SPÖ Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner
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„Wahlstimmen“

Rendi-Wagner und die Rezepte einer Ärztin

Auch auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch betont SPÖ-Kandidatin Pamela Rendi-Wagner eines: den Zugang zur Politik aus ihrer Erfahrung als Ärztin. Für Österreich, aber auch ihre Partei verschreibt sie als Medikament den „Zusammenhalt“. Und für die Therapien wichtiger Probleme will die SPÖ-Chefin auch einiges an Geld in die Hand nehmen.

„Miteinander“ und „zusammen“ – die zwei Wörter kommen Rendi-Wagner im Gespräch mit ORF.at-Chefredakteur Gerald Heidegger besonders leicht über die Lippen; kaum ein Thema, das die studierte Medizinerin nicht unter diese Schlagworte stellt: „Wir als Österreicherinnen und Österreicher müssen zusammenarbeiten und Leute – alle Menschen – mitnehmen“, heißt es denn auch auf die Frage, warum sie sich für die Politik entschieden habe. Jeder und jede habe eine „Rolle in diesem Projekt, und dazu braucht es Chancen und Sicherheit“.

Solche Chancen sind laut Rendi-Wagner auch mitverantwortlich dafür, dass sie Medizinerin werden konnte – „trotz schwieriger Ausgangssituation“. Ihre Mutter sei 19 Jahre Alleinerzieherin gewesen, habe aber eine „leistbare Wohnung“ im Gemeindebau gehabt. Sie selbst habe „gute Schulen“ besucht, „die ich im öffentlichen Bereich hatte, und ich konnte meinen Traumberuf Ärztin ergreifen“, sagt Rendi-Wagner.

Das Gemeinsame als politische Medizin

Was die Berufe Ärztin und Politikerin für Rendi-Wagner gemeinsam haben.

Die eigene Biografie steht Rendi-Wagner bei ihren politischen Forderungen auf jeden Fall nicht im Weg: Bildung, Wohnen oder Kinderbetreuung sind Themen, auf die sie auch auf der „Wahlstimmen“-Couch immer wieder zu sprechen kommt. Es waren freilich auch Themen, die bei der zweiwöchigen Tour von ORF.at durchs Land regelmäßig angesprochen wurden.

Mietensteuer im Visier

Steigenden Wohnpreisen möchte Rendi-Wagner dabei unter anderem mit dem Wegfall der zehnprozentigen Umsatzsteuer auf Mieteinnahmen begegnen. „Damit wird das Wohnen automatisch billiger um zehn Prozent“, sagt die SPÖ-Chefin. So überzeugt wie Rendi-Wagner ist von dem Effekt aber nicht jeder. Als die SPÖ vergangenes Jahr die Forderung präsentierte, meldeten viele Expertinnen und Experten Zweifel an. Auch das Institut für Höhere Studien (IHS) und das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) äußerten sich kritisch.

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SPÖ Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner nimmt als eine von acht Spitzenkandidatinnen und -kandidaten auf der ORF.at-„Wahlstimmen“-Couch Platz
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Als SPÖ-Spitzenkandidatin stellt sich Rendi-Wagner den im ganzen Land gesammelten Fragen
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Was stellt Rendi-Wagner ins Zentrum ihrer Politik?
SPÖ Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner sieht Überschneidungen zwischen Medizin und Politik

Geht es nach der SPÖ-Chefin, sollen Mieter außerdem künftig keine Maklerprovision mehr zahlen. Ein entsprechender SPÖ-Antrag, darüber noch vor der Nationalratswahl abzustimmen, fand übrigens vergangenen Woche im Nationalrat keine Mehrheit. Darüber hinaus will Rendi-Wagner auch Menschen mit Eigentumswohnung oder Einfamilienhaus unterstützen. Etwa 500 Euro im Jahr soll ein steuerlicher „Wohnbonus“ ausmachen – ein Konzept, das ursprünglich die Arbeiterkammer präsentiert hatte. „Gezielte Investitionen in den geförderten Wohnbau“ fordert Rendi-Wagner ebenso.

Kinderbetreuung „ganz großer Inhalt“

Mehr Geld soll laut der SPÖ-Chefin auch in den Bildungsbereich fließen. 5.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer sollen laut Rendi-Wagner angestellt werden. Und bereits vor der Schule – also im Kindergarten – fordert sie einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr.

