„Wir führen nicht nur mit den Israelis Gespräche darüber, wie eine Geiselbefreiung aussehen könnte, sondern auch mit anderen Verbündeten und Partnern in der Region“, sagte Kirby laut der israelischen Zeitung „Haaretz“. Daneben gebe es einige Länder wie Katar, die mit der Hamas Kontakte pflegten. „Wir werfen natürlich das Netz weit aus. Wir wollen alle Geiseln mit ihren Familien vereinen, insbesondere die US-amerikanischen Geiseln, keine Frage.“
Die Zahl der bei Angriffen getöteten US-Amerikaner stieg zuletzt auf mindestens 22 an. 17 US-Bürger würden weiter vermisst. US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag gesagt, dass auch Amerikaner unter den Geiseln der Hamas seien. Weitere Details gab es dazu zunächst nicht.
Notstandsregierung in Israel steht
Unterdessen hat sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Berichten zufolge mit Oppositionspolitiker Benni Ganz auf die Bildung einer Notstandsregierung geeinigt. Das bestätigten mehrere Minister von der Regierungspartei Likud. Die Parteien hätten sich darauf verständigt, ein Kriegskabinett zu bilden, dem Netanjahu, Ganz und Verteidigungsminister Joav Galant angehören, heißt es in einer Erklärung von Ganz’ Partei der Nationalen Einheit. Unterdessen wurde in Südisrael ein vermisster Österreicher tot aufgefunden.
Das nun gebildete Kriegskabinett solle während der Kämpfe mit der Hamas im Gazastreifen bestehen. Als Beisitzer ohne Stimmrecht sollen der ehemalige Generalstabschef Gadi Eizenkot und Likud-Minister Ron Dermer dienen. Ganz will den Berichten zufolge fünf Minister für das Sicherheitskabinett stellen.
Ein Österreicher tot aufgefunden
Dass einer der drei vermissten österreichisch-israelischen Doppelstaatsbürger tot aufgefunden wurden, teilte das Außenministerium am Nachmittag mit. Er sei „Opfer des brutalen Großangriffs der Terrororganisation Hamas auf Israel“ geworden, heißt es. Darüber habe die Familie des Toten das Außenamt informiert. Die Rückholaktion der österreichischen Staatsangehörigen verzögert sich – die Bundesheer-„Hercules“ konnte wegen eines Defekts nicht abheben.
„Wir verurteilen den barbarischen Terror der Hamas auf das Schärfste“, heißt es aus dem Außenministerium: „Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt der Familie und den Freunden.“ Aus Rücksicht auf sie würden keine weiteren Angaben gemacht.
Rückholaktion des Bundesheeres stockt
Die Rückholaktion des Bundesheeres für ausreisewillige Österreicherinnen und Österreicher verzögert sich indes. Die C-130-„Hercules“-Maschine des Bundesheeres muss auf dem Boden bleiben. Beim Startvorgang habe es Rauchentwicklung gegeben, sagte ein Sprecher des Bundesheeres. Für den Abend wurde dann ein Alternativflug gefunden.
Die Terrororganisation Hamas setzte heute den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel fort. Mehrere Gebäude in der südisraelischen Stadt Aschkelon wurden von Raketen aus Gaza getroffen. Es wurden mehrere Verletzte gemeldet – Personen wurden ins Spital gebracht. Auch die Großstadt Aschdod, die näher bei Tel Aviv liegt, wurde von der Hamas beschossen. Zudem wurde in einigen Orten nahe Gaza Alarm ausgelöst.
Massaker in Kibbuz
Noch bis gestern Früh haben die Kämpfe im Kibbuz Kfar Asa nahe der Grenze zum Gazastreifen angehalten. Inzwischen wird das Ausmaß des Grauens, das sich dort abspielte, sichtbar. Das israelische Militär spricht von einem Massaker durch die Hamas.
