Palme im Gegenlicht steht vor dem blauen ORF.at-„Wahlstimmen“-Bus in Mattersburg
ORF.at/Carina Kainz
Klimakrise

Thema Umwelt sorgt für Emotionen

Durch alle neun Bundesländer ist der „Wahlstimmen“-Bus von ORF.at getourt – von Feldkirch bis Wien-Simmering. Zugänge, Themen und Probleme waren meist regional verschieden. Doch ein Thema stellte sich in den Augen der meisten als besonders drückend dar. Es zeigt sich: Klima ist eines der wichtigsten Themen der Wahl.

„Ganz, ganz wichtig ist das Umweltthema – also der Klimawandel – da hör ich nichts, und da tut sich nichts Konkretes“, sagt etwa Erwin Wieser in Zell am See. Andere äußern Zukunftssorgen: So fragt sich Kerstin Feirer in Gleisdorf, ob Politikerinnen und Politiker ihrer neunjährigen Tochter guten Gewissens antworten können, dass sie alles unternehmen, um die Pariser Klimaziele zeitgerecht zu erreichen.

Angst vor „Zweiklassengesellschaft“

Markus Rauscher aus Simmering meint, dass durch die erwogenen steuerlichen Maßnahmen eine „Zweiklassengesellschaft“ drohe

Doch auch andere Ansichten werden geäußert: „Ich sage nur: Stichwort Schwedengreterl“, leitet Paul Kaiserfeld im steirischen Gleisdorf sein Plädoyer ein. „Das Thema menschengemachter Klimawandel aufgehängt am CO2-Ausstoß ist viel zu überzogen und lenkt von den essenziellen Problemen ab – etwa Bildungs- und Wirtschaftspolitik“, meint er. Das Thema werde „überwertig dargestellt“.

Weniger CO2, aber …

Laut jüngsten Zahlen des Umweltbundesamts wurden 2018 in Österreich 79,1 Mio. Tonnen Treibhausgase emittiert, 3,2 Mio. Tonnen weniger als 2017. Gründe seien der Wartungsstillstand eines Voest-Hochofens sowie der geringere Öl- und Gasverbrauch beim Heizen durch den milden Winter. Zugenommen hat dafür der Treibstoffverbrauch im Verkehr.

„Soziale Gerechtigkeit“ mit einschließen

Selber Ort – andere Meinung: Ebenfalls in Gleisdorf, einem Ort, der in Energiefragen als besonders innovativ gilt, kommt wiederum Kerstin Feirer zu Wort. Sie sieht Klimaschutz als das „große Thema“ und gibt einen wesentlichen Umstand zu bedenken: „Man kann Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit nicht voneinander trennen“, sagt sie. Im Kampf gegen die Klimakrise seien soziale Fragen unbedingt zu berücksichtigen.

Christine Tappeiner argumentiert das in Mattersburg noch weiter aus: „Die Menschen sollen klimaneutral sich bewegen. Meiner Meinung nach können sich die Leute das nicht leisten. Es ist einfach zu teuer – das geht nicht. Da muss viel investiert werden. Wenn eine Zugfahrt nach Wien 24,50 Euro kostet – retour sind das fast 50 Euro –, ist das ein Wahnsinn. Da fährt keiner“, sagt Tappeiner.

Öffentliche Verkehrsmittel für viele zu teuer

Christine Tappeiner aus Mattersburg meint, dass öffentlicher Verkehr viele Menschen vor ein Kostenproblem stellt.

Markus Rauscher, in Wien-Simmering vor dem „Wahlstimmen“-Bus, sieht durch die erwogenen steuerlichen Maßnahmen gar eine „Zweiklassengesellschaft“ entstehen. „Die Reichen können hinfliegen, wo sie wollen und mit dem Auto hinfahren, wo sie wollen. Und die Armen können nichts. Die Armen können sich dann kein Fleisch kaufen – die Reichen schon“, so Rauscher. Doch einzig durch Verteuerung könne man zum Verzicht bewegen.

Der Solarbaum in vor der Kirche auf dem Hauptplatz Gleisdorf
ORF.at/Carina Kainz
Gleisdorf setzt seit vielen Jahren auf Solarenergie
Ausschnitt aus dem ORF.at-Wahlstimmenstudio
ORF.at

Im „Wahlstimmen“-Studio

Ab 20. September lesen Sie in ORF.at/wahlstimmen die Reaktionen der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten auf die Statements der ORF.at-„Wahlstimmen“-Tour. Alle bundesweit antretenden Parteien und Listen sind ins ORF.at-Studio eingeladen.

Insbesondere Schüler haben zu diesem Thema viel zu berichten: David Lexl erzählt in Schärding über die Freitagsdemos in seiner Stadt: „Da nehmen sogar Unterstufenschüler des Gymnasiums daran teil, obwohl sie noch nicht wahlberechtigt sind“, sagt Lexl. Doch gibt er zu bedenken: „Das sind die Zukunftswähler“, Klima- und Umweltpolitik seien für sie sehr wichtig.

Sofortmaßnahmen im ländlichen Raum

Von Mittzwanzigerin Stefanie Vollgruber kommen in Zwettl Vorschläge für erste Schritte, um gegen das Problem vorzugehen: „Also, was man sofort gegen den Klimawandel machen könnte, sind Fahrgemeinschaften. Was für den ländlichen Raum (…) besonders bedeutend ist, also, wenn zum Beispiel eine Plattform eröffnet würde, wo wirklich Leute sagen, ja, ich fahr von hier bis nach Zwettl um diese Uhrzeit. Wer mitfahren will, kann mitfahren.“

Für Werner Bendl aus Mattersburg sind insbesondere die ÖBB zu teuer: „Ein Österreich-Ticket auf das Jahr kostet 1.400 Euro. Da gehört dringend etwas gemacht, weil nur so kann man auch das Klima positiv beeinflussen.“ Doch gibt er zu bedenken: „Wir Österreicher sind nicht die Hauptschuldigen, die sitzen in China, Indien, Amerika, Brasilien (…). Also Österreich macht eigentlich genug, aber es gehört halt doch mehr Schiene, Schiene und noch einmal Schiene.“

„In eineinhalb Jahren ..?“

Ähnlich tönt es in Wien-Simmering: „Ich bin natürlich für Klimaschutz, sehr. Aber es bringt halt auch wirklich nichts, wenn wir uns da jetzt in Simmering über den Klimaschutz unterhalten, wenn weltweit nichts passiert“, sagt Markus Rauscher. Auch stellt er die Schnelllebigkeit von Themen fest.

„Es ist nicht lange her, da war Migration ein riesiges Thema. Eineinhalb Jahre später ist’s nicht wurscht, aber ist halt Klima ein riesiges Thema, und in eineinhalb Jahren wird wieder etwas anderes ein riesiges Thema sein und dem Klima wird es aber sicher nicht besser gehen. Ganz im Gegenteil – und trotzdem wird es ein anderes Topthema geben.“