Christian Fennesz
Lorenzo Castore
Christian Fennesz

Maximaler Sound dank minimaler Mittel

Der österreichische Elektronikmusiker von Weltrang, Christian Fennesz, hat mit „Agora“ vor Kurzem das erste Album seit fünf Jahren veröffentlicht. Im Rahmen der Festwochen wird das Werk live von Fennesz im Wiener Volkstheater aufgeführt. Es wartet ein Trip durch digital verfremdete Soundwelten mit starker visueller Komponente.

Es war insbesondere der Hang zur Eigenwilligkeit, der Fennesz’ Karriereweg ab der Jahrtausendwende geebnet hat. Ursprünglich aus der experimentellen Rockschiene kommend hatte Fennesz in den 1990er Jahren die Klangerzeugung via Laptop entdeckt, um in der Folge auf bisher ungehörte Weise Gitarre und Laptop zu verschränken.

Fennesz ging es nicht um das stete Wummern satter Beats und um akzentuierte Riffs. Er baute atemberaubende Klangwelten elegischer und sphärischer Natur und entwickelte eine analog-digitale Musikästhetik mit ungemeiner Sogwirkung. Ein Sound, wie ein LSD-Trip. Das mit viel Definitionsmacht ausgestattete Onlinemusikmedium Pitchfork Media hat Fennesz kürzlich als den großen Romantiker der zeitgenössischen Elektronikmusik bezeichnet.

Wenig wahrgenommene Weltkarriere

Für den großen internationalen Durchbruch hat letztlich das 2001 erschienene Album „Endless Summer“ gesorgt, das aufgrund des undogmatischen Zugangs in der Sounderzeugung weltweit als Sensation gehandelt wurde und längst als stilprägender Klassiker des Genres gilt. Was folgte, war eine Weltkarriere, die mehr oder weniger abseits der österreichischen Öffentlichkeit stattfand.

Veranstaltungshinweis

Fennesz ist bei den Festwochen am 16. Mai im Wiener Volkstheater um 20.30 Uhr zu sehen.

Der gebürtige Burgenländer verlegte seinen Lebensmittelpunkt für viele Jahre nach Paris. Seine Konzertreisen führten ihn bald regelmäßig quer um den Globus, mit Gastspielen auf Festivals in Japan mit bis zu 50.000 Besuchern. Und insbesondere wurde er zum Kooperationspartner für die mitunter größten Namen im Bereich der zeitgenössischen Experimentalmusik popkultureller Prägung.

Ein rarer Auftritt in Wien

Mit dem US-amerikanischen Musiker Jim O’Rourke verbindet ihn eine jahrelange Arbeitsbeziehung, aber auch anerkannte Größen wie der ehemalige Japan-Sänger David Sylvian, der mittlerweile verstorbene Sparklehorse-Frontmann Mark Linkous und der japanische Komponist Ryuichi Sakamoto suchten in Form von Kooperationen die Nähe zur besonderen Soundästhetik von Fennesz, die auch in anderen Sparten Anklang findet.

Filmmusik wurde für Fennesz ebenso Thema wie Kompositionen für den Kunstbetrieb, wie etwa 2011 für eine Installation des New Yorker Künstlers Matthew Ritchie auf dem Wiener Schwarzenbergplatz. Im Rahmen der Festwochen wird Fennesz am 16. Mai vor dem Hintergrund eines neuen Longplayers eines seiner seltenen Konzerte in Österreich geben.

Schwerelos ins Nirgendwo

Das Ende März erschienene Album „Agora“ bedeutet das erste Fennesz-Werk seit über fünf Jahren. Von der internationalen Kritik mit viel Lob überhäuft, bieten die vier überlangen Stücke des Albums den klassischen Fennesz-Sound: Schwerelos ins Nirgendwo schwebende Klangmuster, die ihre Spannung aus dem Wechselspiel zwischen latenter analoger Wärme und digitaler Präzision bezieht. Die Entstehung von „Agora“ war insbesondere durch die Reduktion der Produktionsmittel geprägt.

Inspirierender Minimalismus

In einem offiziellen Statement zum Album schreibt Fennesz vom kurzzeitigen Verlust seiner gewohnten Studiosituation. Ein Umstand, der sich letztlich als sehr inspirierend erwiesen hat. Er war gezwungen mit seinen Gerätschaften ins private Schlafzimmer zu übersiedeln. Mit eingeschränkten Mitteln und lediglich mit Kopfhörern arbeitend, habe das improvisierte Arbeitsumfeld deutlich auf die Beschaffenheit des Albums abgefärbt, so Fennesz.

Die Lust am Minimieren hat letztlich so weit geführt, dass der Musiker selbst auf große Teile des ihm verbliebenen Equipments verzichtete. Der Intensität des Sounds hat das keinen Abbruch getan. Das britische Fachmagazin „The Wire“ bezeichnet das Album schlichtweg als hinreißend.

Starke visuelle Komponente

Der Auftritt von Fennesz im Rahmen der Festwochen im Wiener Volkstheater verspricht nicht nur eine intensive akustische Erfahrung zwischen Euphorie und Melancholie, sondern setzt auch auf eine starke visuelle Komponente. Dafür verantwortlich ist der in Berlin lebende schwedische Medienkünstler Lillevan, der gemeinsam mit Fennesz bereits Produktionen in Kanada, Hongkong und Berlin realisiert hat.