Filmszene aus „An einem schönen Morgen“
Les Films Pelleas
„An einem schönen Morgen“

Liebeswirren in Paris zum Abschluss

Die Viennale feiert ihren Abschluss mit dem bittersüßen Liebesdrama „Un beau matin“ („An einem schönen Morgen“). Im neuen Spielfilm der französischen Regisseurin Mia Hansen-Love spielt Lea Seydoux eine alleinerziehende Mutter in Paris, die ihren kranken Vater und ihren neuen Liebhaber unter einen Hut bringen muss.

Seydoux spielt die Mittdreißigerin Sandra, die gemeinsam mit ihrer achtjährigen Tochter Linn (Camille Leban Martins) in einer kleinen Wohnung in Paris lebt. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist eng, Linns Vater ist vor wenigen Jahren verstorben. Sandra arbeitet als selbstständige Dolmetscherin und Übersetzerin. Man folgt ihr in dunkle Dolmetscherkabinen auf Konferenzen, wo sie live über Kopfhörer übersetzt – fehlerlos. Oder auf eine Gedenkfeier am Strand, in der sie die eindringliche Rede eines Veteranen der US-Armee übersetzt.

Sandra ist eine zurückhaltende Frau, die auch ein wenig verloren wirkt: Zwischen ihrem Beruf und der Erziehung ihrer Tochter verbringt sie ihre Tage mit der Pflege ihres kranken Vaters Georg (Pascal Greggory). Der ehemalige Philosophieprofessor – einst ein brillanter Denker – ist am Benson Syndrom erkrankt, eine neurodegenerative Krankheit und seltene Variante von Alzheimer, zu der auch Blindheit gehört. Schmerzhaft muss Sandra miterleben, wie ihr Vater sie von Besuch zu Besuch immer öfter nicht mehr erkennt.

Filmszene aus „An einem schönen Morgen“
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Sandra (Lea Seydoux) kümmert sich um ihren kranken Vater Georg (Pascal Greggory)

Als sich sein Zustand verschlechtert, entschließt sich Sandras Familie, den verwirrten Mann in ein Pflegeheim zu geben – es beginnt eine Odyssee, in der Sandras Mutter (Nicole Garcia), die Ex-Frau von Georg, Sandra und ihre Schwester verzweifelt versuchen, ein Heim für den Vater zu finden, das seiner würdig ist.

Filmhinweis

Die Viennale zeigt „Un beau matin“ („An einem schönen Morgen“) am 1. November um 21.15 Uhr im Gartenbaukino.

Der Film startet im Dezember 2022 in den österreichischen Kinos.

In dieser schwierigen und schmerzhaften Situation passiert etwas Unerwartetes: Im Park läuft Sandra einem alten Freund ihres verstorbenen Mannes über den Weg. Clement (Melvil Poupaud) ist ein charmanter, selbstbewusster Astrochemiker, der „den Planeten erforscht“, wie Sandra ihrer Tochter erklärt. Es dauert nicht lange und Sandra und Clement beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Aber: Es ist kompliziert.

Über die Liebe, ohne Klischees

Der neue, achte Film der französischen Filmemacherin Hansen-Love ist ein melancholischer, zarter Film über das Loslassen und das Finden von Liebe in Zeiten des Verlusts – mit einer starken schauspielerischen Leistung von Seydoux. Der Film hat auch autobiographische Züge: Während schon Hansen-Loves Tragikomödie „Alles was kommt“ (2016) mit Isabelle Huppert als Philosophielehrerin in der Hauptrolle in gewisser Weise ein Film über die Mutter der Regisseurin war, litt ihr Vater an einer ähnlichen Krankheit wie die Figur Georg in „Un beau matin“. Bei den Filmfestspielen von Cannes wurde das Liebesdrama mit dem Label Europa Cinemas ausgezeichnet.