindet sich der Innenausbau nun mittlerweile in der Endphase. Ab November soll das Krankenhaus in den technischen Probebetrieb gehen, so der KAV und die Stadt Wien.

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2019 sollen dann die ersten Patienten in dem neuen Spital behandelt werden. Im Bild zu sehen ist einer der 16 Operationssäle. Insgesamt 17.000 Operationen erwartet man im Jahr.

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Der abgebildete Schockraum ist für die gleichzeitige Behandlung mehrerer Schwerverletzter konzipiert. Der KAV rechnet mit jährlich rund 46.000 stationär versorgten Menschen und etwa 250.000 Ambulanzbesuchen.

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Gestaltet wurde das Krankenhaus vom Architekturbüro Albert Wimmer, das auch für den Hauptbahnhof verantwortlich zeichnete. Zuletzt tauchte ein vom KAV beauftragtes Gutachten auf, das Fehler des Architektenteams in der Höhe von 30,6 Mio. Euro zeigen soll. Wimmer weist jede Schuld an Mehrkosten von sich. Für Kritik seitens der Opposition sorgte indes der Umstand, dass seine Gattin Beate Wimmer-Puchinger 2015 für die SPÖ bei der Gemeinderatswahl kandidiert hatte und als Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt tätig war.

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Insgesamt ist das KH-Nord-Grundstück 111.000 Quadratmeter groß, fast die Hälfte der Fläche ist bebaut. Das Bild zeigt einen Blick auf den noch recht kargen „Healing Park“, den Krankenhauspark.

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Drei Spitalsstandorte, nämlich die Semmelweis-Klinik, das Orthopädische Krankenhaus Gersthof sowie das Krankenhaus Floridsdorf werden übrigens komplett ins KH Nord wandern. Aus dem Krankenhaus Hietzing und dem Otto-Wagner-Spital übersiedeln einzelne Abteilungen.

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Bei der Ausstattung des Krankenhauses wurde jedenfalls nicht gespart. Zu ihr gehören auch versperrbare Schränke, die Patienten in mehrere Abteilungen begleiten können.

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Der Hubschrauberlandeplatz am Dach des Krankenhauses. Die Infrastruktur des Spitals inkludiert eine Hochparkgarage, das KH Nord ist zudem über die S-Bahn und die Straßenbahnlinien 30 und 31 öffentlich angebunden.

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Das KH Nord wurde für geräumige Ein- und Zweibettzimmer ausgelegt. Insgesamt soll das Spital fast 800 Betten fassen. Ob das die Überfüllungsproblematik der Spitäler - Stichwort Gangbetten - entschärfen wird, bleibt vorerst offen. Zum Vergleich: Im AKH gibt es fast 1.800 Betten.

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Laut KAV-Direktor Herwig Wetzlinger finden derzeit bereits interdisziplinäre Schulungen für medizinisches, pflegerisches und therapeutisches Personal auf dem Gelände statt. Dabei würden die Mitarbeiter mit den Besonderheiten des neuen Hauses vertraut gemacht.

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Sie werden künftig auch mit der Rohrpost arbeiten. Blut- und Gewebeproben können mit ihr vom OP oder Schockraum mit Vorrang in Labors geschickt werden.

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Auf Schiene sind indes vollautomatisierte Wagen, die selbstständig Mahlzeiten und Gegenstände auf eigenen Fahrstraßen zwischen den Abteilungen des Krankenhauses transportieren.

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Ab dem Sommer sollen nun auch die Behördenbegehungen am KH Nord starten. Zu sehen sind hier die Notstromaggregate des Spitals.

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Seitens des KAV und der Stadt Wien zeigt man sich derzeit betont optimistisch hinsichtlich der baldigen Eröffnung des Spitals. Die Untersuchungskommission will ihre politische Aufarbeitung des bisherigen Debakels jedenfalls bis zum Sommer starten.
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Christian Öser (Bild), Saskia Etschmaier (Text), beide ORF.at/Agenturen