Team ÖMSUBM: Dalia Ahmed, Frieder Blume, Joana Tischkau, Elisabeth Hampe
Belvedere Wien/Johannes Stoll
Belvedere 21

Schwarze Pop-Heldinnen im Rampenlicht

Von den Kings und Queens des Entertainment über Qualtinger-Gefährten bis zu Eurodance und prägenden Hip-Hop-Acts: Das Wiener Festwochen-Projekt „Österreichisches Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music“ (ÖMSUBM) holt schwarze Entertainer und Musikerinnen vor den Vorhang, die den deutschen Sprachraum prägten.

Als Wiener Festwochen-Ausstellungsprojekt gibt es mit dem „Österreichischen Museum für Schwarze Unterhaltung und Black Music“ (ÖMSUBM) heuer sogar eine Museumsneueröffnung – so zumindest der intentierte Anschein: Statt der hauseigenen Fahnen im schlichten Dunkelrot wehen nun bunte Flaggen mit ÖMSUBM-Schriftzug vor dem Belvedere 21, und statt zeitgenössischer Kunst prangt ein riesiger Showbühnenaufbau im Untergeschoß des Hauses, in dem ein 90er-Jahre-Jugendzimmer eingerichtet wurde.

Volltapezierte Wände zeigen die Konterfeis der Girlbands Tic Tac Toe und No Angels und der R&B-Formation Bro’Sis – „die zentralen Identifikationsfiguren für uns Kuratorinnen“, sagt FM4-Moderatorin Dalia Ahmed im ORF.at-Gespräch zu dieser ersten Installation. Im engen Sinn ist das nomadische ÖMSUBM natürlich kein Museum, sondern eine performative Platznahme: 2020 gegründet, hatte das Projekt bereits in Frankfurt und Berlin Station gemacht.

Für die Festwochen wurde nun Ahmed an Bord geholt, zur Ergänzung der Bestände – Plattencover, Kostüme, Merchandizing und Zeitungsartikel – um österreichische Artists. „In der Unterhaltungskultur waren Schwarze Menschen oft sehr präsent. Und trotzdem gelten Schwarze als nicht von hier und sind eigentlich nicht mit einem Österreichischsein verknüpft. Das widerspricht sich eigentlich“, so Ahmeds Kuratorinkollegin Joana Tischkau dazu.

Erste schwarze Künstler ab 1910

Erste schwarze Künstlerinnen wie die US-Sängerin Arabella Fields gastierten ab den 1910er Jahren in Wien. In den 1950ern und 1960ern folgten dann etwa der berühmte US-Jazz-Trompeter Art Farmer, der jahrelang auch Mitglied der ORF-Big-Band war und – in derselben Vitrine mit einem Zeitungsartikel präsent – etwa der US-Jazzer Al „Fats“ Edwards. Ursprünglich als GI nach Berlin gekommen, landete Edwards 1956 über den Jazzmusiker Fatty George in Wien und wurde Teil der illustren Clique rund um Helmut Qualtinger.

Eingangsbereich des Museums
Belvedere Wien/Johannes Stoll
Ein neues Museum als performative Platznahme: Das „Österreichisches Museum für Schwarze Unterhaltungskultur und Black Music“ (ÖMSUBM)

Neben der gemeinsamen Platte „Hackl vorm Kreuz“ sind aus dieser Zeit ein gefaktes, dafür umso agileres Steppperformance-Video der beiden „Bären“ erhalten (siehe Video) sowie ein Foto als witzig-infernales „Heilige Drei Könige“-Trio (Edwards, Qualtinger und Fatty George).

Beschränktes Rollenangebot

Die Rollen für schwarze Künstler waren, so Tischgau, jedoch „zumeist sehr beschränkt“, wie die Schau bisweilen schmerzhaft bewusst macht: Der Plattentitel „Billy Mo macht jeden froh“ (1962) des als Peter Mico Joachim 1923 in Trinidad geborenen deutschen Unterhaltungsmusikers brachte es auf den Punkt: Mo und auch der Paradeentertainer Roberto Blanco mussten sich in das enge Korsett eines immerfröhlichen „Humtata“ fügen.

Wobei das, wie Ahmed betont, durchaus auch im Sinne der Künstler war: Seinen Wechsel vom Rock ’n’ Roll zum Schlager ab den 1950ern kommentierte Mo einmal mit: „Das war endlich deutsche Musik – das wollte ich immer. Traditionelles Liedgut, das die Leute verstehen, etwas für Menschen, denen das Amerikanische zu viel war und die einfach nur etwas in Stimmung kommen wollten.“

Austellungsstücke des Museums
Hannah Aders
Mit „Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut“ lieferte Billy Mo seinen wichtigsten Schlager.

Andere wie der ehemalige jamaikanische Davis-Cup-Spieler Lance Lumsden entsprachen zwar teils den gängigen Klischees – als hüftenschwingender „Coconutman“ mit nacktem Oberkörper im 1970er-Jahre-Song –, suchten sich aber auch ihre Nischen: Lumsden, übrigens damals mit Chris Lohner verheiratet, reüssierte etwa als Verleger des Jugendmagazins „Music Man“ und des Tennisheftes „Happy Tennis“.

Von Arabella Kiesbauer bis Rodney Hunter

Die Namensliste der hier Gewürdigten ist lang: Nicht fehlen darf natürlich Arabella Kiesbauer, die lange Zeit die einzige schwarze Moderatorin im deutschsprachigen Raum war. Ebenfalls präsent sind Hip-Hop-Artists wie die Aphrodelics, die Untergrundpoeten als erste Gangsta-Rapper in Österreich, und Rodney Hunter, der nicht nur für die Aphrodelics verantwortlich zeichnete, sondern auch, was Ahmed zufolge oft vergessen werde, Kruder & Dorfmeister erst ermöglicht hatte.

Ein Audioguide liefert den passenden Soundtrack zu den Ausstellungsstücken. Ergänzt wird die Schau von einer Vielzahl an Veranstaltungen, etwa ein Filmscreening von Sabine Derflingers Doku „The Rounder Girls“ (1998) im Blickle Kino am 21. Mai und ein Abend für und mit Kiesbauer, im Gespräch mit FM4-Journalistin Claudia Unterweger.