„Wahlstimmen“ im Studio

Zwei Wochen lang sammelte ORF.at „Wahlstimmen“ in ganz Österreich. Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bekommen eine Auswahl davon zu sehen – und die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Der Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuung „ist einer meiner ganz großen Inhalte“, sagt die SPÖ-Chefin. In manchen Regionen hätten ihr Frauen berichtet, „dass sie keinen Kindergarten finden, der nach ein Uhr nachmittags noch geöffnet hat. Und wenn es Betreuung gibt, dann kostet die oft 400 Euro im Monat pro Kind. Das ist inakzeptabel“, so Rendi-Wagner. Es müsse möglich sei, „Familie, Kind, Beruf unter einen Hut zu bringen“.

Darüber hinaus hat laut der SPÖ-Chefin der Kindergarten auch positive Auswirkungen auf die Kinder – bis hin zur Gesundheit. „Kinder, die ganztägig betreut werden im Kindergarten, haben eine bessere Gesundheit, wachsen gesünder auf“, sagt Rendi-Wagner. Das habe sie sich – als Ärztin – „auch in Studien angeschaut“.

Klimapolitik ohne nationale CO2-Steuer

Überhaupt ist es der Parteichefin wichtig zu betonen, dass die SPÖ nicht nur für ältere Menschen Politik mache. Und auch im Hinblick auf ihre eigene Familie stelle sie sich die Frage: „Welchen Planeten hinterlasse ich meinen zwei Kindern?“ Deswegen müssten Klima- und Umweltpolitik ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Die SPÖ gehört dabei allerdings zu jenen Parteien, die sich gegen nationale CO2-Steuern aussprechen.

„Es braucht eine Klimapolitik, die dort hinschaut, wo die großen CO2-Verschmutzer sind – im Bereich des Verkehrs sind das die großen, schweren Lkws“, sagt Rendi-Wagner. Deshalb wolle sie eine „kilometerabhängige Klimamaut“ für Lkws auch „auf allen Landstraßen und Gemeindestraßen“. Laut den aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes geht der größte Teil der CO2-Emissionen auf der Straße allerdings nicht auf den Güterverkehr zurück. Er ist für rund zehn Prozent aller österreichischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Fast doppelt so viel, nämlich über 18 Prozent, entfallen hingegen auf den Personenverkehr.

Maßnahmen für das Land

Die SPÖ will nicht nur eine Partei der Stadt sein.

Beim Personenverkehr will Rendi-Wagner allerdings nicht auf Steuern, sondern auf Anreize setzen. „Es braucht in ganz Österreich mehr Bahnnetzwerke, es braucht mehr öffentlichen Verkehr“, sagt die SPÖ-Chefin. Um drei Euro pro Tag solle man dann mit einem Klimaticket in ganz Österreich unterwegs sein können. Zwar werde es nicht überall „einen Zug geben, aber dann braucht es Elektroautos, Elektrotaxis. Dann braucht es Busse, die in der Region fahren.“ Das würde auch eine Stärkung des ländlichen Raumes bedeuten, so die SPÖ-Chefin.

Landärzte gesucht

„Und dann, zusätzlich zum Verkehr, braucht es eine gute medizinische und gesundheitliche Versorgung in den ländlichen Regionen“, sagt Rendi-Wagner. „Jede Gemeinde hat ein Anrecht auf einen Hausarzt.“ Der sei „ein wichtiges Rückgrat der Gesundheitsversorgung der Menschen“. Mit „Landarztstipendien“ will die SPÖ-Obfrau Medizinerinnen und Mediziner dazu bewegen, nach dem Studium in ländlichen Regionen zu arbeiten.

Das gesamte Gespräch zum Nachschauen

Was sagt Rendi-Wagner zu den im ganzen Land gesammelten „Wahlstimmen“? Die Antwort darauf bietet das gesamte Gespräch zum Nachschauen.

Ein ähnlicher Vorschlag kam zuletzt auch von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Dass Kurz den Wahlkampf nicht als Kanzler, sondern nur als ÖVP-Obmann bestritt, hat auch die SPÖ mitzuverantworten. Gemeinsam mit FPÖ und JETZT sprach die SPÖ nach dem Ende der ÖVP-FPÖ-Koalition der Kurz-Regierung ihr Misstrauen aus. Es sei notwendig gewesen, um nach dem „Ibiza“-Skandal für Stabilität und Unabhängigkeit zu sorgen, verteidigt Rendi-Wagner das damalige Vorgehen. Eine Koalition mit der ÖVP nach der Wahl schließt sie auch auf der ORF.at-„Wahlcouch“ nicht dezidiert aus. Aber: „Ich will alles daran setzen, dass die letzten 18 Monate dieser Ibiza-Koalition, dieser schwarz-blauen Koalition nicht fortgesetzt werden.“