Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Bonelli-Befragung mit Chatvorlesestunde

Heute ist der Prozess gegen den früheren Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) fortgesetzt worden. Der Ex-Kabinettschef von Kurz, Bernhard Bonelli, stellte sich den Fragen des Gerichts, auf Fragen der Anklage blieb er schweigsam. Diese las allerdings zig Chats vor, um diese zu protokollieren. Bonelli wird vorgeworfen, vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss falsch ausgesagt zu haben. Das Verhältnis zu Thomas Schmid ist offensichtlich angespannt gewesen: Er habe Schmid mit „Emotionalität“ verbunden.

Online seit 23. Oktober 2023, 9.00 Uhr
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Dritter Prozesstag startet um 9.30 Uhr

Im Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes wird der Prozess gegen Ex-Kanzler Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussage fortgesetzt. Befragt wird der mitangeklagte Vertraute und Ex-Kabinettschef von Kurz, Bonelli. Der Prozesstag startet um 9.30 Uhr.

Geringerer Andrang

Am dritten Prozesstag mit dem Fokus auf Ex-Kabinettschef Bonelli finden sich vor Beginn deutlich weniger Vertreterinnen und Vertreter der Medien und Publikum im Großen Schwurgerichtssaal ein. Richter Michael Radasztics checkt mit Mitarbeitern derweil die Technik.

Kurz und Bonelli: Eine Fahrt nach Tirol

Bonelli ist von 2017 bis zum Ausscheiden von Kurz aus der Politik im Kabinett des früheren Kanzlers gewesen. Doch die beiden kennen sich schon wesentlich länger. 2005 haben sich die zwei um Stipendien beim Club Alpbach Niederösterreich beworben, um beim Forum Alpbach in Tirol teilnehmen zu können, wie Journalist Klaus Knittelfelder in seinem Buch „Inside Türkis“ schreibt.

Die Stipendien haben sie auch erhalten. „Die zwei einander unbekannten Burschen bildeten eine Fahrgemeinschaft für die rund 400 Kilometer lange Strecke gen Tirol“, so Knittelfelder. Dass Bonelli nicht von Anfang an Kurz’ (seit 2011) politischer Seite gewesen ist, liegt daran, dass er in der Privatwirtschaft tätig war. Erst 2016 hat Kurz Bonelli gefragt, ober Mitglied seines Kabinetts sein möchte.

In „Inside Türkis“ hat Bonelli seine Aufgabe im Umfeld von Kurz folgendermaßen beschrieben: „Ich bin im Grunde genommen dafür zuständig, dass Themen, die dem Kanzler sehr wichtig sind, auch tatsächlich so umgesetzt werden, wie er sich das vorstellt.“

Rückblick auf die ersten beiden Prozesstage

In wenigen Minuten startet der dritte Prozesstag gegen Kurz und Bonelli. Am ersten Tag hat die Hauptangeklagte, Ex-Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner, eine Diversion erreicht. Wenn sie einen bestimmten Geldbetrag zahlt, wird von einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung abgesehen. Glatz-Kremsner wird ebenfalls Falschaussage vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss vorgeworfen. Zudem soll sie bei der Einvernahme rund um die Casinos Austria die Unwahrheit gesagt haben.

Die ehemalige ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremser
ORF/Roland Winkler
Archivbild vom ersten Prozesstag

Am zweiten Prozesstag hat Kurz Stellung zu den Vorwürfen bezogen. Diese hat er vehement zurückgewiesen. Die Anklage habe die Chats und Aussagen falsch interpretiert, so Kurz vor Gericht. Der Ex-Kanzler hat dem früheren ÖBAG-Chef Thomas Schmid auch ein Machtstreben unterstellt. Er habe sich seinen Job schon „selbst gecheckt“, hat Kurz behauptet. Nach Glatz-Kremsner und Kurz wird Bonelli befragt.

Prozesstag startet

Kurz und Bonelli haben den Schwurgerichtssaal betreten. Die Journalisten und Journalistinnen machen die letzten Fotos und müssen den Saal nun verlassen. Kurz wird von Anwalt Otto Dietrich vertreten, Bonelli von Werner Suppan.

Vorwürfe gegen Kurz und Bonelli

Kurz und Bonelli wird von der WKStA vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt.

Nach Ansicht der WKStA hat Kurz seine Rolle bei der Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand und bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Staatsholding heruntergespielt. Zudem habe er auf die Frage nach mit der FPÖ ausgehandelten Postendeals für wichtige Staatsorgane wissentlich falsch ausgesagt.

Auch Bonelli soll laut WKStA hierzu falsche Angaben gemacht haben. Zudem habe er tatsachenwidrig angegeben, nicht zu wissen, wer die Mitglieder des Kabinetts von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ausgesucht hat.

Anklage legt weitere Beweismittel vor

Die Anklage legt zum Auftakt neue Beweismittel vor. Diese seien nicht für den Fall des Beschuldigten Bonelli relevant, betont Staatsanwalt Adamovic vorneweg. Vorgelegt werden eine Anzeige gegen den Industriellen und ÖVP-Großspender Klaus Ortner, Ex-Finanzminister Löger, Kurz und die ÖVP in Zusammenhang mit der von Ortner vorgenommenen Parteispende und in einem möglichen Zusammenhang mit der späteren Verteilung des ÖBAG-Aufsichtsratspostens der Tochter Ortners.

