Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Maciej Szpunar, hat sich gestern der Meinung dreier Anbieter von Kommunikationsplattformen mit Sitz in Irland (Google, Meta und TikTok) angeschlossen, dass das seit 1. Jänner 2021 in Österreich geltende Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) nicht pauschal auf sie anwendbar sei. Andernfalls liefe man Gefahr, „die Fragmentierung des Binnenmarkts durch nationale Regelungen zuzulassen“.
„Das Unionsrecht verwehrt es, den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus anderen Mitgliedsstaaten durch gesetzliche Maßnahmen generell abstrakter Natur zu beschränken“, hieß es gestern im veröffentlichten Schlussantrag des Generalanwalts. Die Richter am EuGH folgen häufig der Argumentationslinie der Generalanwaltschaft, sind aber nicht daran gebunden.
Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verbiete es im koordinierten Bereich den Mitgliedsstaaten, „den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedsstaat einzuschränken“ und einem Anbieter strengere Anforderungen als in seinem Herkunftsland aufzuerlegen, wird im Schlussantrag argumentiert.
Gesetz sieht soziale Netzwerke in der Pflicht
Das österreichische KoPl-G, das Teil des Gesetzespaketes gegen Hass im Netz ist, zielt auf eine Stärkung der Verantwortlichkeit der Anbieter von sozialen Netzwerken ab, indem es (auch ausländische) Anbieter von solchen Kommunikationsplattformen unter anderem dazu verpflichtet, ein Melde- und Überprüfungsverfahren für rechtswidrige Inhalte einzurichten, regelmäßige Transparenzberichte über den Umgang mit Meldungen zu veröffentlichen und im Inland verantwortliche und erreichbare Personen zu bestellen.
Die von dem Gesetz erfassten Plattformen unterliegen der Aufsicht durch die Kommunikationsbehörde Austria. Bei Verstößen gegen Verpflichtungen aus dem KoPl-G kann die Kommunikationsbehörde Geldstrafen in der Höhe von bis zu zehn Millionen Euro verhängen. Sowohl die Kommunikationsbehörde als auch das in weiterer Folge angerufene österreichische Bundesverwaltungsgericht stellten je mit unterschiedlicher Begründung fest, dass das KoPl-G auf die Anbieter zur Anwendung kommt.
In der Folge wurden Revisionen an den österreichischen Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebracht, in denen argumentiert wurde, dass die Bestimmungen des KoPl-G nicht mit dem Unionsrecht vereinbar seien. Der VwGH hat dazu in der Folge den EuGH um Vorabentscheidung ersucht.
ISPA nicht überrascht
Wenig überrascht zeigt man sich bei den Internet Service Providers Austria (ISPA). „Wir haben bereits 2020, als das Gesetz verhandelt wurde, darauf hingewiesen, dass die europarechtlichen Vorgaben hier nicht eingehalten werden“, sagt Generalsekretär Stefan Ebenberger in einer Aussendung.
Auch die EU-Kommission hätte sich bereits damals äußerst kritisch gegenüber dem Vorhaben gezeigt. "So wichtig Maßnahmen gegen Hass im Netz sind, war dieses Gesetz von vornherein überflüssig: Der Digital Services Act (DSA) der EU reguliert genau diese Bereiche, wurde damals bereits intensiv verhandelt und wird derzeit bereits in Österreich umgesetzt“, so Ebenberger.
ISPA: Nationale Alleingänge nicht zielführend
Die Umsetzung des Gesetzes sei von Anfang an nicht zielführend gewesen. „Das Internet lässt sich nicht mit nationalen Alleingängen regulieren, und Probleme wie Hass im Netz müssen gemeinschaftlich gelöst werden“, sagte Ebenberger.
Man bräuchte europäische Lösungen, um Unternehmen und Betroffenen Rechtssicherheit zu geben, effektive Umsetzung sicherzustellen und dabei die Chancen eines gemeinsamen Marktes nutzen zu können. „Wir begrüßen daher die kritische Sicht des Generalanwalts und hoffen, dass sich die Bundesregierung nun auf die optimale Umsetzung des DSA konzentriert“, so Ebenberger.