Einen früheren Abschluss der Verhandlungen verhinderte Polen. Nach Angaben von Diplomaten wollte das Land zunächst nicht akzeptieren, dass die Übergangsfrist für den Importstopp für russische Kohle auf Wunsch von Ländern wie Deutschland vier Monate betragen soll – und nicht wie ursprünglich von der Kommission geplant drei Monate. Ebenfalls umstritten war die Forderung von Ländern wie Griechenland und Malta, die Regelungen für die geplante Hafensperre nicht ganz so streng zu formulieren, wie das von der EU-Kommission ursprünglich geplant wurde.
Russland räumt „bedeutende Verluste“ ein
Russland beklagt nach eigenen Angaben zahlreiche Tote bei seinem vor sechs Wochen begonnenen Angriffskrieg in der Ukraine. „Wir haben bedeutende Verluste, das ist eine gewaltige Tragödie für uns“, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, am Donnerstag dem britischen Sender Sky News. Zuletzt hatte Russland von 1.351 getöteten Soldaten gesprochen. Die Ukraine geht von mehr als zehnmal so vielen russischen Soldaten aus, die getötet wurden.
Er nannte mutmaßlich von Russen begangene Kriegsverbrechen in Mariupol, etwa den Angriff auf eine Geburtsklinik, aber auch im Kiewer Vorort Butscha „Fake“. Trotz Berichten von Augenzeugen und Satellitenaufnahmen besteht Russland darauf, mit der Ermordung Hunderter Menschen in Butscha nichts zu tun zu haben.
NATO will Kiew mehr schwere Waffen liefern
Die NATO wird indes der bedrängten Ukraine weitere Waffen im Kampf gegen Russland liefern. Dazu gehören auch schwere Waffen, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag vor Beratungen der 30 Außenminister des Bündnisses in Brüssel. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte bei seinem Eintreffen, die Ukraine brauche „Waffen, Waffen und Waffen“. „Wir wissen, wie man kämpft, wir wissen, wie man gewinnt.“
Kuleba rechnet damit, dass seinem Land alle notwendigen Waffen zur Verteidigung gegen Russland geliefert werden. „Ich habe keine Zweifel daran, dass die Ukraine alle für den Kampf notwendigen Waffen haben wird. Die Frage ist nur der Zeitplan“, sagte er. Je mehr und je schneller die Ukraine Waffen erhalte, desto mehr Leben würden gerettet und desto weniger Städte würden zerstört. „Und es wird keine Butschas mehr geben“, sagte der Minister mit Blick auf die jüngsten Gräueltaten in dem Kiewer Vorort.
Bericht: Russisches Militär sprach über Gräuel in Butscha
Indes mehren sich die Anzeichen, dass brutale Handlungen wie die Gräueltaten in Butscha zur Strategie der russischen Armee zählen könnten. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) fing einem Bericht des „Spiegel“ zufolge Funksprüche russischer Paramilitärs ab, in denen über die Tötung von Zivilisten in Butscha gesprochen worden sein soll.
Es gebe Hinweise, dass russische Paramilitärs an Erschießungen beteiligt gewesen seien. Es sei aber nicht klar, ob es sich um Söldner der Gruppe Wagner gehandelt habe. Aus den abgehörten Funksprüchen werde auch nicht klar, ob es einen Befehl des russischen Generalstabs für die Massaker gegeben habe.
Österreich weist vier russische Diplomaten aus
Eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) teilte indes mit, dass vier russische Diplomaten aus Österreich ausgewiesen werden. Die Personen hätten mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, hieß es in Anspielung auf Geheimdiensttätigkeiten. Österreich zählt mit diesem Schritt zu den Schlusslichtern in Europa. Anfang der Woche wurden aus EU-Ländern bereits rund 150 russische Diplomaten ausgewiesen. Am Dienstagabend hatte Schallenberg in der ZIB2 noch gemeint, keine Handhabe für Ausweisungen zu haben.
Debatte: Welche Rolle spielt der Westen?
Mit den offensichtlichen russischen Verbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung hat der Ukraine-Krieg eine neue Dimension des Terrors erreicht. Wie könnte eine politische Lösung aussehen? Welche Folgen haben mutmaßliche Verbrechen an Zivilisten? Welche Rolle spielt der Westen?
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