Aus den vorgelegten Beweismitteln ist eine Anzeige an die WKStA erstattet, zunächst aber ohne Ermittlungen weggelegt worden. Die WKStA hat das damals damit begründet: Selbst wenn es einen Zusammenhang geben sollte, wäre der Schritt nicht strafbar. Sie hat auf einen bestimmten Teil des Parteiengesetzes verwiesen. Das sei deshalb von Relevanz, weil sich die Angeklagten auch auf den Aussagenotstand berufen würden.

Weiters werden die Chatverläufe zwischen Kurz, Löger und Bonelli, die medial schon bekannt sind, als Beweismittel vorgelegt.

Dickes Konvolut und USB-Stick

Die Staatsanwaltschaft übergibt Richter Radasztics einen dicken Stapel an Papier und einen USB-Stick. Der Richter kündigt an, sich bis zum nächsten Verhandlungstag einen Überblick zu verschaffen und zu entscheiden, welche Teile in das Verfahren aufgenommen werden.

Kurz-Anwalt will zuerst Einsicht nehmen

Der Anwalt von Kurz, Otto Dietrich, sagt zu Beginn des Prozesses, dass man erst eine Stellungnahme zu den neuen Beweismitteln abgeben werde, wenn man Einsicht genommen hat.

Der Anwalt von Kurz, Otto Dietrich
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Bonelli nimmt auf Anklagebank Platz

Der frühere Kabinettschef von Kurz, Bonelli, hat auf der Anklagebank Platz genommen. Er wird in Kürze als Angeklagter vernommen.

Bonelli bekennt sich nicht schuldig

Bonelli bekennt sich nicht schuldig und beginnt vor der Befragung seine Stellungnahme.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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„Ich bin sehr dankbar“

Er habe sich schon zu Schul- und Studentenzeit politisch engagiert, so Bonelli. Seit 2017 sei er an der Seite von Sebastian Kurz. „Wenn ich diese Chance nicht ergreifen würde, dann würde ich das sehr bereuen“, sagt Bonelli. Bei der Boston Consulting Group, wo er zuvor gearbeitet hat, habe er mehr verdient, er wollte sich die Chance aber nicht entgehen lassen, schildert der Angeklagte.

„Ich bin sehr dankbar für diese Jahre, es sind auch Weiterentwicklungen für dieses Land gelungen“, sagt Bonelli. Er bezeichnet sich als Quereinsteiger in der Politik.

Bonellis Sicht auf die „Message-Control“

Bei den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ 2017 sei er nicht dabei gewesen, da er noch neu im politischen Geschäft gewesen sei – anders als im Fall der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen 2019, so Bonelli. Die Umsetzung des Regierungsprogramms sei seine wesentliche Aufgabe gewesen, dazu die entsprechende Kommunikation, auch nach außen.

Die Arbeit mit der internen Pressestelle sei auch zentraler Teil gewesen. Das sei eher negativ als „Message-Control“ bezeichnet worden, er habe aber damit nur eine sinnvolle Kommunikation angestrebt und die Planung der Regierungstätigkeiten koordinieren wollen.

„Haben gut zusammengearbeitet“

Bonelli führt aus, welche Rolle er im Kabinett von Kurz hatte. „Unser Team hat sehr gut zusammengearbeitet“, sagt der Angeklagt. Der Kanzler selbst habe nicht so viel Zeit gehabt, sich um das Team zu kümmern. Denn wenn ein Problem gelöst worden sei, habe es sofort das nächste gegeben.

„Ding der Unmöglichkeit“

Laut Bonelli sei es schwer vorstellbar, wie viel man als Kabinettschef an einem Tag kommuniziert. Es sei daher kaum möglich, sich an alles zu erinnern, was zwei Wochen vorher mit wem und wann besprochen worden ist. Und im U-Ausschuss seien Ereignisse, die zwei Jahre zurückgelegen sind, nachgefragt worden. Sich daran im Detail zu erinnern „ist ein Ding der Unmöglichkeit“. Dazu sei man mitten im Covid-Lockdown gewesen. Ähnlich wie Kurz betont er, er habe keine Zeit gehabt, sich ordentlich auf die Befragung im U-Ausschuss vorzubereiten.

Bonelli: Tipps von früheren Auskunftspersonen

Bonelli schildert nun, welche Tipps und Ratschläge er von früheren Auskunftspersonen in U-Ausschüssen erhalten hat. Er solle sich kurz halten und ruhig bleiben. Denn die Abgeordneten hätten schon „Blankoanzeigen“ vor sich liegen, wie ihm gesagt worden sei. Der Ex-Kabinettschef habe sich unter Druck gesetzt gefühlt.

Bonelli spricht von „Stricherlliste“

Bonelli betont, im U-Ausschuss hätten Abgeordnete eine „Stricherlliste“ geführt, um zu zählen, wie oft er und andere Zeugen ausgesagt hätten, sie könnten sich nicht erinnern. Diese Aussage sei ihm empfohlen worden, um – sofern er sich nicht genau erinnern habe können – sich nicht in die Gefahr einer falschen Zeugenaussage zu begeben.

„Man hat strafrechtliche Ermittlungen im Kopf“

Der frühere Kabinettschef sagt nun, wohl auch mit Verweis auf einen möglichen Aussagenotstand, dass er während seiner Befragung im U-Ausschuss bereits „strafrechtliche Ermittlungen“ im Hinterkopf gehabt habe.