Die Terroristen seien von Haus zu Haus gegangen, sie „massakrierten Babys, Mütter und Väter in ihren Schlafzimmern“, teilte das Militär heute auf Twitter (X) mit. „Die Hamas wird für dieses Verbrechen bezahlen.“ Hunderte Menschen sollen bei dem Angriff getötet worden sein. Die meisten Morde dürften bereits in den ersten Stunden des Angriffs am Samstag erfolgt sein.
Die Armee habe zwölf Stunden gebraucht, bis sie die Gemeinde erreichte, sagte Davidi Ben Zion, der stellvertretende Kommandeur einer Fallschirmjägereinheit, die den Gegenangriff leitete. Die Hamas-Terroristen seien eine „Dschihad-Maschine, die jeden tötet, (Menschen, Anm.) ohne Waffen, ohne nichts, nur normale Bürger, die frühstücken wollen“. Einige Opfer seien enthauptet gewesen.
Luftangriffe auf Gazastreifen
In der Nacht auf heute setzte Israel seine Vergeltungsangriffe auf den gesamten Gazastreifen fort – zum dritten Mal innerhalb von 24 Stunden. Nach Angaben der israelischen Armee wurden mehr als 200 Ziele, viele davon in einem Viertel von Gaza-Stadt, getroffen. Dieses Stadtgebiet soll die Hamas am Samstag für ihre Angriffswelle genutzt haben.
Die israelischen Angriffe erfolgten trotz der Drohung der Hamas, Geiseln zu töten, sollte es auf palästinensischer Seite durch Bombardierungen ohne Vorwarnung zu zivilen Opfern kommen. Bis zum Anbruch der Nacht gab es keine Hinweise darauf, dass das geschehen war.
Hochrangige Hamas-Mitglieder getötet
Der Hamas nahestehende Medien berichteten, die Raketen hätten Häuser in Gaza-Stadt, in der südlichen Stadt Chan Junis und das Flüchtlingslager Buraidsch im Zentrum des Gazastreifens getroffen. Zwei Mitglieder des politischen Büros der radikalislamischen Palästinensergruppe, Dschawad Abu Schammala und Sakaria Abu Maamar, seien bei einem Luftangriff in Chan Junis ums Leben gekommen, sagte ein Hamas-Vertreter.
Es sind die ersten hochrangigen Hamas-Mitglieder, die seit Beginn der israelischen Luftangriffe auf die Enklave getötet wurden. Israel erklärte, Abu Schammala habe eine Reihe von Operationen geleitet, die sich gegen israelische Zivilisten richteten.
Einziges Kraftwerk in Gaza ohne Treibstoff
Bewohner des Gazastreifens berichteten von zahlreichen eingestürzten Gebäuden und baten in sozialen Netzwerken um Hilfe. Teilweise seien bis zu 50 Menschen eingeschlossen, die von den Rettungskräften nicht erreicht werden könnten.
Nach Angaben der UNO sind bereits mehr als 260.000 Menschen im Gazastreifen vertrieben worden. Ein städtisches Gebäude, das als Notunterkunft diente, wurde getroffen. Das einzige Kraftwerk im Gazastreifen kann Medienberichten zufolge keinen Strom mehr produzieren. Damit gebe es im Gazastreifen keinen Strom mehr, hieß es.
Zahl der israelischen Todesopfer steigt
Auch Israel hat mehr Todesopfer zu beklagen. In der Früh bestätigte ein Armeesprecher, dass durch den Hamas-Angriff bisher mehr als 1.200 Menschen starben und über 2.700 verletzt wurden. Darunter waren 260 Besucher und Besucherinnen eines Musikfestivals, die von der Hamas getötet wurden. Das Hamas-Gesundheitsministerium meldete zu Mittag 1.100 Tote und fast 5.200 Verletzte.
US-Präsident Joe Biden verurteilte in einer Fernsehansprache in scharfen Worten den Angriff der Hamas auf Israel. Das Land habe einen Moment des „reinen, unverfälschten Bösen“ erlebt, sagte er. Er sagte Israel weitere Unterstützung zu.
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