Szene aus dem Film „Chaos“
Little Magnet Films

Diagonale-Preis für „Chaos“

Die syrische Filmemacherin Sara Fattahi hat mit „Chaos“, ihrem Film über drei Frauen aus Damaskus und ihre Kriegserfahrungen, den großen Spielfilmpreis der Diagonale 2019 gewonnen. Bei der Preisverleihung am Samstagabend in Graz wurde auch die Doku „The Remains – Nach der Odyssee“ prämiert.

Als Höhepunkt des Festivals wurde im Grazer Orpheum Fattahi der mit 21.000 Euro dotierte Preis verliehen. Die Jury hob vor der Verleihung die Vielfalt des österreichischen Films hervor: Es sei „schön, wie ein kleines Land so unterschiedliche Filme“ mache. Fattahi, die seit drei Jahren in Österreich lebt, bedankte sich für die Auszeichnung und die „Anerkennung in meiner zweiten Heimat“.

„Chaos“ ist die Geschichte von drei Frauen aus Damaskus – eine davon die Regisseurin selbst. Sie leben in ganz verschiedenen Situationen und müssen mit ihren traumatischen Kriegserfahrungen zurechtkommen. Während sich eine in ihrer Trauer von der Umwelt abschottet, versucht eine andere, sich über ihre Kunst mitzuteilen. Der Krieg selbst ist in „Chaos“ nie sichtbar, aber stets Begleiter.

Dokumentarfilm über Flüchtlingshelfer setzte sich durch

Der Dokumentarfilm von Nathalie Borgers zeigt unterdessen Helfer und Helferinnen auf der Insel Lesbos, die sich um ertrunkene Flüchtlinge kümmern und sich um eine würdevolle Beisetzung bemühen. Gezeigt wird auch ein Helfer, der sich in Wien um Hinterbliebene einer syrischen Familie kümmert, die 13 Angehörige im Meer verloren hat.

Borgers jubelte über den ebenfalls mit 21.000 Euro dotierten Preis: „Ich freue mich wirklich riesig.“ Die Freude sei vor allem deshalb so groß, weil das „Schicksal von Familien“ wie jener im Film, „schmerzhafte Schicksale“, Aufmerksamkeit bekommen. Sie wies auf die schwierige Situation von Menschen auf der Flucht hin und darauf, dass sich diese „fürs Leben entscheiden“.

Preisverleihung startete politisch

Dass die zwei Hauptpreise der diesjährigen Diagonale von Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) verliehen wurden, sorgte für zahlreiche politische Wortmeldungen – gleich zu Beginn machten sich etwa die Diagonale-Leiter Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger für die österreichische Kulturlandschaft stark. Sie zitierten den ehemaligen oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) und gaben dessen Sager „Fürs Stammbuch“ mit: „Kultur kostet, aber Unkultur kostet viel mehr.“

Auch die künftige Finanzierung des ORF war zentrales Thema der Rede zu Beginn der Zeremonie. Dabei wiederholten sie ihre Forderung aus der Eröffnungsrede: „Wir brauchen öffentlich-rechtliche Medien, die politisch und finanziell unabhängig sind und somit selbstbewusst agieren können.“

Blümel selbst hob die Wichtigkeit des ORF für den österreichischen Film hervor: „Nur das stellt sicher, dass es langfristig auch österreichische Kultur im Fernsehen im Fiction-Bereich gibt.“ Er betonte daher die Wichtigkeit des ORF-Film/Fernseh-Abkommens. Auf die Frage von Moderatorin Susi Stach, ob sich der Minister für einen gebührenfinanzierten ORF einsetzen werde, sagte Blümel, dass es wichtig sei, dass es eine „ausreichende Finanzierung“ gebe.

Preise auch für „Joy“ und „Nevrland“

Insgesamt wurden am Samstagabend Preise in 17 verschiedenen Kategorien vergeben. Die Diagonale-Schauspielpreise, die mit jeweils 3.000 Euro dotiert sind, gingen an Joy Alphonsus für „Joy“, ein Film über nigerianische Sexarbeiterinnen sowie Simon Frühwirth für das bildgewaltige Coming-of-Age-Drama „Nevrland“.

Als bester Nachwuchsfilm wurde „Zufall & Notwendigkeit“ von der Jugendjury des Landes Steiermark ausgesucht. Nicolas Pindeus erhält für sein Werk über das Erwachsenwerden des 18-jährigen Protagonisten in Wien den mit 4.000 Euro dotierten Preis.

In der Kategorie „Innovativer Film“ gewann die in Wien lebende Deutsche Jennifer Mattes mit ihrem Film „Wreckage takes a holiday“ den Preis im Wert von 9.000 Euro. Die 30-minütige Montage popkultureller Versatzstücke stellt ausgehend vom Meer Urlaubsstimmung und Gefahr gegenüber.

Zwölf Preise für ORF-finanzierte Produktionen

Der ORF zeigte sich über die Verleihung erfreut. 28 mitfinanzierte Produktionen waren Teil des Festivals, insgesamt gingen zwölf Preise an Filme, die durch das ORF-Film/Fernseh-Abkommen finanziert wurden, darunter auch die Goldene Nuss für den besten Dokumentarfilm.