Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
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LIVETICKER

Schmid im Mittelpunkt bei Kurz-Befragung

Der zweite Prozesstag mit der Befragung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist zu Ende. Dem früheren ÖVP-Chef wird vorgeworfen, vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss falsche Angaben über die Vorgänge rund um die Staatsholding ÖBAG gemacht zu haben. Mitangeklagt ist der frühere Büroleiter von Kurz, Bernhard Bonelli. Kurz nahm erstmals vor Gericht Stellung. Ausführlich Thema war der Weg von Thomas Schmid zur ÖBAG-Spitze – Kurz sagt, Schmid habe sich den Job „selbst gecheckt“. Auf Fragen der Staatsanwälte gab sich Kurz äußerst wortkarg. Der Liveticker zur Nachlese.

Online seit 20. Oktober 2023, 9.00 Uhr
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Zweiter Prozesstag startet um 9.30 Uhr

Auch am zweiten Prozesstag gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz haben sich Dutzende Medienleute im Straflandesgericht Wien eingefunden. Die Türen zum Großen Schwurgerichtssaal sind zwar schon offen, die Befragung von Kurz und dem Mitangeklagten Bernhard Bonelli startet aber erst um 9.30 Uhr.

Rückblick auf ersten Prozesstag: Diversion

Der Prozess gegen Kurz, Bonelli und die frühere Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner hat am Mittwoch begonnen. Nach den Eröffnungsworten von Anklage und Verteidigung ist Glatz-Kremsner befragt worden. Sie hat ein „Fehlverhalten“ eingestanden.

Der Ex-ÖVP-Vizechefin wird vorgeworfen, falsch vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss und im Verfahren rund um die Vorgänge der Casinos Austria ausgesagt zu haben. Am Ende hat der Richter eine Diversion vorgeschlagen. Sollte sie binnen 14 Tagen einen Geldbetrag in Höhe von 104.060 Euro zahlen, wird das Verfahren gegen Glatz-Kremsner geschlossen.

Gespanntes Warten im Gerichtssaal

Die Journalistinnen und Journalisten haben bereits im Großen Schwurgerichtssaal Platz genommen. Die Reihen sind tatsächlich weniger dicht besetzt als beim Auftakt am Mittwoch – zur Verwunderung einiger Anwesender. Auch Richter Michael Radasztics hat schon Platz genommen, auch die Schriftführerin ist da.

Bald geht’s los

Auch die Fotografinnen und Fotografen haben im Saal Aufstellung genommen, bald werden die Angeklagten und die Staatsanwälte den Saal betreten. Die beiden Verteidiger, Kurz-Anwalt Otto Dietrich und Bonelli-Anwalt Werner Suppan, sind schon da.

Vorwürfe gegen Kurz und Bonelli

In wenigen Minuten wird der Prozesstag offiziell starten. Kurz und Bonelli wird vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt.

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
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Nach Ansicht der WKStA hat Kurz seine Rolle bei der Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand und bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Staatsholding heruntergespielt.

Zudem habe er auf die Frage nach mit der FPÖ ausgehandelten Postendeals für wichtige Staatsorgane wissentlich falsch ausgesagt. Auch Bonelli soll laut WKStA hierzu falsche Angaben gemacht haben.

Lange Befragung erwartet

Allgemein erwartet wird, dass heute Kurz befragt wird – und aufgrund der zu erwartenden Länge ganztägig. So hat die Beschuldigteneinvernahme im September 2021 etwa sechs Stunden gedauert.

Angeklagte sind da – der Prozesstag startet

Die Angeklagten Kurz und Bonelli sind da. Beide stehen den Journalistinnen und Journalisten zugewandt. Kurz lächelt leicht.

Kurz-Befragung startet

Kurz wird aufgefordert, vorne Platz zu nehmen – die Befragung startet wie erwartet mit dem Ex-Bundeskanzler.

Kurz bekennt sich nicht schuldig

Kurz gibt einleitendes Statement ab

Kurz nimmt Bezug auf die Befragung im U-Ausschuss. Die WKStA habe die Stimmung dort als angenehm beschrieben, so Kurz. Doch wolle er schildern, wie er Atmosphäre im U-Ausschuss empfunden hat.

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Kurz: „War nicht gut vorbereitet“

Fragesteller seien im U-Ausschuss zu Anzeigern geworden, schwerste Korruption sei dort unterstellt worden. Grundsätzlich sei er auf den Ausschusstag „nicht so gut vorbereitet gewesen“. Er habe sich auch „schlicht und ergreifend“ nicht an jedes Detail erinnern können, darum habe er „allgemeiner“ geantwortet.

„Opposition wollte mich zerstören“

Seit Ibiza sei es das Ziel gewesen, immer mehr Politiker in strafrechtliche Unterstellungen zu bringen. „Stimmungsmäßig“ sei der U-Ausschuss deshalb „gekippt“, so Kurz. Sie haben mich zerstören wollen, so Kurz – und meint damit die Opposition.

Nicht immer „perfekt formuliert“

Er habe an einigen Stellen also nicht immer „perfekt formuliert“. Das habe nun die WKStA zum Anlass genommen, ihn strafrechlich zu verfolgen.

„Na“ oder „Nein“?

Nun nimmt Kurz auf die Anklagepunkte Bezug: Auf die Frage von NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter habe er geantwortet, dass er mit Schmid über dessen Bewerbung gesprochen habe. Später habe Brandstätter versucht, die Aussagen falsch zusammenzufassen. Dem habe er dann mit einem „Na“ widersprochen, so Kurz. Das Wort „sicherlich“ hätte also in weiterer Folge auch keinen Sinn ergeben, wenn ein „Na“ ein „Nein“ gewesen sein sollte, argumentiert Kurz.

