Hailu Mergia
Piotr Gruchala

Zwischen Aperitivo, krachigem Vinyl und Clubbeats

Das Viennale Festivalzentrum ist dieses Jahr zum zweiten Mal in der Kunsthalle Wien im MuseumsQuartier untergebracht und erweitert sein Angebot um die „Viennale Aperitivi“. Was es damit auf sich hat und welche Party man heuer auf keinen Fall verpassen sollte, erklärt Koordinator Holger Hörtnagl im ORF.at-Interview.

Wie jedes Jahr sind es nicht nur die Filme, die die Viennale ausmachen. Ein handverlesenes Line-up von internationalen DJs und Musikerinnen bespielt wieder die Kunsthalle im MQ – diesmal allerdings nicht im 2. Stock, sondern ebenerdig. Heuer neu: Festivaldirektorin Eva Sangiorgi bringt ein Stück Heimat mit zur Viennale und lädt an ausgewählten Abenden zum „Aperitivo“ in die Festivalzentrale – wo Kinofans, Filmemacherinnen und Filmemacher und Branchengäste in entspannter Atmosphäre ins Gespräch kommen können.

Lockere Talks beim Aperitivo

„Für die Festivalatmosphäre wird das spannend“, sagt Holger Hörtnagl, Chef-Koordinator des Rahmenprogramms, im Gespräch mit ORF.at. „Dieser Austausch mit den Festivalgästen, also den Filmemacherinnen, ist neu und wertvoll. Verpackt in lockere Talks bei Brötchen und Drinks.“ Unter anderem wird es Gelegenheit geben, mit Regisseurin Claire Denis über ihre Leidenschaft fürs Kino zu sprechen. Alle Talks sind bei freiem Eintritt öffentlich zugänglich.

Holger Hörtnagl im Gespräch
ORF.at/Sonia Neufeld
Holger Hörtnagl ist für ein qualitativ hochwertiges Rahmenprogramm zuständig

Neben den Diskussionen gibt es auch diesmal eine qualitativ hochwertige Mischung aus Partys und Konzerten. Den Auftakt macht am Eröffnungsabend die gehypte britische DJ Mina, die von einer geballten Ladung Frauenpower unterstützt wird. Überhaupt fällt auf, dass Frauen stark vertreten sind im Rahmenprogramm. Hörtnagl dazu: „Für mich ist es selbstverständlich, dass der Frauenanteil hoch ist. Ich verstehe Veranstalter nicht, die sagen, es gibt zu wenig weibliche DJs, das ist Blödsinn.“

Rahmenprogramm (eine Auswahl)

  • Eröffnungsparty: Do, 25.Oktober, 22.00 Uhr
  • Ladies in Records/DJ Badre: Fr, 26. Oktober, 22.00 Uhr
  • Synaptik/Chyno/Asifeh: Mo, 29. Oktober, 20.00 Uhr
  • Calibro 35: Di, 30. Oktober, 21.00 Uhr
  • Schmieds Puls DJ-Set: Do, 1. November, 20 Uhr
  • Hailu Mergia: Mo, 5. November, 21.00 Uhr
  • Abschlussparty: Do, 8. November, 22.00 Uhr

In diesem Sinne geht es am nächsten Tag weiter im Programm, wenn im Rahmen von „Ladies on Records“ türkische Frauen der 60er, 70er und 80er Jahre auf Vinyl gespielt werden und später DJ Badre – bekannt vom Fusion Festival – elektronisch-housig weitermacht. Hörtnagl freut sich: „Der Abend könnte eine super Reise werden – zuerst auf Vinyl, krachig, soulig, ein bisschen leiser und nach Mitternacht das Gleiche von Badre auf Club umgesetzt."

Next Generation des arabischen Rap

Als weiteres Highlight bezeichnet Hörtnagl den Abend mit Asifeh (aus Palästina), Chyno (aus Syrien) und Synaptik (aus Jordanien), wo die Next Generation des arabischen Rap versucht, mit gängigen Klischees über den Nahen Osten aufzuräumen. „Synaptik ist im arabischen Raum ein Megastar und total modern. Da stehen Mädels mit Kopftuch in der ersten Reihe und rappen die Texte mit. Das bricht mit allen Bildern, die man so hat. Und das finde ich interessant“, so der Veranstalter.

Calibro 35 als Metzger verkleidet
Ilaria Magliocchetti Lombi
Österreichpremiere für die italienische Funkband Calibro 35

Einen Herzenswunsch hat sich Chefin Sangiorgi erfüllt, indem die italienische Funkband Calibro 35 im Festivalzentrum – und somit erstmals in Österreich – auftritt. Die cinephile Mailänder Crew ist so gut, dass sie schon von Dr. Dre und Jay Z gesampelt wurde. Aus Wien kommt zwei Abende später die Sängerin und Songwriterin Mira Lu Kovacs, bekannt als Frontfrau der Indie-Band Schmieds Puls. Sie spielt auf der Viennale-Bühne Lieblingslieder aus ihrer Musiksammlung.

Musiklegende startet Tour in Wien

Absoluter Höhepunkt der Abendveranstaltungen wird laut Hörtnagl der Auftritt der äthiopischen Musiklegende Hailu Mergia. Der über 70-Jährige spielte in den 80er Jahren mit seiner Band legendäre Zwölf-Stunden-Konzerte und mixte dabei Funk, traditionelle Musik und Ethio-Jazz. Rund 30 Jahre später wurde die Truppe ähnlich wie der Buena Vista Social Club wiederentdeckt und hat laut Hörtnagl „Einzug ins boboeske Europa gefunden“. Hailu Mergia präsentiert sein neues Album und startet seine aktuelle Tour in Wien.

Ein glücklicher Zufall brachte den Abschlussgast des diesjährigen Festivals ans Viennale-Mischpult. Die britische Indie-Rockband Arctic Monkeys wollte der Viennale einen Besuch abstatten und sich ein paar Filme anschauen. Da fackelte Eventmanager Hörtnagl nicht lange und bat Lead-Gitarrist Jamie Cook, der in seiner Freizeit als erfolgreicher DJ unterwegs ist, um Unterstützung für einen fulminanten Festivalabschluss.