Der US Präsidentschaftskandidat Joe Biden bei einer Rede am Parteitag der Demokraten 2020.
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Parteitag der US-Demokraten

Biden will „Zeit der Dunkelheit“ überwinden

Zum Abschluss des Parteitags der US-Demokraten hat Joe Biden die Nominierung als Präsidentschaftskandidat angenommen. Unter Präsident Donald Trump gebe es „zu viel Wut, zu viel Angst, zu viel Spaltung“, sagte er am Donnerstagabend (Ortszeit) in seiner mit Spannung erwarteten Parteitagsrede. „Vereint können und werden wir diese Zeit der Dunkelheit in Amerika überwinden.“

Er werde ein „Verbündeter des Lichts, nicht der Dunkelheit“, sagte der frühere Vizepräsident. Er setze auf „Hoffnung statt Angst, Fakten statt Fiktion, Fairness statt Privilegien“. „Wir können den Weg wählen, wütender, weniger hoffnungsvoll und noch gespaltener zu werden. Ein Weg des Schattens und des Misstrauens“, so Biden. „Oder wir können einen anderen Weg wählen und zusammen die Chance wahrnehmen, neu zu beginnen, zu einen. Ein Weg der Hoffnung und des Lichtes. Diese Wahl wird Leben verändern und Amerikas Zukunft für eine sehr lange Zeit bestimmen.“

Der 77-Jährige kündigte unter anderem an, bei einem Wahlsieg am ersten Amtstag eine nationale Strategie im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie umzusetzen – mit Schnelltests, einer besseren Ausstattung mit medizinischem Material und einem Plan für eine sichere Wiedereröffnung der Schulen. Er wolle die Experten von ihrem „Maulkorb“ befreien, damit die Öffentlichkeit alle notwendigen Informationen erhalte, sagte Biden.

Der US Präsidentschaftskandidat Joe Biden.
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Biden will ein „Verbündeter des Lichts, nicht der Dunkelheit“ sein

Biden gegen „rassistische Ungerechtigkeit“

Biden versprach auch, das Land auf künftige Pandemien vorzubereiten und Millionen Jobs zu schaffen. Zudem will er eine Antwort auf „rassistische Ungerechtigkeit“ geben und entschieden gegen die Klimakrise handeln. Auch Verbesserungen des Gesundheitswesens, der Kinderbetreuung und der Altenpflege und eine Stärkung der Gewerkschaften kündigte er an. Im außenpolitischen Teil seiner Rede sagte er, unter ihm als Präsidenten werde die Zeit des „Einschmeichelns bei Diktatoren" vorbei sein. “

„Mit großer Ehre und Demut nehme ich diese Nominierung für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an“, sagte er zuvor in der bisher wichtigsten Rede seiner jahrzehntelangen politischen Karriere. Der Ex-Vizepräsident trat in seinem Wohnort Wilmington (Delaware) auf. Der Parteitag fand wegen der Pandemie in stark komprimierter Form und weitgehend virtuell statt.

Joe Biden zusammen mit Kamala Harris.
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Biden zieht mit der schwarzen Senatorin Kamala Harris als Vizekandidatin in das Rennen um das Weiße Haus

Trump greift Biden an

Unmittelbar nach Bidens Rede schrieb Trump auf Twitter, Biden habe in seinen fast fünf Jahrzehnten als Politiker in Washington „nichts“ von den Dingen gemacht, über die er jetzt als Kandidat rede. „Er wird sich nie ändern, nur Worte!“. Die Demokraten würden bei einem Wahlsieg im November die Wirtschaft ruinieren, die Polizei abschaffen und das Land in Anarchie stürzen, warnte Trump zuvor auch am Donnerstagabend vor Anhängern im Ort Old Forge im Bundesstaat Pennsylvania.

