Wandel-Spitzenkandidat Fayad Mulla im ORF.at-Wahlstimmen-Studio
ORF.at/Christian Öser
„Wahlstimmen“

Wandel, Staat und „gutes Leben“

Zum ersten Mal tritt der Wandel bundesweit bei einer Nationalratswahl an. Für Spitzenkandidat Fayad Mulla geht es dabei um „das gute Leben der Menschen“. Auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch erklärt Mulla, warum sich dafür auch der Staat mehr einmischen sollte.

Die „Schalthebel von Wirtschaft und Gesellschaft“ solle der Staat wieder übernehmen, heißt es im Wandel-Parteiprogramm. Aber nein, einfach wieder alles zu verstaatlichen, das wolle er nicht, sagt Spitzenkandidat Mulla im Gespräch mit ORF.at-Chefredakteur Gerald Heidegger. Sehr wohl solle sich der Staat aber als „Drehscheibe“ in Bereiche einmischen, „wo der Markt jetzt über Jahre und Jahrzehnte bewiesen hat, dass er es nicht kann. Dass er für eine Krise nach der anderen sorgt und dann wieder wir als Gesellschaft dafür zahlen können.“

„Drehscheibe“ Staat

Dort, wo der Markt versagt habe, müsse der Staat das Ruder übernehmen, fordert Mulla – zum Beispiel bei den Banken.

Geht es nach dem Wandel, übernimmt in Zukunft deshalb der Staat etwa das Bankenwesen. Schließlich liefere er bereits bei „Bildung, Wasserversorgung oder Müllentsorgung“ eine „Toparbeit“ und stelle all das „ohne Gewinn“ bereit. Da gehe es darum, dass „das gute Leben bei den Menschen ankommt“. Viele würden solche Pläne wohl als Utopien bezeichnen – und Mulla ihnen auch nicht widersprechen. Redet er doch selbst von einem „Utopienprogramm“, das der Wandel geschrieben habe.

Mit starken Worten gegen die Klimakrise

An starken Worten fehlt es der Partei und ihrem Spitzenkandidaten jedenfalls nicht. „Wie wir die Klimakrise lösen können? So wie damals die Nazis besiegt wurden“, heißt es in besagtem „Utopienprogramm“. Es brauche ein gemeinschaftliches, gesellschaftliches, staatliches Handeln, um eine so „gewaltige Krise“ zu bewältigen, erklärt Mulla die plakative Parole.

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Wandel-Spitzenkandidat Fayad Mulla im ORF.at-Wahlstimmen-Studio
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Wie stellt sich Mulla „das gute Leben“ vor?
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Mulla stellt auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch das „Utopienprogramm“ von Wandel vor
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Der Wandel will Österreich zum Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise machen
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„Wer hackeln geht, soll einen Lohn bekommen, von dem er ein gutes Leben führen kann“, sagt Mulla

Gegen die Klimakrise brauche es die „gesamte Palette“ an Maßnahmen. Dazu gehörten CO2-Steuern, das Ende der fossilen Energieträger, der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und mehr regionale und biologische statt hochindustrieller Landwirtschaft. Gerade im Bereich Landwirtschaft brauche man nicht auf andere Staaten zu warten, so Mulla, hier könne Österreich Vorreiter sein.

Bisweilen brauche es auch Verbote: „Bei gewissen Dingen muss man einfach sagen: Ja, das wollen wir nicht, das brauchen wir nicht. Und bei manchen Dingen muss man, wie wir es jetzt auch tun, sagen: Das erlauben wir nicht.“

Individualverkehr „sicher nicht nur böse“

Keine Verbotsrufe hört man von Mulla freilich in Richtung des Pkw, schon gar nicht am Land. „Das funktioniert einfach nicht. Das ist absolut unmöglich“, sagt der Wandel-Kandidat. Es brauche auf jeden Fall einen kräftigen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, man könne aber nicht jedes Haus direkt mit dem Bus anfahren. Daher werde es den Individualverkehr noch länger geben.

„Wahlstimmen“ im Studio

Zwei Wochen lang sammelte ORF.at „Wahlstimmen“ in ganz Österreich. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bekommen eine Auswahl davon zu sehen – und die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Es sollen aber alternative Antriebe und Energiequellen gefördert werden, also E-Mobilität und Wasserstoff sowie andere Optionen wie Carsharing. Und: Ab 2030 sollten keine Autos mehr zugelassen werden, die CO2 ausstoßen. Sicher nicht gehe aber, dass der Individualverkehr „nur mehr als böse“ gelte.

„Guter Lohn“ fürs „Hackeln-Gehen“

Sehr wohl verwerflich findet Mulla, dass Vermögen nicht stärker besteuert werden. „Jeder muss seinen Beitrag leisten, und es kann nicht sein, dass Menschen, die zum Beispiel von leistungslosen Kapitaleinkommen leben, nur die Hälfte an Steuern zahlen wie jemand, der hackeln geht.“ Eine entsprechende Besteuerung würde auch genug Geld einbringen, um die Allgemeinheit finanzieren zu können, so Mulla.

Bürgerrat statt Bundesrat

Der Bundesrat soll aufgelöst werden, fordert Mulla. Stattdessen sollen Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob Gesetze angenommen werden.

Die Umverteilung sieht der Wandel-Kandidat in den Händen des Staates. Der mache aber nur „die halbe Arbeit. Weil was wir wirklich wollen, ist eine anständige Primärverteilung.“ „Wer hackeln geht, soll einen Lohn bekommen, von dem er ein gutes Leben führen kann.“ Auch sparen und „einmal im Jahr Minimum“ Urlaub müsse drin sein, sagt Mulla.

Per Los in den „Bürgerrat“

Mitverwirklichen sollen all diese Visionen ganz direkt auch die Bürger selbst – und zwar nicht nur durch die Wahl der entsprechenden Parteien. Er verstehe, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in Politik hätten, sagt Mulla. „Ich war selber ein paar Monate im Parlament tätig, und ich kann nur bestätigen, was die Leute da draußen glauben über die Politik – das stimmt zu einem sehr großen Teil.“ Die Mehrheit der Abgeordneten „im Parlament hackelt dort überhaupt gar nichts“, so der Kandidat für den Nationalrat.

Das gesamte Gespräch zum Nachschauen

Was sagt Mulla zu den im ganzen Land gesammelten „Wahlstimmen“? Die Antwort darauf bietet das gesamte Gespräch zum Nachschauen.

Den Bundesrat will der Wandel deshalb überhaupt abschaffen. An seine Stelle solle ein „Bundesbürgerrat“ treten, dessen 100 Mitglieder für jeweils ein Jahr bestellt werden, Gesetze aus dem Nationalrat annehmen oder ablehnen. Was Mulla auch auf Nachfrage nicht ausführt, ist, wie diese 100 Menschen bestellt werden. Im Parteiprogramm steht übrigens schlicht „per Los“.