„Ziemliches Minenfeld“

68 Prozent aller Fragen seien potenziell strafrechtlich relevant gewesen, so Bonelli weiter. Das sei natürlich ein „ziemliches Minenfeld“ für einen Kabinettschef gewesen, so Bonelli. Er betont zudem, er habe sich bereits Sorgen gemacht, wann es wohl bei ihm zu einer Hausdurchsuchung kommen würde. Er habe mit dieser „total realen Angst“ leben müssen.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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„Laufend Fangfragen und Suggestivfragen“

Der frühere Kabinettschef spricht nun über den U-Ausschuss selbst. Die Situation sei belastend, sagt er, und „Auskunftsperson“ ein „Euphemismus“. „Es werden laufend Fangfragen und Suggestivfragen gestellt“, sagt Bonelli zum U-Ausschuss und nennt als Beispiel eine Frage des NEOS-Abgeordneten Helmut Brandstätter. „Es werden lauter falsche Behauptungen in eine Frage eingebunden“, so der Ex-Kabinettschef.

Krisper „herangepirscht“

Bonelli beklagt, dass er von Abgeordneten im U-Ausschuss auch indirekt unter Druck gesetzt worden ist. Die NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper habe sich etwa so weit wie möglich „an mich herangepirscht“, während er sich mit seinem Vertrauensanwalt beraten habe.

Suppan: „Bitte etwas Gnade mit der Schriftführerin“

Bonelli redet sehr schnell. Sein Anwalt, Werner Suppan, meldet sich zu Wort: „Bitte etwas Gnade mit der Schriftführerin.“ Bonelli entschuldigt sich.

Bonellis Anwalt Werner Suppan
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Antworten zu ÖBAG-Aufsichtsrat „objektiv richtig“

Bonelli äußert sich zum ersten Vorwurf der WKStA, wonach der Ex-Kabinettschef auf die Frage, wer den ÖBAG-Aufsichtsrat ausgewählt und bestellt hat, falsch ausgesagt hat. Bonelli sagt, er habe inhaltlich richtig ausgesagt. Die Antworten seien „objektiv richtig“.

Der Angeklagte verweist auf die Befragung von Schmid. Damals habe Schmid auch gesagt, dass der konkrete Bestellungsprozess in den Händen des Finanzministers liege. Das habe er, Bonelli, wenig später auch so gesagt. Im Gegensatz zu Schmid werde aber nur er wegen einer mutmaßlichen falschen Zeugenaussage angeklagt.

Bonelli erklärt sich zur „Wahrnehmung“-Frage

Die konkrete Entscheidung sei vom Finanzministerium gefällt worden, anschließend sei Kurz informiert worden. Diese Aussage müsse richtig sein, so Bonelli. Man könne der Meinung sein, „dass man eine Falschaussage macht, wenn man zu wenig sagt“. Bei einer Nachfrage – ob er eine „Wahrnehmung“ zu Kurz’ Involvierung habe – habe er erst verstanden, worauf der Fragesteller hinausgewollt habe. Er habe sich allerdings auf die formellen Aspekte konzentriert und sich aus Angst vor Strafverfolgung nicht zu möglichen informellen Aspekten äußern wollen.

„Keine Vereinbarung gefunden“

An eine Vereinbarung zwischen Schmid und dem FPÖ-Vertrauten Arnold Schiefer über Aufsichtsratsposten habe er sich nicht erinnern können, sagt Bonelli zum dritten Vorwurf. „Ich habe im Aktenstudium keine Vereinbarung gefunden, wonach Thomas Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand bestellt werden soll.“

Bonelli wirft WKStA falsche Interpretationen vor

Zum vierten Vorwurf, wonach er beim Thema Nachbesetzung des Löger-Kabinetts falsch ausgesagt hat, sagt Bonelli, dass er „Gedanken über das eigene Kabinett im Kopf“ gehabt habe. Der Ex-Kabinettschef suggeriert, dass es ein zeitliches Missverständnis gegeben habe. Das hätte die WKStA auch gesehen, wenn sie es gewollt hätte, aber das hätte nicht in ihr Puzzle gepasst, so Bonelli sinngemäß.

Bonelli fasst seine Erklärung zusammen

Bonelli fasst seine Erklärung folgendermaßen zusammen: Seine Aufgabe sei die einer zentralen Schnittstelle, auch zur Kommunikation nach innen und außen, gewesen. Es sei eine sehr intensive Zeit mit der Koordination der CoV-Pandemie-Maßnahmen gewesen. In der Befragung im U-Ausschuss sei es zu knapp 70 Prozent um mögliche strafrechtlich relevante Fragen gegangen. Er habe immer knapp geantwortet, um sich nicht strafrechtlich zu belasten.

„Freundschaftlich verbunden“

Bonelli schildert seine Beziehung zu Kurz. 2005 habe man sich kennengelernt und sei seither „freundschaftlich verbunden“, so der Ex-Kabinettschef. Kurz ist auch Bonellis Trauzeuge.

Verweis auf Vorschlag zu Zerschlagung der WKStA

Bonelli betont am Ende, sein möglicher einziger Fehler – und „möglicher Grund, dass ich hier sitze“ – sei gewesen, dass er im Februar 2021 (also unter der ÖVP-Grünen-Koalition) ein ÖVP-Positionspapier von seinem Bundeskanzleramts-E-Mail-Account an das Justizministerium geschickt habe.