Antwort von Kurz laut stenografischem Protokoll

Kurz hat seine Antwort auf die Frage von NEOS-Mandatar Brandstätter vor Gericht erwähnt. Im „Ibiza“-U-Ausschuss ging es um seine Involvierung bei der Besetzung des ÖBAG-Alleinvorstands. Hier der Auszug aus dem stenografischen Protokoll des Parlaments.

Brandstätter: „Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Ihnen gesagt hat: ‚Ich möchte mich für diesen ausgeschriebenen Posten bewerben‘, haben Sie mit ihm nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?“

Kurz: „Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell qualifizierter Kandidat wäre.“

„Wie funktioniert das System“

Kurz zitiert die Staatsanwaltschaft, die am Mittwoch gemeint hat, dass Schmid von der Bekanntheit mit Kurz profitiert hat. Doch Kurz will das nicht gelten lassen. „Wie funktioniert das System?“, fragt der Ex-Kanzler.

In diesem System der Politik sei es immer angenehm zu sagen, der Parteichef, der Bundeskanzler möchte es so, sagt Kurz. Wenn der Kabinettschef im Haus etwas durchsetzen möchte, könne er ja auch selbst kämpfen. „Aber es ist einfacher, wenn er sagt, es komme vom Bundeskanzler“, so Kurz in Richtung Staatsanwaltschaft.

Kurz: Initiative ging von Schmid aus

„Die Initiative zur Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef ging von Schmid selbst aus“, sagt Kurz und weist jegliche Vorwürfe von sich. „Mit all den Chats und all den Informationen, die ich drei Jahre später habe, ist das das schlüssigste Bild.“

Kurz wollte allen „gutes Gefühl“ geben

Auch zum Aufsichtsrat der ÖBAG nahm er Stellung: Er selbst, so Kurz, sei nicht im Aufsichtsrat und in der Sitzung gewesen, er habe aber gewusst, dass Schmid „die besten Karten“ habe. Im Mai 2017 habe er einen neuen Vizekanzler stellen müssen, er habe als Außenminister viel zu tun gehabt und Wahlen vorbereitet, so Kurz.

Er könne nicht ausschließen, dass er mit Schmid damals über den Posten geredet habe, er habe sich immer bemüht, „allen ein gutes Gefühl“ zu geben, auch wenn jemand gekommen ist wegen eines Jobs, den er anstrebe. Das heiße aber nicht, dass er sich dafür eingesetzt habe.

Kurz zu ÖBAG-Aufsichtsrat: „Um Himmels willen“

Nachdem Kurz ausführlich betont hat, dass er bei der Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef keine große Rolle gespielt hat, geht er nun auf den zweiten Vorwurf der WKStA ein. Darin geht es um seine Rolle bei der Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrats. Diese Aufgabe fällt gemäß Gesetz dem Finanzminister zu, damals Hartwig Löger (ÖVP).

Kurz weist alle Vorwürfe zurück und sagt, dass Löger eine „Form der Kommunikation“ hätte suchen müssen. „Wenn ich gesagt hätte, ja Hartwig, die Personen passen so, wie um Himmels willen komme ich denn auf die Idee, ganz einen anderen als Aufsichtsrat vorzuschlagen?“, sagt Kurz.

„Ich hab kein Hirn wie ein Nudelsieb“

„Herr Rat, ich war damals 33 Jahre alt, ich hatte einen stressigen Job. Aber wenn ich eine Entscheidung über neun Aufsichtsräte getroffen hätte, hätte ich mich neun Tage später wohl an die Entscheidung erinnert, wenn auch vielleicht nicht an alle Namen. Ich hab kein Hirn wie ein Nudelsieb.“

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
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Der frühere deutsche Minister Karl-Theodor zu Guttenberg komme in dem Akt gar nicht vor, weswegen er, Kurz, sich frage: „Wieso wird dieses Faktum einfach weggelassen?“ Die Wahrheit ist, dass es so gelaufen ist, wie so was halt laufe. „Entschieden, wer Aufsichtsrat wird, hat Löger“, hält er fest.

Schmid-Schiefer-Vereinbarung: „Kenne keine Vereinbarung“

Kurz äußert sich nun zum dritten Vorwurf der WKStA. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat der Ex-Kanzler falsch ausgesagt, nachdem er im „Ibiza“-U–Ausschuss zu einer Schmid-Schiefer-Vereinbarung zu Posten und Budget befragt worden ist.

Kurz betont, dass er „überhaupt nicht aussagen wollte, dass ich gar nichts weiß. Ich wollte auch nicht bestreiten, dass es eine Schmid-Schiefer-Vereinbarung über Personal und Budget gibt.“

Er habe sich später die SMS des damaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache (FPÖ), in der sich Strache über Kurz echauffiert hat, „einige Sekunden angeschaut“.

Er kenne bis heute keine Vereinbarung, dass Schmid Aufsichtsratschef oder Vorstand werden soll. „Ich kenne schon gar keine Vereinbarung, dass bei börsennotierten Unternehmen Aufsichtsräte gleich besetzt werden müssen. Ich kenne diese Vereinbarung nicht. Ich hätte sie auch nicht unterstützt. Dem Hartwig Löger war ein sensibler Umgang mit börsennotierten Unternehmen immer wichtig. Er wäre nie da reingekracht.“

„Nicht der Sinn des U-Ausschusses“

Er komme aus ganz normalen Verhältnissen, er habe sich jahrelang ehrenamtlich politisch engagiert. „Ich bin ein überzeugter Demokrat“, ohne die Demokratie habe er nie eine solche politische Verantwortung übernehmen können.

Doch wenn man im U-Ausschuss so einfach in ein Strafverfahren hineingezogen wird, „dann ist das nicht der Sinn der U-Ausschusses“, so Kurz. Bestimmt könne man gewisse Aussagen in zwei Richtungen interpretieren, meint der Ex-Kanzler – doch er verstehe nicht, dass ihm von der Staatsanwaltschaft „immer alle Aussagen negativ ausgelegt“ worden seien. „So etwas hätte nicht stattgefunden, wenn ich nicht Bundeskanzler gewesen wäre.“

Kurz ist fertig: Richter Radasztics am Wort

Den Prozess leitet Michael Radasztics. Nach der Stellungnahme von Kurz ist nun der Richter am Wort und erklärt, wie er den Prozess führen wird. Konkret gibt er auch vor, wie er welche Vereinbarungen nennen wird.

