Blog, 11.9. Stefan Kappacher, Ö1-Innenpolitik

Alaba darf wählen

Der Streit um die Finanzierung der SPÖ-Wahlkampfplakate ist wichtig. Und nur konsequent. Schließlich sind heuer strenge Transparenz-Regeln und Anti-Korruptionsbestimmungen in Kraft getreten, die niemand mit Füßen treten sollte. Doch Plakatgate ist auch geeignet, den Wählerfrust und damit die Zahl der Nichtwähler noch zu erhöhen. Ein schwieriger Spagat.

Etwa ein Drittel der Wahlberechtigten, so groß ist das Nichtwähler-Potenzial bei Nationalratswahlen. Bei EU-Wahlen sind es immer mehr als die Hälfte, die nicht hingehen. Auch bei der Bundespräsidenten-Wahl 2010 ist fast die Hälfte zu Hause geblieben. Aber das sind zwei andere Geschichten. Europa hat für den Wähler kein Gesicht, und bei der Wiederwahl Heinz Fischers hatte der Wähler keine Wahl.

David Alaba und Heinz Fischer

APA/Lechner Peter/BUNDESHEER

Zwei Wahlberechtigte mit Ball: David Alaba, Retter der Fußballnation, und Heinz Fischer, Bundespräsident, beim lockeren Aufwärmen in der Hofburg. Den Schliff zum Ausnahmespieler hat Alaba übrigens in der Frank-Stronach-Akademie der Wiener Austria bekommen. Das muss auch einmal gesagt werden.

Sprich: Es liegt natürlich am Angebot, ob die Nachfrage an der Wahlurne dann auch stimmt. Ein Wahlkampf, der die Menschen nicht mitreißt, die ewig gleichen Botschaften, das ewig gleiche politische Personal – das ist Valium für die Wähler. Dann darf man aber auch nicht den Wählern die Schuld geben, wenn sie nicht von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Man kann niemanden zum Wählen zwingen, man muss die Menschen dazu verführen – aber mit klaren Ansagen und Visionen, nicht mit Populismus, Demagogie und Angstmache.

Kreisky, schau oba!

Und auch nicht mit tumben Kernwähler-Wahlkämpfen, wo man sagt: Wir holen unsere Leute bei der Wahl ab, das genügt uns. Bruno Kreisky hat es seinerzeit geschafft, als Sozialdemokrat ins bürgerliche Lager hinein zu strahlen und Leute ein Stück seines Weges mitzunehmen. Heute operieren andere mit diesem Slogan, etwa Eva Glawischnig. Die größeren Parteien bleiben in ihrem Schneckenhaus und feiern dann – im besten Fall – selbstzufriedene Wahlerfolge auf niedrigstem Niveau.

Nicht-Mobilisierung entscheidet

Dabei wartet etwa die Hälfte der potenziellen Nichtwähler nur darauf, abgeholt zu werden. Wahlforscher sprechen – zum Beispiel in der Ö1-Sendung Diagonal am kommenden Samstag - von interessierten, ja sogar „wählenden“ Nichtwählern. Weil deren Nicht-Mobilisierung immer öfter Wahlen entscheidet. Gar nicht zu reden von der Million Nicht-Staatsbürger, die in Österreich leben und nicht wählen dürfen. Weil sie zwar vielleicht die gleiche Hautfarbe wie David Alaba haben, aber anders als der Nationalteamspieler keinen österreichischen Pass. Diese Zwangs-Nichtwähler zu potenziellen Wählern zu machen, das ist nur für eine winzige Minderheit im Parteienspektrum überhaupt ein Thema.