Darin sei die Zerschlagung der WKStA vorgeschlagen worden. Das sei verständlicherweise auf wenig Gegenliebe im grün geführten Justizministerium und bei der WKStA getroffen, deutet Bonelli indirekt anders gelagerte Motive der WKStA für die Anklage gegen ihn an.

Tonaufnahmen aus U-Ausschuss werden vorgespielt

Richter Radasztics ist an der Reihe

Nach der einleitenden Stellungnahme ist nun Richter Radasztics an der Reihe. Er spielt die erste Tonaufnahme aus dem „Ibiza“-U-Ausschuss vor. Darin geht es um die Befragung durch den damaligen Verfahrensrichter. Als Thema ist die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrats besprochen worden.

Bonelli erklärt, dass er die Frage beantwortet habe. Es sei die Aufgabe des Finanzministers, den Aufsichtsrat auszuwählen und zu bestellen. Das sei inhaltlich auch korrekt, meint der Ex-Kabinettschef.

Nur auf Auswahlkriterien bezogen

Radasztics fragt Bonelli: „Haben Sie die Nachfrage des Abgeordneten (Klaus, Anm.) Fürlinger nur auf den formellen Bestellungsprozess bezogen oder hatten Sie den Verdacht, dass er auf informelle Prozesse hinauswollte?“ Bonelli betont, Fürlinger habe sich sogar nur auf die Auswahlkriterien bezogen, nicht auf den Bestellprozess.

Dokumentensuche im U-Ausschuss

Der Richter spielt die nächste Sequenz ein. Dieses Mal geht es um die Rolle von Kurz bei der Aufsichtsratsbestellung in der ÖBAG. Auf die Frage, ob der Ex-Kanzler „da involviert“ gewesen sei, hat Bonelli im U-Ausschuss gesagt, dass es eine Entscheidung des Finanzministers gewesen ist. Kurz sei anschließend darüber informiert worden.

Auskunftsperson Bernhard Bonelli beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Archivbild von Bonelli beim „Ibiza“-Untersuchungsausschuss

Die Tonaufnahme wird länger laufen gelassen. Nach der Frage ist es im U-Ausschuss zu einer Geschäftsordnungsdebatte gekommen. Es ist zu hören, wie sich die Abgeordneten über die Dokumentennummer austauschen. Sie sind sich nicht sicher, ob das Dokument, das von NEOS vorgelegt worden ist, auch tatsächlich im Akt liegt.

„Wenn man es nicht lesen kann, wird die Beweiskraft enden wollend sein“, sagt der Verfahrensrichter in der Tonaufnahme. Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka fragt öfters nach, worum es genau geht. „Ich kann Ihnen das gerne vorlesen“, sagt NEOS-Mandatar Brandstätter. Die ÖVP-Fraktion antwortet: „Bitte nicht.“

Richter fragt nach Abgrenzung formal – informell

Radasztics versucht herauszufinden, wie Bonelli für sich den formalen Bestellungsprozess von informellen Prozessen abgrenzt. Bonelli wiederholt sich und betont, er habe sich nur auf die formellen Aspekte bezogen und die Frage so verstanden. Wenn seine Antwort nicht ausreichend gewesen sei, hätte der Abgeordnete (Helmut Brandstätter von NEOS, Anm.) nachfragen müssen – bzw. im jetzigen Gerichtsverfahren „Sie, Herr Rat“.

Bonelli: Frage womöglich anders verstanden

Erneut wird ein Ausschnitt aus dem U-Ausschuss vorgespielt. Kai Jan Krainer (SPÖ) fragt, wer die Entscheidungen über das Kabinettspersonal trifft. Bonelli hat im U-Ausschuss gesagt, dass es unterschiedlich sei, manchmal der Kanzler und manchmal der Kabinettschef.

Der Richter will bereits eine Frage stellen, doch Bonelli bittet darum, die Tonaufnahme laufen zu lassen. Auf die nächste SPÖ-Frage, wie es in Kabinetten der anderen Ministerien aussieht, hat Bonelli gesagt: „Das weiß ich nicht.“ In weiterer Folge hat der Ex-Kabinettschef noch auf die Entscheidungshoheit der Minister und Ministerinnen verwiesen.

„Es muss sich bei der Frage um das Jahr 2020 gehandelt haben“, sagt Bonelli. „So wie ich die Frage damals verstanden habe, ging es um die Mitarbeiter im Kabinett. Ich habe das damals nicht gekannt“, so der frühere Kurz-Mitarbeiter.

Erster Auftritt bei einem U-Ausschuss

Der Richter fragt fürs Protokoll nach, ob Bonelli vor seinem U-Ausschuss-Auftritt 2021 schon einmal Zeuge in einem U-Ausschuss gewesen ist. Bonellis Antwort: Nein.

Richter: Oft mit Vertrauensperson beraten

Richter Radasztics erwähnt, dass er sich gestern die gesamte Tonaufnahme von der Bonelli-Befragung angehört habe. Ihm sei aufgefallen, dass sich Bonelli oft mit der Vertrauensperson ausgetauscht habe. Der Ex-Kabinettschef bejaht.

Richter Michael Radasztics
ORF/Roland Winkler

Bonelli: Strafrechtliche Relevanz sehr bewusst

Auf Frage Radasztics’ betont Bonelli, ihm sei sehr klar gewesen, dass die Fragen im U-Ausschuss für ihn strafrechtliche Konsequenzen haben könnten. Daher habe er ja auch so knapp geantwortet.