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Aussagen von Kurz werden vorgespielt

Die Aussagen von Kurz im „Ibiza“-U-Ausschuss werden vorgespielt, wie Richter Radasztics sagt. Er geht nun Punkt für Punkt der Vorwürfe gegen den Ex-Kanzler durch.

Erste Aussage von Kurz im U-Ausschuss

Kurz wird die erste Aussage aus dem „Ibiza“-U-Ausschuss vorgehalten. Während der Befragung durch NEOS-Mandatar Brandstätter hat Kurz im U-Ausschuss gesagt, dass er Schmid schon seit zehn Jahren kenne. „Ich bin weder mit ihm in die Schule gegangen, noch ist er ein Jugendfreund, noch fahren wir gemeinsam auf Urlaub, aber ich würde sagen, wir haben immer freundschaftlich gut zusammengearbeitet“, hat der Ex-Kanzler gesagt.

Die Tonaufnahme behandelt auch die bereits angesprochene Passage, ob sich Kurz „nie“ mit Schmid vor dessen Bewerbung über den ÖBAG-Posten unterhalten habe. Kurz hat bekanntlich gesagt „Nein, es war allgemein bekannt …“ Kurz hat gegen die Passage später Einspruch erhoben, da er gemäß Tonaufnahme „Na“ gesagt hat.

Kurz zu Tonaufnahme: Es war ein „Streitgespräch“

In der Tonaufnahme sind mehrere Themen angesprochen worden. Darunter eben die Schmid-Bestellung, aber auch eine mögliche Vereinbarung zwischen Schmid und Schiefer zu Posten und Budget.

Kurz empfindet, dass die Konversation mit Brandstätter ein „Streitgespräch“ gewesen sei. Es werde den ganzen Tag verhandelt, da kommen auch unterschiedliche Themen zur Sprache, so der Ex-Kanzler.

Zweite Tonaufnahme: Beeinflussung bei Schmid-Bestellung

In der zweiten Tonaufnahme ist die Befragung im „Ibiza“-U-Ausschuss durch NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper zu hören. Es geht um eine mögliche Beeinflussung durch Kurz bei der Bestellung von Schmid als ÖBAG-Alleinvorstand. Krisper hat den damaligen Kanzler gefragt, ob er den Aufsichtsrat beeinflusst habe.

Auf die Frage des Richters, ob er dazu Stellung nehmen will, sagt Kurz: „Ich warte auf Ihre Fragen.“

„Habe Aufsichtsrat nicht ausgewählt“

Auch die dritte Tonaufnahme behandelt den ÖBAG-Aufsichtsrat. Zu diesem Thema soll Kurz nach Ansicht der WKStA falsch ausgesagt haben. Richter Radasztics will ihn „ohne Redezeitbeschränkung“ fragen, wie er den Prozess bei der ÖBAG-Aufsichtsratsbestellung gesehen hat.

Kurz antwortet, er könne nicht mehr alles zeitlich einordnen. „Heute ist mein Wissensstand größer, aber der Blick ist nicht anders. Die Frage ist: Wer hat den Aufsichtsrat ausgewählt? Die WKStA sagt, ich habe ihn ausgewählt. Wenn ich das Revue passieren lasse, wird mir immer klarer, dass ich ihn nicht ausgewählt habe“, sagt Kurz.

Im Sideletter zwischen ÖVP und FPÖ sei vereinbart worden, dass die ÖVP das Vorschlagsrecht für alle Aufsichtsratsmitglieder habe, sagt Kurz. Es sei die Arbeit des Finanzministers, betont Kurz. „Aber zwei dieser Aufsichtsräte gingen an die FPÖ. Das war sicher nicht meine Idee. Dann gab es eine Vereinbarung mit der Sozialdemokratie, die Betriebsräte. Personen, die ich nicht mal kannte. Dann gab es vier, die der Hartwig Löger nominieren konnte.“

Kurz hat Wolf vorgeschlagen

Kurz gibt aber zu, dass er dem damaligen Finanzminister Löger den Industriellen Sigi Wolf als ÖBAG-Aufsichtsratschef vorgeschlagen hat. Aber es sei die Entscheidung von Löger gewesen, ihn abzulehnen. Eine Einbindung sei, Vorschläge zu offerieren, aber die Entscheidung liege beim Finanzminister, so Kurz sinngemäß.

Ex-Magna-Manager Siegfried Wolf im Eurofighter-Untersuchungsausschuss (zweiter Befragungstag) in der Hofburg
ORF.at/Carina Kainz
Archivbild von Siegfried Wolf beim Eurofighter-Untersuchungsausschuss

„Aufsichtsräte sind keine Lemminge“

Wieder wird ein Tondokument zur Schmid-Bestellung angehört. SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer fragt darin, wer entschieden habe, dass die ÖBAG eine Alleinspitze bekomme. Kurz antwortet: „Der Gesetzgeber.“ Zur Frage nach seiner Rolle: In die Entscheidung zum Alleinvorstand sei er „eingebunden gewesen im Sinne von informiert, ja“. Ob er sich für Schmid eingesetzt habe? „Ich habe ihn für qualifiziert gehalten, (…) ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich für ihn eingesetzt habe.“

Der Richter nach Ende der Tonaufnahme zu Kurz: „Wollen Sie dazu was sagen?“ Die Aufsichtsräte würden immer als Lemminge dargestellt, dabei seien sie höher ausgebildet als er selbst, so Kurz. Sie (die Aufsichtsräte, Anm.) hätten alle selbst ihre Entscheidungen getroffen, ihnen seien keine Entscheidungen vorgesetzt worden, so Kurz sinngemäß. Er habe nicht einfach angerufen und gesagt: „Nehmt’s den Schmid!“

U-Ausschuss: Kurz hat sich „wenig vorbereitet“

Kurz erläutert, dass er noch nie in einem U-Ausschuss gesessen sei, der so konfrontativ gewesen sei. „Mit ‚Ibiza‘ hat es begonnen“, sagt Kurz und meint eine gewisse negative Stimmung. Es sei immer die Frage im Raum gestanden: „Bei wem kommt es zu einer Hausdurchsuchung?“ Er spreche nicht gerne darüber, aber viele Bekannte hätten sich daraufhin aus der Politik zurückgezogen.

