Blog, 18.9. Stefan Kappacher, Ö1-Innenpolitik

Pest-Cholera-Plus

Österreichs Parteien pflegen eine schlechte Tradition. Sie wollen vor der Nationalratswahl partout nicht sagen, mit wem sie nachher eine Koalition eingehen wollen. Obwohl das eine ganz entscheidende Information für den Wähler und die Wählerin wäre. Hängt davon doch ab, was eine Partei aus ihrem Programm umsetzen kann und was eher nicht. Jetzt wird aus der schlechten Tradition eine Groteske.

Die Pest oder die Cholera: SPÖ-Vorsitzender Faymann kann es sich aussuchen. Für ÖVP-Obmann Spindelegger wäre eine neue große Koalition unter SPÖ-Führung ein gleich großes Übel wie Schwarz-Blau-Stronach. Das hat der ÖVP-Chef im Klartext Spezial gesagt, auch wenn er im Nachhinein etwas anderes gemeint haben will.

Wir verstehen: Spindelegger will Kanzler werden. Wenn die ÖVP Dritter wird, tritt er zurück. Er sagt nicht, was sein wird, wenn er Zweiter bleibt. Weil das wahrscheinlich andere entscheiden. Aber Spindelegger schließt weder Pest noch Cholera aus. Erst wird gewählt, dann wird gezählt, sagt er immer. Und dann?

Erst wählen, dann zählen?

Die SPÖ will mit ÖVP-Unterstützung Kanzlerpartei bleiben und warnt deshalb beharrlich vor Schwarz-Blau, auch wenn sich das rechnerisch nie ausgehen kann. Immer öfter wird deshalb Stronach dazugezählt. Egal: heraus kommt Pest oder Cholera, da sind sich Schwarz und Rot jedenfalls einig.

Die Volkspartei warnt auch schon länger und beharrlich vor Rot-Grün, auch wenn sich das rechnerisch nie ausgehen kann. Deshalb warnt die ÖVP neuerdings vor Rot-Grün-Plus. Egal: heraus kommt sowieso nur Pest oder Cholera.

Auch von FPÖ-Obmann Strache gibt es mittlerweile Festlegungen: Er will nicht mit einer ÖVP unter Spindelegger und auch nicht mit einer SPÖ unter Faymann. Und Frank Stronach will nicht mit der FPÖ, weil ihm die zu weit rechts ist, wie er sagt. Pest oder Cholera nimmt sich also jeweils selbst aus dem Spiel. Aber Achtung: ÖVP-Chef Spindelegger schließt weder Pest noch Cholera aus.

Und wieder die Reblaus

Das macht dafür sein mächtiger Schatten in Niederösterreich. Erwin Pröll rät nämlich im Presse-Interview dringend von einer Dreierkoalition mit FPÖ und Stronach ab. Das sei vollkommen unrealistisch, sagt Pröll. Und bricht eine Lanze für die große Koalition, die er vor fünf Wochen mit dem SPÖ-Vorsitzenden und Bundeskanzler beim Heurigen schon begossen hat. Der Reblaus-Pakt. Pest hin, Cholera her.