Richter legt Chats vor: Was heißt „AR“?

Radasztics legt nun Chats, in denen es um den Aufsichtsrat der ÖBAG geht, vor. „Sitzen wegen AR“, heißt es in den Chats. Bonelli fragt den Richter, wie er auf den „Aufsichtsrat“ kommt. Der Richter antwortet: wegen „AR“. Bonelli kontert: „Und das heißt für Sie automatisch Aufsichtsrat?“ „Nein, nicht automatisch“, sagt der Richter. Bonelli verweist dann auf eine „Aufsichtreform“, die er nicht näher ausführt.

„Bonelli hat noch nie richtig verhandelt“

Ein Chat zwischen Schmid und Löger, in dem es vor allem um die Frage geht, ob es zwei oder nur einen (wie von Schmid gewünscht, Anm.) Aufsichtsrat der ÖBAG geben soll, kritisiert Schmid Bonelli. Dieser bestehe laut Löger noch auf zwei Aufsichtsratschefs. Dieser habe noch nie richtig verhandelt, so Schmid in seiner Replik.

Das zeige ihm vor allem den Charakter von Schmid, so Bonelli. Inhaltlich betont er, zum Zeitpunkt des Chats sei er noch nicht formal Kabinettschef gewesen, sehr wohl aber informell und habe da erstmals von den zwischen ÖVP und FPÖ vereinbarten Besetzungsregeln erfahren und versucht, auf diesen zu beharren. Letztlich sei es aber ja ohnehin anders gekommen.

„Muss mich damals über Schmid aufgeregt haben“

Über einen Chat zwischen ihm und Schmid sagt Bonelli, dass er „sich damals über Schmid aufgeregt“ haben muss. Im Chat, in dem es um den ÖBAG-Aufsichtsrat gegangen ist, hat der Ex-Kabinettschef geschrieben, „das mit der ÖBAG ist absoluter Dilettantismus … wieso sagst Du mir nicht, dass morgen dieses konstituierende Gremium ist? Bitte um Rückruf!“ Schmid fragt nach: „Dilettantismus?“

Der Richter fragt, warum er im Chat schreibt, dass er dem Bundeskanzler einen Namen für den Aufsichtsrat vorgeschlagen habe. Er habe sich Gedanken gemacht, sagt Bonelli sinngemäß. Radasztics erinnert den Ex-Kabinettschef daran, dass er selbst angegeben hat, er habe im U-Ausschuss „formal“ geantwortet. Deshalb ist der Richter mit der jetzigen Antwort von Bonelli wenig zufrieden.

Kurze Pause

Es geht weiter

Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Bonelli: Wichtig, dass Kanzler Person kennt

In einem weiteren Chatverlauf zwischen Bonelli und Schmid vom 23. Jänner 2019 sei es im Kontext um das Finden einer Frau für den ÖBAG-Aufsichtsrat gegangen, um die Frauenquote zu erfüllen. Wenn das Finanzministerium ein gutes Gefühl bei der Kandidatin Susanne Höllinger als Aufsichtsratschefin bekomme, werde man einen Termin mit ihr und Kurz ausmachen. Auf die Frage des Richters, warum ein solcher Termin in einer Personalie sei, die laut seinen eigenen Angaben vom Finanzministerium entschieden worden sei, antwortet Bonelli: Weil es wichtig sei, dass der Kanzler so wichtige Personen kenne. Immerhin werde er auch von vielen anderen, etwa aus der Wirtschaft, gefragt, was er von einer solchen Person halte.

Bonelli hat ohne Schmid reden wollen

Der nächste Chat behandelt offenbar einen Postenwunsch für Walter Jöstl, den ehemaligen Vizechef der ÖBIB (Vorgänger der ÖBAG). Bonelli hat an Löger geschrieben, dass sich dieser eine Position für Jöstl überlegen soll. Zudem soll er einen Termin mit Kurz ausmachen, um den Aufsichtsrat „durchzudiskutieren“.

„Würde das aber machen, ohne dass Thomas das mitbekommt“, schreibt Bonelli. Der Angeklagte sagt, dass man das ohne Schmid besprechen hat wollen, da dieser nämlich eigene Interessen gehabt haben soll.

Wechsel im Kabinett: „Proaktiv angesprochen“

In dem Chat an Löger offeriert Bonelli, dass man „gegebenenfalls auch“ über dessen Kabinett sprechen kann. Im U-Ausschuss hat Bonelli gesagt, dass er nicht wisse, wer das Kabinett im Finanzministerium ausgewählt hat. Zudem habe er die Frage von SPÖ-Mandatar Krainer auf einen anderen Zeitraum bezogen, behauptet der Angeklagte.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger
ORF.at/Carina Kainz
Archivbild von Hartwig Löger beim Ibiza Untersuchungsausschuss

Der Richter will nun wissen, warum er Löger anbietet, über das Kabinett zu sprechen. „Es war klar, dass sich Thomas Schmid für den ÖBAG-Vorstand bewerben wird. Es war klar, dass es zeitnah zum Wechsel des Kabinettschefs im Finanzministerium kommen wird. Und deshalb habe ich das proaktiv angesprochen“, sagt Bonelli vor Gericht.