Vor dem Termin im U-Ausschuss habe er „keinen Kopf“ dafür gehabt. Es sei eine stressige Zeit gewesen, und er habe sich deshalb auch „wenig vorbereitet“. Im Auto habe man ihn noch briefen wollen, aber Kurz habe seine Mitarbeiter dann abgewürgt. „Damals war auch gerade noch die CoV-Pandemie im Gange“, sagt Kurz.

Auf die Frage, ob er denn nicht mit unterstellenden Fragen gerechnet habe, sagt Kurz, dass es nicht darum geht. Ihm seien die Worte im Mund verdreht worden, so der Ex-Kanzler. „Ich habe mich bemüht, wahrheitsmäßig auszusagen.“

Richter: „Warum ist die Stimmung für Sie so relevant?“

Die Stimmung im U-Ausschuss habe er wiederholt thematisiert, sagt der Richter zu Kurz. Darauf zitiert er einige entsprechende Passagen, etwa aus der ZIB2 wie auch aus der Einvernahme durch den Haftrichter, wo er sich über die aggressive und böswillige Stimmung im Ausschuss beschwert habe.

Wenn er immer wahrheitsgemäß geantwortet habe, wie er stets betone, „warum ist dann die Stimmung für Sie so relevant?“, will der Richter wissen. Er habe seine Worte nicht in die andere Richtung gemeint, er sei ja kein Trottel, so Kurz – „wenn wir zwei uns zusammensetzen würden, gemütlich, würde ich wahrscheinlich anders sprechen“, so Kurz.

„Ich habe einfach ein ehrliches Gesamtbild geben wollen.“ Er kann immer wieder nur sein Herz ausschütten und sagen, wie er die Dinge gemeint habe.

Richter: Hätten Sie anders ausgesagt?

Auf die Frage des Richters, ob Kurz anders ausgesagt hätte, wäre die Stimmung im U-Ausschuss „entspannter“ gewesen, sagt der Ex-Kanzler, dass es einen gewissen Zeitdruck gebe. „Das Schwierige dieser Situation ist, es geht um Themen, die lang zurückliegen und sehr komplex sind. Es geht um extrem komplexe Prozesse“, betont Kurz, der sich bemüht haben will, „nichts Falsches zu sagen“.

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
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„Würde ich bei der Aufsichtsratsentscheidung noch heute das Wort ‚informiert‘ benutzen? Ja“, sagt Kurz. Er habe auf gar keine Entscheidung bei den Aufsichtsräten eingewirkt. Im U-Ausschuss sagt der Ex-Kanzler, er sei informiert gewesen. Die WKStA meint aber, Kurz sei maßgeblich involviert gewesen.

Schmid hat „Job selbst gecheckt“

Der Aufsichtsrat in der ÖBAG sei damals frisch zusammengesetzt worden, so Kurz. „Ich hab gesagt, dass ich kein Gegner von Schmid war, ich hab gesagt, dass wir ein freundschaftliches Verhältnis haben, ich habe gesagt, dass ich ihn gut finde“, so Kurz. Überall sei schon berichtet worden, dass Schmid den Posten bekommen werde. Er könne und würde auch heute nichts anderes sagen als „eingebunden im Sinne von informiert“, so Kurz.

Die Staatsanwaltschaft sei fest davon überzeugt, dass er, Kurz, die Aufsichtsräte ausgesucht habe – doch habe er sie nicht ausgewählt. Auch gehe die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er, Kurz, Schmid den Job beschafft habe. Dabei habe Schmid sich den Job „selbst gecheckt“, so Kurz.

Richter: Prüfung von Aussagenotstand „schwierig“

Der Richter verweist darauf, dass er einen möglichen Aussagenotstand prüfen müsse, aber das „schwierig“ sei, weil Kurz von einer „richtigen Aussage“ ausgeht. Bei einem Aussagenotstand müsse eine Falschaussage vorliegen, sagt Richter Radasztics. Wie er das sieht, fragt der Richter Kurz.

Der Ex-Kanzler will sich auf „theoretische Fragen“ nicht einlassen, dass sei die Aufgabe des Gerichts. Er habe nach damaligem Stand richtig ausgesagt, aber „vielleicht nicht perfekt formuliert“.

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
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Obwohl Kurz auf der Richtigkeit seiner damaligen Aussagen beharrt, sagt er allerdings auch vor Gericht: Er habe damals auch laufende Ermittlungen im Kopf gehabt. Ähnlich hat auch der Anwalt von Kurz, Otto Dietrich, schriftlich für einen Aussagenotstand argumentiert.

Die Antworten von Kurz deuten darauf hin, dass er sehr wohl auf einen Aussagenotstand schielt. Die WKStA sieht die Bedingungen dafür aber nicht gegeben: Im Strafantrag heißt es, dass die Angeklagten aus „politischen und optischen Gründen ihre Aussagen trafen“. Und: Bisher habe sich niemand auf den Aussagenotstand berufen.

Über das Verhältnis zu Schmid

Jetzt kommt der Richter zum Themenkomplex „Bestellung von Schmid zum Vorstand“. Kurz solle sich zurückversetzen in die Zeit seiner damaligen Aussagen, sagt der Richter.

