Autos auf der Hauptstraße in Reutte
ORF.at/Carina Kainz
Mobilität

Alles hängt am eigenen Auto

Die Klimakrise spielt im Wahlkampf eine gewichtige Rolle – das zeigen die vielen „Wahlstimmen“ aus praktisch allen Bundesländern. Damit einher geht der Ruf nach mehr Impulsen für den öffentlichen Verkehr. Doch zeichnen die Bürgerinnen und Bürger gleichzeitig ein Bild, das die Frage nach dem „Wie“ aufkommen lässt.

Dabei kommt ein wesentlicher Faktor ins Spiel – auf der „Wahlstimmen“-Tour in Feldkirch konkret geäußert: „Ich möchte mir kein Auto kaufen, ich möchte deswegen auch den Nahverkehr gebrauchen“, sagt Verena Engstler, Studentin der Umweltwissenschaften aus Vorarlberg – sie findet, dass Politik hier „einen guten Rahmen schaffen muss“.

„Zweites Auto könnte echt weg“

Martina Goldgruber spricht über die Verkehrssituation im steirischen Gleisdorf – sie findet den öffentlichen Nahverkehr zu teuer

In einer anderen Lebenslage – aber mit ähnlicher Sicht auf die Dinge – äußert sich Martina Goldgruber im steirischen Gleisdorf: „Ich glaube, dass in unserer Situation das zweite Auto wegkönnte“, sagt sie. Es scheitert aber an einem Umstand: „In Wien und NÖ kostet die Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel zwischen 300 und 400 Euro – bei uns mehr als das Doppelte“.

Gleisdorf als Ökovorbild mit Schattenseiten

Im steirischen Gleisdorf gibt es viele Möglichkeiten, auf das eigene Auto zu verzichten – doch: Es gibt selbst hier Nachholbedarf

Der Tarif solle österreichweit angepasst werden, am besten auf 365 Euro, so Goldgruber. Doch generell streicht sie Gleisdorf als verkehrstechnisch besonders „grün“ hervor: „Ich bin sehr zufrieden, wir haben Carsharing-Modelle, E-Tankstellen, jeder kann sich in Gleisdorf und der Umgebung E-Autos ausborgen.“ Doch die Gemeinde unweit von Graz erweist sich in vielerlei Hinsicht als eine Ausnahme.

Ausschnitt aus dem ORF.at-Wahlstimmenstudio
ORF.at

Im „Wahlstimmen“-Studio

Ab 20.9. lesen Sie in ORF.at/wahlstimmen die Reaktionen der Spitzenkandidaten auf die Statements der ORF.at-„Wahlstimmen“-Tour. Alle bundesweit antretenden Parteien und Listen sind ins ORF.at-Studio eingeladen.

Engelhartszell – Schärding: „In fünf Stunden vielleicht“

Anders die Lage in Regionen wie dem Tiroler Außerfern, dem Burgenland oder dem Innviertel in Oberösterreich: Gefragt nach der Einführung einer CO2-Steuer, sagt Anna Zallinger aus Schärding: „Da werden Privatautos extrem hoch besteuert, und das betrifft uns ganz massiv, weil wir keinen öffentlichen Verkehr haben – jeder ist auf das Auto angewiesen.“

Würde sie in einer größeren Stadt wie Wien oder Linz wohnen, hätte sie wohl auch kein Auto und würde öffentlich fahren, so Zallinger. „Doch bei uns am Land geht es ohne Auto einfach nicht, auch wenn ich das möchte, komme ich nicht von Engelhartszell nach Schärding, höchstens in fünf Stunden vielleicht.“ (Anm. Die Angabe war wohl nur exemplarisch für lange Fahrtzeiten gemeint – ein Bus verbindet die beiden Orte; die Fahrtzeit beträgt nur gut 40 Minuten).

„Ein schöner Schmäh“

Einen Einblick in die Hürden für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel im Burgenland gibt Bernhard Bair, der 20 Jahre von Wulkaprodersdorf nach Wien gependelt ist. Zuerst musste er von Zagersdorf nach Wulkaprodersdorf fahren – fünf Kilometer. Die Züge waren überfüllt, „alle Leute sind gestanden – das ist nicht sehr attraktiv für den Pendlerverkehr“. Am Ende sei es ein „schöner Schmäh, wenn uns die Politik erzählt, es sollen alle mit der Eisenbahn fahren“, sagt Bair.

Einblicke ins Pendlerleben im Burgenland

Bernhard Bair erzählt von der Pendlerrealität in der Gegend um Mattersburg.

Ähnlich Gerda Haffer-Hochrainer: „In letzter Zeit ist einiges getan worden“, sagt sie in Mattersburg. Der Bahnhof habe zwar „gute Anbindungen“ – abseits der „normalen Zeiten“ habe man aber Probleme. „Wenn das dann zu einer späteren Zeit ist oder am Wochenende, da schaut es dann mit den öffentlichen Anbindungen nicht so toll aus“, so Haffer-Hochrainer. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig wo hinzukommen „ist nicht so prickelnd“.

Blick durch eine Fahrradfelge auf den blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus auf dem Hauptplatz in Mattersburg
ORF.at/Carina Kainz
Das Fahrrad kann in ländlichen Gebieten nur sehr bedingt als Autoersatz dienen

Außerfern „lässt man im Rückstand“

Im Außerfern möchte man die Probleme anderer Gegenden des Landes nur zu gerne haben – hier dreht sich alles um den Transitverkehr. „Wir sehen ein Problem (…) mit den ganzen Autos und Lastwägen. Woanders tut man mehr, und das Außerfern bzw. Reutte, das lässt man im Rückstand. Das zögert man hinaus und man redet immer wieder, im Landtag und überall, gemacht wird bis jetzt gar nichts“, Walter Schauer aus Lechaschau.

Auch in Zell am See – öffentlich weit besser vernetzt – wird der Verkehr als sehr belastend empfunden. „Da muss dringend was passieren. Zell am See versinkt im Verkehr durch den Tourismus. Da muss ein Umdenken stattfinden. Aber ich glaube, Zell am See braucht einen Visionär. Da muss sich was massiv ändern, weil Touristen können auch ohne Autos kommen“, sagt Martina Aschauer – sie wohnt direkt in Zell am See.

Frage der Finanzierbarkeit

Die „Wahlstimmen“-Fahrt durch die Bundesländer zeigt in puncto öffentlichen Verkehr, dass schon einiges auf Schiene ist – es aber noch vieles mehr an realisierten Konzepten und Ideen benötigt, um künftig ein Fortkommen ohne Auto breitenwirksam bewerkstelligen zu können.

Doch stoßen wohl selbst ambitionierte Vorhaben aufgrund des Flächenproblems schnell an ihre Grenzen – und am Ende geht es auch darum, dass sich jeder und jede öffentlichen Verkehr auch leisten können muss. Auch das – so zeigt sich bei den Gesprächen auf der „Wahlstimmen“-Tour – ist eine Herausforderung.