Schmid wollte sich „Einflussbereich sichern“

Schmid habe auch einen Wunsch gehabt, wer ihn als Kabinettschef von Löger nachfolgen soll: Dietmar Schuster. Das behauptet Bonelli mit einem Verweis auf einen Chat zwischen Schmid und Schuster vom März 2019. Der frühere ÖBAG-Chef habe sich so „seinen Einflussbereich im Finanzministerium sichern“ wollen.

Bonelli fragt bei Personalia im Finanzministerium nach

Bonelli betont bezüglich eines Chats, in dem er bei Löger wegen Besetzungen im Kabinett des Finanzministeriums nachgefragt hat, es sei ihm wichtig gewesen, gute Leute nicht an die Privatwirtschaft zu verlieren. Schuster, den Bonelli als Kabinettschef Lögers präferiert hat, hat nicht das Rennen gemacht. Er habe aber einen Posten im Kabinett erhalten. Das sei ihm wichtig gewesen, auch weil er mit Schuster eine gute Kommunikationsbasis gehabt habe.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Frage nach Wolf

Radasztics will nun wissen, was Bonelli über den Wunsch von Kurz über Siegfried Wolf als ÖBAG-Aufsichtsratschef wahrgenommen habe. Bonelli betont, er wisse, dass Kurz Wolf aufgrund seiner Managementqualitäten geschätzt habe. Warum er trotzdem nicht das Rennen gemacht habe? Weil weder Löger noch Schmid Wolf gewollt hätten, so Bonelli.

Radasztics fragt nach Wahl von Kern

Zur Wahl von Helmut Kern als ÖBAG-Aufsichtsratschef meint Bonelli, er habe Löger diesen dann wohl vorgeschlagen. Er habe ihn jedenfalls sehr geschätzt. In einem Chat hatte Bonelli Löger gesagt, Kern sei informiert und warte auf einen Anruf Lögers. Radasztics fragt nach: War Kern Ihre Idee oder kam der Vorschlag von anderer Seite? Bonelli antwortet nicht eindeutig: Er denke, er habe Kern wohl vorgeschlagen.

Bonelli vermittelt zwischen Kern und Schmid

In einem Chat schreibt Bonelli, dass er Kern die Kontaktdaten von Schmid weitergegeben habe. „Helmut Kern hatte Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Deshalb habe ich ihn an den Zuständigen im Finanzministerium geschickt, Thomas Schmid“, sagt Bonelli.

Schmid ist später ÖBAG-Vorstand geworden, Kern ÖBAG-Aufsichtsratschef. Der Aufsichtsrat wählt den Vorstand. Schmid ist zu der Zeit noch Generalsekretär im Finanzministerium gewesen, aber mit der Reform der Staatsholding beauftragt.

Keine konkrete Erinnerung

Zum Chat vom 6. Februar 2019 mit Schmid, „mit ÖBAG ist alles auf Schiene und mit Sebastian abgestimmt“, betont Bonelli auf Frage des Richters: Nein, er habe keine konkrete Erinnerung, ob sich das auf Kern als Aufsichtsratschef beziehe. Ob Kurz sich zustimmend oder ablehnend geäußert habe, beantwortet Bonelli nicht. Er habe Kurz an dem Tag wohl generell über die konstituierende Sitzung der ÖBAG informiert. Kurz, behauptet Bonelli erneut, habe die ganze Causa nicht sehr aktiv verfolgt.

Kandidat für ÖBAG-Aufsichtsrat: „Passt nicht zu Schmid“

Bonelli nimmt das Ruder der Befragung an sich und zitiert aus den Aktenvorlagen. Denn darin geht es neben Kern auch um eine weitere Person, die für den Aufsichtsratschefposten infrage gekommen ist. Schmid habe die Person aber gar nicht gekannt, sagt Bonelli und ergänzt: „Das passt nicht zu Schmid.“

Bonelli zitiert weiter aus den Akten und schildert, dass Schmid dem Kandidaten bereits mitgeteilt haben soll, dass Schmid ÖBAG-Vorstand werden soll. Der angesprochene Kandidat ist nicht Aufsichtsratschef geworden, sondern Kern.

Richter weist Bonelli zurecht

Der Richter weist Bonelli zurecht und betont, er mache ihm die Beweiswürdigung schwierig, wenn dieser nur aus dem Akt vorlese. Davor hat Radasztics bereits die Mittagspause angekündigt, Bonelli aber noch auf ein Einvernahmeprotokoll verweisen wollen. Bonelli kürzt ab und betont, worum es ihm ging: Es zeige die fehlende Professionalität Schmids.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Mittagspause

Die Reihen füllen sich langsam wieder

Im Großen Schwurgerichtssaal füllen sich langsam die Reihen wieder. Der Medienandrang ist am dritten Prozesstag deutlich geringer als bei den Befragungen von Kurz und Glatz-Kremsner. Richter Radasztics wird in wenigen Minuten die Befragung von Bonelli fortführen.

Prozess wird fortgeführt

Richter Radasztics hat die unterbrochene Verhandlung wieder aufgenommen. Auf der Anklagebank sitzt der frühere Kabinettschef von Kurz, Bernhard Bonelli. Ihm wird von der Anklage vorgeworfen, falsch vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss zu den Vorgängen um die ÖBAG ausgesagt zu haben. Am Vormittag hat sich Bonelli „nicht schuldig“ bekannt.