Kurz verweist darauf, dass er damals angegeben habe, dass er mit Schmid ein freundschaftliches Verhältnis habe. Er sei nie im engsten Team gewesen. Sein Team hätte immer versucht, das Beste fürs Land zu machen und das Beste für ihn, Kurz, zu machen, sagt der Ex-Kanzler sinngemäß.

Doch habe es einen Grund gegeben, wieso er Schmid nie in seiner engsten Runde habe wollen: So habe Schmid immer sein eigenes Netzwerk gesponnen, er sei anders gepolt gewesen als sein Umfeld, so Kurz. Schmid habe nur auf sich selbst geschaut.

Pause bis 11.11 Uhr

Nach gut einer Stunde Befragung wird jetzt bis 11.11 Uhr pausiert.

Es geht weiter

Nach einer längeren Pause wird die Verhandlung jetzt fortgesetzt.

Kurz werden Schmids Aussagen vorgehalten

Es geht wieder um Schmid und dessen Aussagen – der Richter will sie Kurz nun vorhalten. Kurz weist daraufhin auf das Ableben von Christian Pilnacek hin, das wolle er nur erwähnt haben – gestern habe er noch mit ihm telefoniert. Richter Radasztics sagt, er habe das auch mit Bestürzung erfahren.

Kurz sieht sich durch Schmid-SMS an „Mama“ bestätigt

Richter Radasztics taucht nach der Pause gleich in komplexe Sachverhalte ein. Er will von Kurz wissen, wie die Reform der Staatsholding ÖBIB zur ÖBAG funktioniert hat. Kurz weist darauf hin, dass der frühere Finanzgeneralsekretär Schmid für das Beteiligungsmanagement zuständig gewesen sei. Kurz wird das Einvernahmeprotokoll von Schmid vorgelegt. Der Ex-ÖBAG-Chef strebt einen Kronzeugenstatus an.

Schmid hat bei der WKStA ausgesagt, dass Kurz ihm „sehr deutlich kommuniziert“ habe, dass er erst nach den Regierungsverhandlungen bei der ÖBAG andocken kann. Kurz widerspricht. „Ich habe nicht angestrebt, dass er dorthin geht, aber ich habe ihm keine Steine in den Weg gelegt."

Kurz kommt nochmals auf eine SMS von Schmid an dessen „Mama“ zu sprechen. Damals hat Schmid seiner Mutter nach der Nationalratswahl geschrieben, dass er zu Rene Benko wechseln werde. Kurz sieht sich darin bestätigt, dass nicht alles geplant gewesen sei.

„Ich versteh die Emotion“

Wenn es sein Ziel gewesen wäre, Schmid solle ÖBAG-Chef werden, hätte ich es im Ministerrat einfach beschlossen, so Kurz. „Wir haben es nicht nur nicht beschlossen, sondern haben beschlossen, dass es sogar jemand anderer wird“. Das sei merkwürdig, das passe nicht zusammen, so Kurz. „Ich habe nicht geplant, dass er es wird“, so Kurz – die Initiative sei ja von Schmid selbst ausgegangen, sagt Kurz emotional.

Auf die Emotion bezieht sich Radasztics, als er sagt: „Ich versteh schon die Emotion, aber tu ma nicht kommentieren, wer wie dreinschaut.“

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Chat mit Kurz: „Dich zu haben ist so ein Segen“

Kurz betont, dass er sich „x Gesprächsvorläufe mit Thomas Schmid vorstellen“ kann, in denen er dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium gut zugeredet habe. Schmid habe viel gewollt und sei fachlich auch gut gewesen.

Thomas Schmid 2021
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Archivbild von Thomas Schmid

Der Richter verweist auf einen „Kurier“-Artikel. Damals hat die Journalistin einen Artikel über Schmid als künftigen Chef der Staatsholding geplant. Schmid und Kurz haben sich darüber unterhalten, wie man diesen Artikel ein wenig unterbinden könnte.

Kurz sagt, er habe sich nicht groß daran erinnern können. Die WKStA interpretiere die Chats ganz anders, sagt der Ex-Kanzler. Er sehe in den Chats keine Unterstützung für Schmid. „Ich bin nicht der Pressesprecher vom Kabinettschef des Finanzministers gewesen“, sagt Kurz. Schmid hat an den Ex-Kanzler geschrieben: „Dich zu haben ist so ein Segen.“

„Ich habe vorgeschlagen: Ruf Brandstätter (damals ‚Kurier‘-Chefredakteur) selbst an, oder Löger soll das tun. Ich habe das ja nicht gemacht“, sagt Kurz und verweist darauf, dass Schmid ihn informiert habe, dass das neue ÖBAG-Gesetz noch dauert.

„Ich habe damit gerechnet, dass er es wird“

Kurz erinnert mehrmals daran, dass Schmid Kabinettschef gewesen ist und später auch Generalsekretär im Finanzministerium. „Man hat mich nicht gebraucht. Ich habe die Bestellung nicht verhindert, ich bin nicht reingerätscht“, sagt Kurz. Er habe „damit gerechnet, dass er ÖBAG-Chef wird, aber das habe ich nicht aktiv unterstützt“.

Überraschenderweise betont Kurz bereits zum zweiten Mal, dass Schmid die Ausschreibung für den ÖBAG-Alleinvorstand „manipuliert“ habe. Schmid ist für die Ausschreibung des Postens zuständig gewesen.

Im „Ibiza“-U-Ausschuss ist deutlich geworden, dass Schmid aus dem Erstentwurf der Ausschreibung „internationale Erfahrung“ streichen hat lassen.