Sie seien „komplett wahnsinnig“, so Trump. Er wiederholte auch seine Warnung, dass die Demokraten die Steuern drastisch erhöhen würden. „Es geht bei dieser Wahl um das Überleben der Nation“, sagte Trump. „Er ist euer schlimmster Alptraum“, so der Republikaner über seinen Herausforderer. Der Präsident wiederholte auch seine grundlose Behauptung, dass die Demokraten die Wahl nur mit Hilfe von Wahlbetrug gewinnen könnten.

Biden, der von 2009 bis 2017 Vize des damaligen Präsidenten Barack Obama war, liegt in landesweiten Umfragen vor Trump. Die Erhebungen haben aber wegen des komplizierten Wahlsystems nur begrenzte Aussagekraft. Der Politiker, der zum moderaten Flügel der Partei gehört, ist bisher gut mit einem zurückhaltenden Wahlkampf gefahren, mit dem er der Pandemie Rechnung getragen hat.

Harris will „mit Hoffnung kämpfen“

Schon am Mittwoch wurde Senatorin Kamala Harris als Bidens Vizekandidatin fixiert. Harris warb mit einer Botschaft aus Einheit und Hoffnung um die Gunst der Wähler. „Wir müssen einen Präsidenten wählen, der etwas anderes, etwas Besseres bringt“, sagte sie in ihrer Rede. „Einen Präsidenten, der uns alle – Schwarze, Weiße, Latinos, Asiaten, Indigene – zusammenbringt, um die Zukunft zu erreichen, die wir uns gemeinsam wünschen.“ Sie fügte hinzu: „Lasst uns mit Hoffnung kämpfen.“

Kamala Harris
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Harris gab sich bei ihrer Rede kämpferisch

Harris warf dem amtierenden Präsidenten Trump in ihrer Rede vor, Tragödien als politische Waffen zu nutzen. Wesentlich schärfer ging der frühere US-Präsident Obama mit seinem republikanischen Nachfolger ins Gericht: „Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann. Und die Folgen dieses Versagens sind schwerwiegend“, sagte Obama, der aus Philadelphia zugeschaltet war.

Obama: Trump behandelt Amt wie „Realityshow“

Trump habe die Macht seines Amtes lediglich dafür genutzt, sich selbst und seinen Freunden zu helfen. Die Präsidentschaft habe er behandelt wie „eine weitere Realityshow, mit der er die Aufmerksamkeit bekommen kann, nach der er sich sehnt“, so Obama.

Mit Kritik an seinem Nachfolger hatte sich Obama bisher zurückgehalten, während Trump ihn ständig attackiert. Generell ist es nicht üblich, dass ein Ex-Präsident den Amtsinhaber scharf kritisiert. Er verteidigte das: „Es ist keine normale Zeit. Also möchte ich heute Abend so deutlich sagen, wie ich darüber sprechen kann, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht.“ Es gehe um die Demokratie, warnte Obama. Was in den kommenden 76 Tagen passiere, werde sich auf die folgenden Generationen auswirken.

Videograb von Barack Obama
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Üblicherweise halten sich Ex-Präsidenten mit Kritik an ihren Nachfolgern zurück. Doch es sei „keine normale Zeit“, so Obama.

Auf Obamas Abrechnung hatte Trump schon nach Bekanntwerden erster Redeauszüge reagiert. Er sei nur Präsident geworden, weil Obama selbst versagt habe. „Präsident Obama hat keinen guten Job gemacht. Und der Grund, warum ich hier bin, ist wegen Präsident Obama und Joe Biden“, sagte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

Bei dem Parteitag gelang es den Demokraten anders als 2016, Einheit zu demonstrieren. Als besonders wichtig galt dabei der Appell des linken Senators Bernie Sanders an seine Anhänger, Biden zu unterstützen. „Bei dieser Wahl geht es um den Erhalt unserer Demokratie“, sagte Sanders zum Auftakt des Parteitags. Er rief die Demokraten auf, zusammenzukommen.