„Wenn ich wohin müsste aus der Heimatgemeinde, hätte ich es schwer ohne Auto“, sagt Sascha Schachner. „Ich wär an einem Bahnhof, wo ein Zug einmal in der Stunde fährt.“ Thomas Wackerlig sieht den Problemfall ähnlich: „Wir sind alle ziemlich auf das Auto angewiesen. Dabei ist das Burgenland ein Ort, wo man eigentlich ziemlich gut Schienen bauen könnte, weil keine großen Berge sind.“
In Mattersburg gibt es rund um die Stadt genügend Einkaufszentren, die allerdings nur mit Autos bzw. mit eigenem Pkw erreicht werden können, sagt Gerda Haffer-Hochrainer – sie ist eigentlich Wienerin, lebt aber schon lange in Mattersburg. Wackerlig liegen die Ortszentren am Herzen: „Ich glaube, dass es ganz, ganz wesentlich ist, Ortsverdichtung zu machen, dass die Menschen wieder mehr zusammenkommen in den Ortschaften, dass nicht immer mehr Einkaufszentren an der Peripherie entstehen.“
Jeder „haut“ sich auf das Klimathema
Doch auch bei den Kosten für die Transfers drückt der Schuh: „Also ich wäre da dafür, dass man auch ein Klimaticket macht. Dass man eine gewisse Summe im Monat verlangt für ganz Österreich, so eine Art Österreich-Ticket, könnte ich mir vorstellen, oder eben für Zonen – zwei Bundesländer, drei, je nachdem, wie man es halt braucht“, sagt Werner Bendl. Er ist am Mittwoch aus Wiener Neustadt nach Mattersburg gekommen.
Nach Ansicht von Bernhard Bair „haut sich derzeit jeder auf das Umweltthema“. Es handle sich um Umweltaktionismus, den Politikerinnen und Politiker betreiben würden. „Jeder will den brennenden Urwald in Brasilien retten – ich glaube, der brasilianische Präsident wird jetzt sehr tief beeindruckt sein, was die österreichischen Politiker fordern“, sagt Bair.
Kein Tratschen, Lachen und Am-Handy-Lesen im Parlament
Auch wird betont, lieber einem echten Menschen ins Gesicht zu schauen als sich auf Computer zu verlassen: „Von mir aus soll es die Digitalisierung geben, aber nicht die Dienstleistung der Menschen abgeschafft bekommen und dann nur mehr alles per Mausklick machen zu müssen“, sagt Wackerlig.
Christine Tappeiner aus Mattersburg mahnt von Politikern Respekt ein: „Ich möchte mir keine Parlamentsdebatten anschauen, wo Zeitung gelesen, Handy gelesen, gelacht, getratscht, irgendwie fadisiert in die Gegend geschaut wird, das ist eine derartige Respektlosigkeit den Menschen, den Bürgern und den Wählern gegenüber.“
Auch wird in Mattersburg – wie bereits vielerorts – betont, dass wählen wichtig ist. „Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen zur Wahl gehen. Jeder Einzelne hat die Möglichkeit, da mitzubestimmen und zu sagen, ich will in diese Richtung. Dass das so bleibt oder dass etwas ganz etwas anderes kommt“, sagt Haffer-Hochrainer.
Spaltung der SPÖ zeigt sich
Sozialdemokratische Themen dominieren die meisten Gespräche vor und abseits der Kamera, auch wenn die SPÖ nicht immer direkt erwähnt wird. Dabei zeigt sich anhand der Meinungen über die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner auch die Spaltung der Partei, die in Mattersburg die Bürgermeisterin stellt: Von „sie macht ihre Sache gut“ bis „sie ist mir zu aggressiv“ ist alles dabei. Ein langjähriger SPÖ-Wähler meint dann, dass Rendi-Wagner wie NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger ihre Rolle aktiver anlegen und mehr in Themen „reinfahren“ sollte.
Auch die öffentlich ausgetragenen internen Debatten der SPÖ sind Thema: Solange die unterschiedlichen Seiten der SPÖ auf Bundesebene selbst nicht einig seien, werde die Partei keine Wahl gewinnen, sagt ein weiteres jahrzehntelanges SPÖ-Mitglied. „Ich weiß nicht, ob ich das noch erlebe“, so ein weiterer rüstiger Herr, der zur Kur in der Gegend ist.
„Wollen Sie das wirklich wissen?“
Die SPÖ sei „wirklich“ gespalten, es fehle eine einigende Führungsfigur, so der Tenor. Einigkeit um jeden Preis müsse aber verhindert werden, heißt es angesprochen auch auf die Querschüsse aus dem Burgenland gegen Rendi-Wagner, Kritik müsse sachlich bleiben. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz ist selten Thema, ebenso die FPÖ.
„Wollen Sie das wirklich wissen?“, so die mehrfache Replik auf die Frage zur Stimmung zur Wahl. „Ich weiß nur, wen ich sicher nicht wähle“, kommt wie geäußerter Frust über die Wahl ebenfalls oft. Eine finale Wahlentscheidung ist hingegen oft noch ausständig: „Wer weiß, was noch alles passiert bis zur Wahl“, sagt, leicht belustigt, eine ältere Dame auf die Frage zur Stimmung.
Finale der „Wahlstimmen“-Tour:
- 5.9.: Wien-Simmering – Enkplatz
Wahrzeichen als Eyecatcher
Das Wahrzeichen der Stadt ist durchaus spektakulär und sorgt sogar bei Fußballspielen des örtlichen Proficlubs SV Mattersburg für eine besondere Atmosphäre: Das Talviadukt der Mattersburger Bahn, die den Ort durchquert, abends spektakulär beleuchtet.
Politisch gilt Mattersburg traditionell als rot dominiert: Bei der heurigen EU-Wahl landete die SPÖ knapp vor der ÖVP. Bei der vergangenen Nationalratswahl war das Bild noch deutlicher: Trotz starker Zuwächse konnte die ÖVP die SPÖ nicht überholen und lag fast vier Prozent dahinter. Die FPÖ landete 2017 mit 25 Prozent auf Platz drei. Alle anderen Parteien blieben damals unter vier Prozent – bemerkenswert: JETZT holte mehr Stimmen als NEOS.