Thomas Schmid beim „Ibiza“-U-Ausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer
Archivbild von Thomas Schmid beim „Ibiza“-U-Ausschuss

Kurz unterstellt Schmid Machtstreben

Dem Ex-Kanzler wird nun der Chat vorgehalten, in dem er an Schmid geschrieben hat: „Kriegst eh alles, was du willst.“ Schmids Antwort hat gelautet: Zwei Smileys und „ich bin so glücklich :-))) Ich liebe meinen Kanzler (…).“

„Es gibt keine andere SMS, die zu so vielen Vorverurteilungen geführt hat wie diese“, sagt Kurz und will aufklären: Schmid sei sich damals sicher gewesen, dass er ÖBAG-Alleinvorstand wird. „Es gibt Personen, die Positionen anstreben. Das habe ich oft erlebt. Aber anstatt dass sich diese Personen denken: Ich habe es geschafft – das ist bei Männern der Fall, bei Frauen habe ich das nie erlebt –, denken sie: Wie kann ich noch mächtiger und größer werden?“

Schmid habe die Idee gehabt, wenn er Vorstand der ÖBAG wird, dann könnte er auch Aufsichtsratschef des Verbunds, der Casinos und Co. werden. Das habe er auch dem damaligen Finanzminister Löger unterbreitet. Sein Chat („Kriegst eh alles, was du willst“) sei so gemeint gewesen: „Du kriegst deinen Hals nicht voll.“

„Warum waren dann die Bussi-Smileys dabei?“

Auf die Frage, ob er Schmid zurückhalten habe wollen, sagt Kurz, dass er es für einen „Wahnsinn erachtet“ habe, dass Schmid alles bekommt, was er will. „Er hat es schon verstanden“, sagt Kurz. Der Richter fragt nach, warum bei den Chats dann „die Bussi-Smileys“ dabei gewesen seien. Kurz antwortet etwas ausweichend, dass es damals so gewesen sei. Er schreie seine Mitarbeiter auch nie an, so Kurz sinngemäß.

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„Das war für den mega“

Schmids Antwort („Ich bin so glücklich …“) deute wohl nicht darauf hin, dass er gemeint habe: ‚Krieg den Hals nicht zu voll‘, so Richter Radasztics. Kurz teilt diese Ansicht nicht. „Das war für den mega“, sagt Kurz zu Schmids Karrieresprung. „Es gibt kein Indiz dafür, dass ich wollte, dass er überall Aufsichtsrat wird“, so Kurz.

Mittagspause – Prozess geht um 12.55 Uhr weiter

Die Befragung von Kurz durch den Richter wird nach der Mittagspause weitergehen. Diese dauert knapp eine Stunde.

Es geht bald weiter

Richter Radasztics hat wieder Platz genommen. Die Verhandlung wird in Kürze fortgesetzt.

Ex-Eurofighter-Staatsanwalt leitet Prozess

Richter Radasztics ist justizintern kein Unbekannter. Er hat als Staatsanwalt ursprünglich gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) ermittelt und dann jahrelang die Causa Eurofighter betreut, ehe ihm 2019 dieser Akt entzogen und der WKStA übergeben worden ist.

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Gegen Radasztics ist seinerzeit von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ermittelt worden, weil er in seiner Funktion als Staatsanwalt ein von ihm geführtes prominentes Verfahren abgebrochen, aber nicht eingestellt hat. Wie sich allerdings herausgestellt hat, war dieses Vorgehen behördenintern übliche Praxis und damit rechtens.

Verhandlung wird fortgesetzt

Schmid habe es „möglichst mächtig anlegen“ wollen

Schmid sei sich in dieser Phase sicher gewesen, dass er ÖBAG-Chef werde, so Kurz – und schließt ergänzend bei dem an, was vor der Pause Thema war. Schmid habe es dann aber „möglichst mächtig anlegen“ wollen. Er habe möglichst überall Aufsichtsratschef werden wollen. Schmid, so Kurz, habe das auch herumerzählt, unter anderem ihm – und er, Kurz, sei nicht begeistert gewesen.

„Alle anderen waren dagegen, und er wurde das auch nicht“, so Kurz in Bezug auf eine Nachricht von Bonelli an Löger („Würde das machen, aber ohne, dass Thomas das mitbekommt“).

Kurz: Mache ständig Zusagen

Kurz werden weitere Chats vorgehalten. Es geht um die Bestellung von Aufsichtsräten und darum, dass „Sebastian gerne selbst Entscheidungen trifft“, heißt es im Chatverkehr zwischen dem früheren Generalsekretär Dieter Kandlhofer und Schmid. „Basti sagt gerne Dinge zu“, so Schmid.

Kurz verweist auf die Chatnachrichten, in denen vorkommt, dass er „3.000 Zusagen“ gemacht habe. „Immer wenn an mich herangetreten wurde, wenn es nicht ganz abstrus war, habe ich so reagiert“, sagt Kurz und meint, dass er ständig Zusagen mache. Das bedeute aber nicht, dass die Personen auch die Zusagen erhalten.

„Wenn mir die Aufsichtsratsjobs so wichtig wären, warum gehen dann zwei an die Blauen, zwei an die Roten?“, fragt der Ex-Kanzler. „Ich finde, wie diese Prozesse ablaufen: Es ist viel informelles Brainstorming (…). Wenn ich die volle Macht haben hätte wollen, warum habe ich die ÖBIB (Vorgänger der ÖBAG) überhaupt umgebaut. Das ergibt keinen Sinn."

„Es wird so getan, als würde ich alles zu mir ziehen“

Gemünzt auf die Aussage Schmids, wonach es „in der Republik keine einzige Personalentscheidung gibt, auf die die ÖVP Einfluss nehmen könnte, die nicht als Letztverantwortlicher von Kurz getroffen oder abgesegnet wurde“, sagt Kurz sinngemäß: Wenn er alles entschieden hätte, hätte er seinen Tagesablauf nicht mehr bestreiten können.