Bonelli: Schmid ist „Player“ gewesen, der mitgespielt hat

„Schmid habe sein eigenes Süppchen gekocht, quasi hinter Ihrem Rücken“, fasst der Richter die Aussagen von Bonelli zusammen. Er fragt den Ex-Kabinettschef, ob er Schmid aber auch als „Player“ gesehen habe, „der da mitspielt“?

Bonelli verweist darauf, dass Schmid selbstverständlich dieser „Player“ gewesen sei, weil er der Zuständige im Finanzministerium gewesen ist.

Kurz hat vorab informiert werden sollen

Als Kabinettschef sei es ihm ein Anliegen gewesen, dass der Kanzler die Mitglieder des ÖBAG-Aufsichtsrats gekannt hat, bevor diese öffentlich kommuniziert worden sind, sagt Bonelli. Nach Ansicht der WKStA soll Kurz seine Rolle bei der Aufsichtsratsbestellung heruntergespielt haben. Bonelli und Kurz haben bisher stets gesagt, dass der Finanzminister für die Auswahl und Bestellung zuständig sei.

Bonelli: Vereinbarungen sind bekanntgewesen

Der Richter fragt nun nach dem Sideletter der Regierung, in dem wichtige Posten zwischen den Koalitionsparteien aufgeteilt worden sind. Bonelli sagt vor Gericht, dass ihm Vereinbarungen zwischen ÖVP und FPÖ bekanntgewesen seien. Die konkrete Ausgestaltung habe er erst über die Medien erfahren.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Die „Schmid-Schiefer-Vereinbarung“ habe er vorher nicht gekannt, sagt Schmid. Es sei nicht ungewöhnlich, dass es Vereinbarungen gebe.

Keine Termine zu ÖBAG-Aufsichtsrat wahrgenommen

Auf die Aussage von Schmid, wonach Kurz in der Aufsichtsratsbestellung „unmittelbar involviert“ gewesen ist, sagt Bonelli, dass er dazu schon ausführlich ausgesagt hat. Er habe keine Termine, wie Schmid in seiner Einvernahme ausgeführt hat, wahrgenommen.

Richter beendet Befragung, WKStA ist dran

Bonelli antwortet auf WKStA-Fragen nicht

Wie angekündigt, antwortet der Angeklagte auf die Fragen der Ankläger nicht. Die WKStA stellt die Fragen trotzdem, um diese auch zu protokollieren. Bonelli sitzt schweigend und zuhörend auf der Anklagebank.

Richter nimmt Frage der WKStA auf

Richter Radasztics nimmt die Frage der WKStA auf. Diese hat Bonelli zu dessen Verhältnis zu Schmid gefragt. Bonelli antwortet zwar nicht der WKStA, aber dem Richter: Es sei manchmal emotional geworden, sagt er. Im konkreten Fall hat es sich um den Aufsichtsrat der ÖBAG gehandelt. Damals ist ein Kandidat abgesprungen. Bonelli hat an Schmid geschrieben, „das mit der ÖBAG ist absoluter Dilettantismus".

WKStA legt Chats über Leinwand vor

Über die Leinwand blendet die WKStA einige Chats von Schmid und weiteren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im ÖVP-Umfeld ein. Auf Fragen der Ankläger antwortet Bonelli allerdings weiter nicht. Zum Prozessauftakt am Mittwoch und am zweiten Prozesstag am Freitag haben Kurz und Glatz-Kremsner die Fragen der WKStA ebenfalls nicht beantwortet.

„Mache das mal ein bisschen größer“

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic fragt Bonelli, ob er von dem Screenshot weiß, den Schmid an Blümel geschickt hat. Im Dokument werden die Posten zwischen ÖVP und FPÖ aufgeteilt. Der Screenshot ist kaum zu erkennen. „Ich mache das mal ein bisschen größer“, sagt Adamovic in Richtung Bonelli. Das hilft aber wenig. Der Angeklagte schweigt weiter.

„Lieber Sigi. Schaffst du die Entscheidung Porsche …“

Die WKStA legt einen Chat vor, in dem Kurz an den Industriellen Siegfried Wolf schreibt: „Lieber Sigi. Schaffst du die Entscheidung Porsche diese oder nächste Woche. Wäre super! Lg.“ Wolf antwortet, dass er sich darum gekümmert hat, es aber noch ein paar Fragen zu klären gebe und er den Finanzminister anrufen werde.

„Schau bitte, ob du das mit Wolfi einfach schnell machen kannst. Und dann gleich unsere Sache auch. Wäre super im Doppelschlag. Lg Sebastian", schreibt der Ex-Kanzler zurück. Kurz hat Wolf als Aufsichtsratschef der ÖBAG vergeblich vorgeschlagen.

Bonelli antwortet auf die Frage, welcher „Doppelschlag“ gemeint sei, nicht.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

„Doppelschlag“: WKStA verweist auf Schmid

Die WKStA legt die Einvernahme von Schmid vor. Der frühere ÖBAG-Chef hat ausgesagt, dass es beim „Doppelschlag“ um Sanktionen gegen Porsche gegangen sei. „Thema war, wenn Wolf das mit Porsche regeln konnte und dort seine Tätigkeit möglich war, dann wäre auch das Optikproblem bei einer Tätigkeit des Aufsichsratsvorsitzenden der ÖBAG vom Tisch. Man hätte argumentieren können, dass wenn selbst ein so großes Unternehmen wie Porsche das akzeptiert, das auch für die ÖBAG akzeptabel wäre“, heißt es wörtlich im Protokoll.

