Moscovici: „Brexit“ kann EU-Binnenmarkt nicht aufspalten

Die Europäische Union kann den Binnenmarkt nach Ansicht von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nicht wegen des „Brexits“ aufspalten. „Wir müssen die vier Grundfreiheiten bewahren“, sagte Moscovici in einem heute veröffentlichen Interview mit Reuters TV. Die vier Freiheiten umfassen den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital in der EU.

Die britische Regierung strebt zwar die Beibehaltung des freien Warenverkehrs mit der EU an, will aber den Zuzug von EU-Bürgern beenden. Die EU und Großbritannien wollen bis zum 29. März ein Austrittsabkommen für das Vereinigte Königreich unter Dach und Fach bringen. In den Verhandlungen müsse der Fokus nun auf Themen wie den Umgang mit der Grenze zwischen Nordirland und Irland gelegt werden, sagte Moscovici.

Über das mögliche Szenario eines ungeordneten EU-Austritts Großbritanniens wollte er nicht spekulieren: „Die EU-Kommission ist dem absolut verpflichtet, eine Vereinbarung zu erreichen.“ Das bedeute, dass es Prinzipien geben müsse und eine möglichst enge Beziehung zu Großbritannien erhalten bleibe. „Das Vereinigte Königreich wäre kein EU-Mitglied, aber es wäre noch ein europäischer Partner für uns.“

Hoffen auf Reform der Euro-Zone

Zudem hofft Moscovici bei der Reform der Euro-Zone in drei Bereichen bis Jahresende auf Ergebnisse. Dazu zählte er den Ausbau des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem europäischen Währungsfonds, die Einrichtung einer Letztabsicherung für den Bankenabwicklungsfonds SRF sowie den Aufbau eines Euro-Zone-Budgets.

„Und ich rufe unsere Freunde in Deutschland dazu auf zu erwägen, dass EDIS in unser aller Interesse überall in ganz Europa ist“, sagte Moscovici mit Blick auf den Widerstand in Deutschland gegen eine gemeinsame EU-Einlagensicherung. Ihm sei bewusst, dass es bei diesem Thema nicht zu baldigen Ergebnissen kommen werde. Aber ein Zeichen, dass man vorangehen könne, wäre positiv. Die deutsche Regierung will der Einführung einer EU-Einlagensicherung erst dann zustimmen, wenn die Risiken in den Bankbilanzen europäischer Banken noch stärker reduziert worden sind.

Moscovici warb zudem für einen Stabilitätsmechanismus, der Teil der EU-Institutionen sein und im Falle von Krisen greifen sollte. Ziel sei es, asymmetrischen Schocks zu begegnen und eine bessere Annäherung der Euro-Staaten zu erreichen.