Sollte Russland weiter von einer angeblichen „Entnazifizierung“ und einer „Demilitarisierung“ sprechen, werde man nicht verhandeln. Über den Status der russischen Sprache könne man reden, Selenski beschuldigt Russlands Präsident Putin allerdings, russischsprachige Städte in der Ukraine „auszulöschen“. Die Zerstörung sei schlimmer als in den Tschetschenien-Kriegen.
Für „Kompromiss“ bei Donbass-Frage
Was den Donbass betrifft, sprach sich Selenski für einen „Kompromiss“ mit Russland aus. Er verstehe, dass es unmöglich sei, Russland vollständig aus dem ukrainischen Gebiet zu verdrängen, da das zu einem Dritten Weltkrieg führen würde. Selenksi bezeichnete die russischen Vorwürfe, die Ukraine würde über chemische Waffen verfügen, als „Witz“.
Die Verhandlungen, auf die sich Selenski bezog, sollen am Montag in der Türkei starten und bis Mittwoch dauern. Am 10. März hatten bereits Verhandlungen auf Ministerebene in Antalya stattgefunden, die keine konkreten Fortschritte gebracht hatten.
Moskau: Stocken bei Hauptfragen
Der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski hatte am Freitag erklärt, die Verhandlungen kämen in den zentralen Fragen nicht voran. „In zweitrangigen Punkten stimmen die Positionen überein. Aber in den politischen Hauptfragen kommen wir nicht voran“, sagte Medinski nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.
Unterdessen kündigte der Chef der prorussischen Separatisten in der Region Luhansk an, die Bevölkerung in den von ihm kontrollierten Gebieten in einem Referendum über den „Beitritt“ zur Russischen Föderation abstimmen lassen zu wollen. Eine derartige Volksbefragung lehnt die ukrainische Regierung aber strikt ab: Ein Referendum in der Ostukraine wäre ungültig.
Teilung der Ukraine?
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes fürchtet eine Teilung der Ukraine, ähnlich wie bei Nord- und Südkorea. Russland sei mit seinem Versuch „gescheitert, Kiew einzunehmen und die ukrainische Regierung zu stürzen“, schrieb Kyrylo Budanow am Sonntag auf Facebook. Kreml-Chef Wladimir Putin ändere die Strategie, eine Teilung der Ukraine könnte eines seiner Ziele sein.
Derweil gehen die russischen Angriffe unvermindert weiter. Laut ukrainischen Angaben griff die russische Armee zuletzt einen nuklearen Forschungsreaktor in der Stadt Charkiw mit Artillerie an. Das Schadensausmaß sei unbekannt, heißt es – und wegen der anhaltenden Kämpfe in der Umgebung ist das aktuell auch nicht überprüfbar. In der Nacht waren auch Lwiw und weitere Städte in der Westukraine Ziel russischer Raketenangriffe.
Raketenangriff auf Lwiw
Der Angriff auf Lwiw erfolgte laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums mit Langstreckenwaffen, darunter Marschflugkörpern, die vom Meer aus abgefeuert worden seien. Die Stadt mit ihren über 700.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt nur rund 80 Kilometer von der Grenze zum NATO-Land Polen entfernt. In Lwiw halten sich nach Schätzungen an die 200.000 Flüchtlinge aus der gesamten Ukraine auf.
Debatte: Welche Auswirkungen wird der Krieg haben?
Der russische Präsident Wladimir Putin führt den Krieg in der Ukraine trotz internationaler Appelle und Sanktionen weiter. Wie wirksam sind Sanktionen? Warum ist die Ukraine so allein? Wie kann man den Geflüchteten am besten helfen? Welche Auswirkungen wird der Krieg haben?
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