Es werde so dargestellt, als habe er, Kurz, alles zu sich ziehen wollen, dabei habe der Regierungschef so viel zu tun, das sei für die Bevölkerung gar nicht überblickbar. „Wir müssen so viele Entscheidungen treffen. Dann glauben zig Personen, sie seien die Besten für den Aufsichtsrat. Glauben Sie, es sei einfach, da dann vier auszuwählen? Dann wird so getan, als würde ich alles zu mir ziehen“, sagt Kurz.

„Wahr oder falsch?“ – Kurz: „Unrichtig“

Auf den Vorwurf von Schmid gegenüber der WKStA, Kurz habe drei der vier Aufsichtsratsmitglieder, die mit einem ÖVP-Ticket im ÖBAG-Gremium gesessen sind, selbst ausgesucht und auch so entschieden, verweist der Ex-Kanzler abermals auf Wolf: Kurz hätte Wolf zum Aufsichtsratschef gemacht, aber Löger habe es nicht gewollt.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP)
ORF.at/Carina Kainz
Archivbild von Hartwig Löger vor dem Untersuchungsausschuss

Der Richter fragt nochmals, ob die Aussage von Schmid stimmt. „Ist sie wahr oder falsch“, fragt er. Kurz antwortet: „Aus meiner Sicht ist sie unrichtig.“ Der Richter wiederholt: „Unrichtig.“

„Er bekämpft den Wolf“

Eine weitere Schmid-Aussage wird besprochen: „Kurz wollte, dass das Nominierungskomitee ausschließlich mit Vertrauten der ÖVP besetzt wird, um so eine seinen Wünschen und Interessen entsprechende Auswahl der Aufsichtsräte gesichert zu haben.“

„Ja klar, ich hab das im Sideletter mit der FPÖ ja so ausverhandelt“, so Kurz. Dann sei das ÖBAG-Gesetz gemacht worden, und dann sei das von ihm (Schmid) immer mehr abgeändert worden, so Kurz. Schmid habe sehr gegen Wolf gekämpft („Wolf wäre mit Schmid Schlitten gefahren“) – Schmid habe keinen starken Aufsichtsratschef wollen („Er bekämpft den Wolf“). Darum sei letztlich ein „Spitalsmanager“ (Helmut Kern, Anm.) befördert worden, den habe dann Schmid als „großartig“ und „stark gefunden“.

Kurz gegen Schmid: „Das lassen Sie sich aufs Aug drücken?“

Bei der Befragung durch den Richter hat sich Kurz auf Schmid eingeschossen. Schmid hat gegenüber der WKStA ausführlich gegen Kurz ausgesagt. Vor Gericht sagt der Ex-Kanzler nun, dass Schmid alles haben wollte. Er habe die Ausschreibung für den ÖBAG-Alleinvorstand „manipuliert“ und sich für einen Aufsichtsrat ausgesprochen, der Schmid quasi gewähren ließ.

Es geht um die Umwandlung der ÖBIB zur ÖBAG. Der Richter fragt dann etwas „volksnah“: „Und das lassen Sie sich aufs Aug drücken?“ Kurz antwortet, dass er vieles nicht gewusst habe. „Der Thomas Schmid hat nicht gegen mich gearbeitet. Er hat einen guten Job gemacht. Aber ja, er hat auch seine eigenen Interessen verfolgt. Als ich Wolf vorschlug, hat er mit seinen Möglichkeiten dagegen gekämpft.“

„Nicht mein Führungsstil“

Löger sei nicht begeistert gewesen, „dass Wolf es werden soll“, so Kurz. Wieso er nicht auf Wolf bestanden habe, fragt Richter Radasztics den Ex-Kanzler. „Weil das nicht mein Führungsstil ist“, so Kurz. Zwischen Löger und ihm habe es eine gute Koexistenz gegeben. In Medien werde es aber „immer so dargestellt, als habe er lauter Lemminge“ zu sich geholt, dabei habe er Löger und andere Minister für deren Expertise geschätzt und dieser vertraut, so Kurz sinngemäß.

ÖVP-FPÖ-Sideletter: „Wollte von Anfang an klären“

Richter Radasztics kommt auf den FPÖ-ÖVP-Sideletter zu sprechen, in dem die Postenbesetzungen aufgeschlüsselt sind. Auf dem Bildschirm im Gerichtssaal sind die unterschiedlichen Postenvereinbarungen zu sehen. „Das war so mit Ihnen und Strache akkordiert?“ Kurz bejaht die Frage.

Archivbild von der Präsentation der türkis-blauen Koalition am 16. Dezember 2017
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Archivbild von der Präsentation der türkis-blauen Koalition am 16. Dezember 2017

„Man versucht das, was vorhersehbar ist, von Anfang an zu klären, dazu zählen auch Posten“, sagt der Ex-Kanzler auf die Frage des Richters, warum es diesen Sideletter gibt. Auch mit den Grünen gibt es eine solche Vereinbarung.

„Null Lust auf Streitereien gehabt“

Er habe sich „extrem geärgert“, dass die FPÖ Druck über die Medien gemacht habe, dass irgendwas aus der Vereinbarung (Sideletter) rausgespielt werde. Richter Radasztics will wissen, wieso das Kurz so aufregt. Kurz erwidert, dass es um „sensible Themen“ (etwa den ORF) gegangen sei.

„Ich hab nie Lust gehabt auf halb fertige Projekte, das macht keinen schlanken Fuß“, so Kurz, es habe einfach „null Lust auf Streitereien gehabt“, so Kurz. Er habe das auch in anderen Koalitionen erlebt, nun könne man sagen, es ist einfach so.

Kurz hat nicht immer alles gewusst

Richter Radasztics liest nun eine Passage aus der Einvernahme von Schmid bei der WKStA vor. Darin geht es um die Vereinbarung zwischen Schmid und dem damaligen FPÖ-Vertrauten Arnold Schiefer. Das Papier hat den Aufsichtsrat bei den staatsnahen Unternehmen behandelt. Es sei damals um einen Abtausch zwischen ÖVP und FPÖ gegangen, sagt der Richter.

