Aufnahmen vom Probedreh in Perchtoldsdorf
ORF.at/Carina Kainz
Der Wahlbus-Wahlkampf

Fahrzeug, Farbe und Verwechslung

Jeder moderne Wahlkampf braucht heute wiedererkennbare Wahlfahrzeuge und -busse. Spitzenkandidaten reisen in großen Wahlbussen durch das Land – und für die mobilen Einsätze gibt es Kleinbusse. Alle mit entsprechendem Branding. Das freut die Branche der Autofolierer. Kann aber auf den Straßen auch für Verwirrung sorgen.

Dass man mit einem Bus in eine Wahlauseinandersetzung geht, ist keine Novität mehr. Eher ist es Gegenstand der Debatten. Etwa bei den Grünen im letzten Nationalratswahlkampf. Warum man mit einem konventionellen Bus fahre? Elektrobusse hätten eine zu geringe Reichweite; für den produzierten CO2-Ausstoß kaufe man entsprechend Zertifikate nach, hieß es damals.

Je größer die Partei, desto größer jedenfalls der Bus. Die großen Volksparteien setzen ohnedies auf die Variante Reisebus, um durch das Land zu fahren. Einerseits ist der Tross entsprechend groß. Andererseits gilt die Losung: Klotzen, nicht kleckern. Je größer ein Gefährt, desto größer Branding und Werbefläche.

Tarnen und Täuschen

Dass Wahlkämpfe mit Bussen geführt werden, das hat nicht nur die Parteien erfinderisch gemacht. Ein englischer Dragee-Hersteller nutzte den deutschen Bundestagswahlkampf 2013, um für Werbezwecke den „Wa(h)lbus“ durchs Land zu schicken. Ein überdimesionaler weißer Wal wurde da effektvoll asymmetrisch auf einen Doppeldeckerbus foliert. Die Hüllen von Wahlslogans wollte man überzeichnen. Heraus kam: „Mehr Inhalt als die meisten Parteiprogramme“ und „Lutschen muss sich wieder lohnen“. Dass der Hersteller nicht nur mit einem folierten Bus durch das Land fuhr, sondern auch Plakate zur eigenen, wie es hieß, „Mundpropaganda“ neben den Parteiwerbungen auf Lichtmasten und Straßenbäume montierte, fanden viele Ordnungsämter nicht so pikant.

Im bayrischen Landtagswahlkampf 2003 wiederum tauchte ein Bus auf, der einen eigenwilligen Wahlslogan propagierte. „Wir geben auf“, stand auf dem Bus, der in der Farbe Rot und mit dem Logo der SPD unterwegs war. Vor dem Bus Volksvertreter, die sich mit dem Motto „Dabei sein ist alles“ in den Fußgängerzonen bayrischer Kommunen aufstellten. Wer das Rot genau in den Blick nahm, konnte erkennen: Es war nicht das Rot der SPD, sondern ein sehr frei im Spektrum dieser Farbe geborgter Ton. Und tatsächlich verbarg sich dahinter eine Aktion des Satiremagazins „Titanic“. Der bayrische SPD-Politiker wäre in dem Fall niemand anderer als Martin Sonneborn gewesen (der ja jetzt für Die Partei erneut im EU-Parlament sitzt).

Aktion von Titanic mit Fake-Bus der SPD in Aschaffenburg 2003
Thomas Hintner/TITANIC
Selbstaufgabe der SPD im Landtagswahlkampf in Bayern 2003? Was logisch klingt, war dann doch eine Aktion von „Titanic“

Klärung einer Frage: Warum ist euer Bus blau?

Als ORF.at mit seinem kleinen „Wahlstimmen“-Bus (wir setzen auf ein Modell aus dem eigenen Fuhrpark, umfoliert und halbwegs rostbereinigt) in verschiedenen Kommunen quer durchs Land für Drehgenehmigungen vorstellig wurde, da begegneten uns sehr freundliche und überall stets kooperative Mitarbeiter in den einzelnen Gemeinden. Da und dort gab es aber eine „reine Interessensfrage“: Warum muss eigentlich euer Bus blau sein? Schafft das im Wahlkampf nicht Verwirrung? Könnte man den Bus einer Partei zuordnen?

Bei unserem Probedreh Ende August im nahegelegenen Perchtoldsdorf irritierte die Farbe Blau die Menschen auf der Straße nicht. Mit einer kleinen Feinheit: Bekennende Blauwähler wollten nicht so gern vor die Kamera. Aber das führten wir nicht auf die Farbe unseres Busses zurück.

Aufnahmen vom Probedreh in Perchtoldsdorf
ORF.at/Carina Kainz
Blauer Bus, roter Sessel als Wiedererkennungselemente der „Wahlstimmen“-Bühne

Warum also Blau? Für uns ist die Antwort ganz einfach. Seit Beginn von ORF.at ist die Seite von ORF Online blau. Bzw. hielt man sie immer für blau, denn eigentlich war sie am Anfang fast lila. Aber ein paar waren sicher, dass auch dieses Lila ein Blau ist. Jedenfalls gilt ORF.at vielerorts als blaue Seite. Und genau dieses Blau der ORF.at-Seite verwendet und zitiert dieser Bus. Es ist kein Blau einer Partei. Sondern es ist das ORF-Blau.

Wie sehr der Bus klar als Zugpferd unseres „Wahlstimmen“-Formats kenntlich ist, werden wir ab Montag bei den Feedbacks auf unserer Österreich-Tour sehen. Und auch im Zuge dieser Tour thematisieren. Sollten Irritationen und Verwirrungen aufkommen: Wir sind kein Wahlkampfbus.

Wir sind der Bus, der für Sie die Bühne aufbaut. Im Blau von ORF.at. Und mit einem roten Sessel. Übrigens dem Sessel, den einst Roland Rainer, der architektonische Vater des ORF-Zentrums in Wien, entworfen hatte. Er soll ein starkes Signal für österreichische Identität sein. In der Farbe und nicht zuletzt auch in seiner ikonischen Form. Und wer bei uns vor die Kamera tritt, soll einen ordentlichen Platz bekommen. Und Zeit für die eigenen Argumente.