Blog, 28.9. Stefan Kappacher, Ö1-Innenpolitik

Mission completed

Wahlkampf vorbei, Mission beendet. Das Ärgerlichste an den Wahlkampfbilanzen - die nicht nur hier, sondern vielerorts gezogen werden – ist das ewige Hadern, es sei nur um Show und nicht um Inhalte gegangen. Wahlkampf – und jetzt wird nicht der Michael Häupl zitiert – ist nicht Politik. Sondern ein Derivat von Politik. Ein Tool, um an der Macht zu bleiben oder an die Macht zu kommen. Und das beherrschen die einen besser, die anderen weniger gut.

Die Kampagnen haben manchmal Risse bekommen, und die Wirklichkeit schimmerte durch. Zum Beispiel in zwei unbarmherzigen Live-Momenten: Frank Stronach wird auf Puls 4 gefragt, wie das denn wäre, wenn es die von ihm geforderten verschiedenwertigen Euros gäbe. Muss dann auf der Fahrt nach Italien am Brenner und in Tarvis wieder Geld gewechselt werden? Automatische Wechselstuben, stammelt Stronach in seiner Not.

Spindi-wechsle-dich

Und: Michael Spindelegger wird auf ATV mit einem Stück Wand konfrontiert, die bemalt, tapeziert und gefliest ist. Drei Tätigkeiten, für die dreierlei Gewerbescheine erforderlich sind. Spindelegger kommt argumentativ ins Schwimmen, weil das so gar nicht zu seinem Entfesselungs-Mantra passt. Die Wirtschaftspartei ÖVP als Wirtschaftskammer-Partei entlarvt, so leicht geht das. Und die Kanzlerwechsel-Kampagne ein Spindelegger-wechsle-dich-Spiel, sprunghaft und nicht völlig durchdacht.

Rote Dampfwalze

Die SPÖ ist mit ihrer konservativen Stammwähler-Kampagne über alle Holperstellen drübergerollt. Professionell gemacht, Schwächen und Zersplitterung im rechten Lager waren Teil des Kalküls. Einmal geht’s noch.

Die Grünen waren mindestens so professionell unterwegs, die Spitzenkandidatin kämpferisch und inhaltlich sattelfest. Auch die anfangs belächelte Nächstenliebe-Kampagne der FPÖ hat dann an Fahrt gewonnen, der unmögliche Spagat des gezähmten Strache zwischen Ressentiment und Sachpolitik wurde zum interessanten Experiment.

Der Faktor Frank

Wenn es gelingt, dann wird auch Frank Stronach seinen Teil dazu beigetragen haben. Der hat mit seinen Millionen eine perfekte Maschinerie finanziert, aber nicht mit dem menschlichen Faktor gerechnet - mit sich selbst und seinen zum Teil verheerenden Auftritten. Für das BZÖ, spätestens seit dem Abgeordneten-Schwund in Richtung Stronach endgültig totgesagt, hat Obmann Bucher mit seinen TV-Auftritten hingegen Sympathie gesammelt.

Das kann eine Kategorie für die Wähler sein, muss aber nicht. Und NEOS macht sich von Umfragen gestützte Hoffnungen auf den Einzug in den Nationalrat. Den Boden dafür hat das Geld von Hans Peter Haselsteiner bereitet, ob dessen Antreten als NEOS-Ministerkandidat der Turbo ist oder kontraproduktiv war, wird sich zeigen.

Read my lips: Spar-pa-ket

Wahlkampf ist unwirklich, auch faszinierend, oft ärgerlich. Aber der Wunsch nach Offenheit und Ehrlichkeit im Wahlkampf ist naiv. Denn das würde Mut zum Unpopulären voraussetzen, den die Wenigsten in der Politik haben. Wenn überhaupt, dann tun sie Unpopuläres nach der Wahl. Und das heißt dann meistens Sparpaket, das grob gesagt zu zwei Dritteln aus Steuererhöhungen und zu einem Drittel aus Einmal-Einsparungseffekten statt aus Strukturreformen besteht. Auch diesmal ein heißer Tipp. Sparpaket. Read my lips.