Kurz zeigt sich zum Teil unwissend. „Vielleicht war das ja so, ich weiß es nicht. Aber wenn Löger (zuständiger Finanzminister, Anm.) dann was ausmacht, ist das o. k.“, sagt Kurz. Es gebe ja laufend Verhandlungen, so Kurz.

Der Richter weist erneut auf die SMS von Strache an Löger hin, in der dieser sich über eine nicht eingehaltene Vereinbarung echauffiert hat. Diese SMS ist Kurz im U-Ausschuss vorgehalten worden. „Warum redet der Vizekanzler mit Löger und nicht mit mir?“, fragt Kurz und fühlt sich bestätigt, dass er hier keine maßgebliche Rolle spielt.

„Das ist ein Schwachsinn“

Die Staatsanwaltschaft wolle „uns allen weismachen“, es gebe nur zwei Vereinbarungen – aber, so Kurz: „Das ist ein Schwachsinn.“ In Wahrheit habe es viele Vereinbarungen gegeben. 14 Minister, 14 Kabinettschefs, Bereichssprecher, da werde so einiges vereinbart, so Kurz.

Strache sei immer wieder zu ihm gekommen und habe gesagt, dass irgendwas ausgemacht worden sei. Da habe er schon gewusst, dass das mit Vorsicht zu genießen sei, so Kurz sinngemäß – denn oft habe es dann nicht gestimmt.

Kurz will Fragen der WKStA nicht beantworten

Richter Radasztics hat soeben erklärt, Kurz habe angekündigt, die Fragen der WKStA nicht zu beantworten. Das sei sein gutes Recht, so der Richter. Die Verteidigung von Kurz gibt an, mit Fragen abzuwarten.

Am ersten Prozesstag hat die frühere Casinos-Chefin Glatz-Kremsner die Fragen der WKStA ebenfalls nicht beantwortet. Nichtsdestotrotz werden die Fragen gestellt, um sie zu protokollieren.

Zehnminütige Pause

Es geht weiter

WKStA stellt Fragen dennoch

Die WKStA will die Fragen dennoch stellen – obwohl Kurz angekündigt hat, diese nicht beantworten zu wollen.

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
ORF/Roland Winkler

„Über seinen Schatten springen“

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic sagt zu Kurz, dass er vielleicht „über seinen Schatten springen“ könne, was die eine oder andere Frage betrifft.

Kurz-Prozess am Wiener Landesgericht
ORF/Roland Winkler

Keine Anzeichen auf Antworten

Anzeichen macht Kurz keine, Fragen beantworten zu wollen. Auf eine bereits gestellte folgt keine Reaktion. Erst auf Nachfrage („Herr Kurz?“) blickt er kurz in Richtung der Staatsanwälte – er sagt aber nichts. Anwalt Dietrich weist anschließend noch einmal darauf hin, dass sein Mandant keine Fragen beantworten werde.

Kurz redet nun doch und schweigt dann wieder

Die WKStA legt erneut Chats vor. Es geht um die Einladung der künftigen Aufsichtsratsmitglieder der ÖBIB, später ÖBAG. Die WKStA will wissen, warum Kurz Löger den früheren deutschen Minister Guttenberg als Aufsichtsrat vorgeschlagen hat.

Kurz meldet sich dann zu Wort: Die Einladung an die künftigen Aufsichtsratsmitglieder sei vor dessen Vorschlag an Löger ergangen. „Die Entscheidung ist also schon gefallen, und die hat Löger getroffen“, sagte Kurz.

Die WKStA sagt: Die Einladung sei noch keine Entscheidung. „Haben Sie Guttenberg überhaupt vorgeschlagen? Stimmt das?“, fragt Oberstaatsanwalt Adamovic. Kurz schweigt.

WKStA: „Sehr bedauerlich“

Die WKStA findet es „sehr bedauerlich“, dass Kurz nicht auf Fragen der Anklage antwortet. Oberstaatsanwalt Adamovic wird aber vom Richter unterbrochen: „Herr Oberstaatsanwalt bitte.“

Die Verteidigung hat keine Fragen

Die Verteidigung von Kurz hat keine Fragen an Kurz. Sie will aber einen Antrag einbringen. Sie will Schmid als ersten Zeugen laden. Das Gericht werde versuchen, zum ersten Termin im November Schmid als ersten Zeugen zu laden, sagt Richter Radasztics. Die WKStA habe nichts gegen den Antrag, hält Oberstaatsanwalt Koch fest.

Bonelli wird erst am Montag befragt

Richter Radasztics sagt, dass aufgrund der fortgeschrittenen Zeit mit der Befragung von Bonelli erst am Montag fortgesetzt werde. Er fordert die Anwälte auf, ihre Beweisanträge zu stellen.

Weiterer Fahrplan am Montag

Am Montag werden die weiteren Prozesstage verkündet. Die ersten Zeugen könnten mit Schmid dann im Laufe der folgenden Prozesstage allen voran Löger und Gernot Blümel sein.

Einige Zeugen weniger

Wie viele Prozesstage es noch geben wird, ist noch nicht kommuniziert worden – nur so viel: Mit der Diversion für Glatz-Kremsner fallen einige Zeugen weg. Angestrebt wird dem Vernehmen nach ein Urteil noch heuer.

Kurz macht auch den Abschluss

Zum Abschuss ist Kurz noch einmal vor die Presse, vor die verbliebenen Journalistinnen und Journalisten, getreten: Er sei froh, dass er seine Sicht der Dinge vor Gericht habe äußern können. Der Tod von Pilnacek habe ihn betroffen gemacht, man müsse sich bewusst machen, „wie hier teilweise agiert“ werde, so Kurz.

Prozesstag zu Ende: Montag wird Bonelli befragt

Nach der letzten Stellungnahme ist der Prozesstag auch für den ORF.at-Liveticker zu Ende. Am Montag wird der frühere Kabinettschef von Kurz, Bonelli, befragt.