Die Vertreter der WKStA am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Anklage fragt nach Chatinterpretation

Weitere Chats werden vorgelegt. Dieses Mal geht es um den weiteren Kandidaten für den ÖBAG-Aufsichtsratschefposten, den Schmid quasi aus dem Ärmel geschüttelt hat. Die WKStA will wissen, ob es üblich sei, dass man den Aufsichtsrat zu künftigen Bestellungen zurate zieht. Auch hier schweigt Bonelli.

Kurz hört zu

Während Bonelli zu diversen Chats befragt wird, sitzt Ex-Kanzler Kurz seit Stunden auf seinem Platz und hört zu. Seine Befragung hat am Freitag stattgefunden.

Sebastian Kurz am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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„Gab es eine Liste zum ÖBAG-Aufsichtsrat?“

Nach diversen Chats fragt die WKStA, ob es im Bundeskanzleramt eine „Liste zum ÖBAG-Aufsichtsrat“ gegeben hat, die dort betreut worden ist. „Haben Sie diese betreut?“, fragt Oberstaatsanwalt Adamovic.

„Brisanz der Lage sieht er nicht so brisant“

In einem Chat zwischen Schmid und Ex-Finanzminister Blümel über den ÖBAG-Aufsichtsrat wird berichtet, dass sich Kurz „mit den Personen im AR noch nicht sicher“ sei. Der damalige Kanzler habe die „Brisanz der Lage (…) nicht so brisant“ gesehen, zitiert Oberstaatsanwalt Adamovic. Blümel berichtet weiter: „Habe dagegen gewirkt.“

Auf die Frage, worum es in den Chats gegangen ist, schweigt Bonelli.

Staatsanwalt Gregor Adamovic
ORF/Roland Winkler

Chats im Minutentakt

Rund um die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrats hat Schmid zig Nachrichten an Personen geschickt. Die WKStA liest sie einzeln vor und fragt Bonelli nach dessen Interpretation.

Schmid wirft Kurz Einflussnahme bei Posten vor

Die WKStA legt Bonelli wieder eine Aussage von Schmid vor. Der frühere Generalsekretär im Finanzministerium, der den Kronzeugenstatus erlangen will, hat Kurz Einflussnahme bei wichtigen Postenbesetzungen in teilstaatlichen und staatlichen Betrieben vorgeworfen. Die Anklage fragt Bonelli, ob er das so bestätigen könne.

Bonelli hat die Arme verschränkt und hört der Staatsanwaltschaft zu. Neben ihm sind die Akten ausgebreitet. Ab und zu blickt er zu seinem Anwalt, Werner Suppan. Antworten auf die Fragen gibt es aber keine.

Richter: „Darf ich ganz kurz dazwischengrätschen?“

Die Vorlesung der Chats durch die Anklage wird vom Richter unterbrochen. „Darf ich ganz kurz dazwischengrätschen?“, fragt Radasztics in Richtung Oberstaatsanwalt Adamovic. Der Richter will wissen, zu welchem Anklagepunkt die Chats gehören. Adamovic verweist darauf, dass es um die mögliche Falschaussage bezüglich der Aufsichtsratsposten bei der ÖBAG gehe.

WKStA hat keine weiteren Fragen

Verteidigung hat keine weiteren Fragen

Richter stellt ergänzende Fragen an Kurz

Der Richter will den früheren Bundeskanzler noch einmal ergänzend einvernehmen. Bonelli und Kurz müssen Platz tauschen, während der Richter nach einem Chat sucht.

„Hält er dann auch?“ – Richter will mehr über Chat wissen

Es geht um einen Chat zwischen Schmid und Kurz. Kurz fragt in dem Chat, ob Bankmanager Stephan Koren überhaupt wollen würde. „Und hält er dann auch“, heißt es weiter. Schmid antwortet: „Koren würde das sicher machen und auch halten.“

Der Richter fragt Kurz, in welchem Kontext diese Chats geschrieben worden sind. Kurz kann das nicht genau sagen, er müsse recherchieren. Seiner Meinung nach sei Koren für alle möglichen Posten im Gespräch gewesen, sagt der Angeklagte. „Was bedeutet ‚hält er‘?“, fragt der Richter weiter.

Kurz bittet um eine Pause, um zu prüfen, ob Koren während seiner Amtszeit je zur Sprache gekommen ist.

Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Kurze Pause

Koren sitzt im Generalrat der OeNB

Ex-Kanzler Kurz recherchiert, ob Koren unter seiner Amtszeit einen Posten bekleidet hat. Der Bankmanager sitzt seit 2018 im Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank. Vor wenigen Tagen ist sein Mandat verlängert worden.

Hintergrund: Einzelrichter statt Schöffen und Geschworener

Das Strafverfahren gegen Kurz und Bonelli wird von einem Einzelrichter geführt. Das ergibt sich aus dem vorgeworfenen Delikt der Falschaussage. Anders als in einem Verfahren vor einem Schöffen- oder einem Geschworenengericht entscheidet also ein einziger Richter bzw. eine einzige Richterin über Schuld und Strafe.

Laut Strafprozessordnung sind Einzelrichter am Landesgericht vor allem dann zuständig, wenn die Strafdrohung des betreffenden Delikts einerseits ein Jahr Freiheitsstrafe übersteigt und andererseits fünf Jahre Freiheitsstrafe nicht übersteigt. Das trifft auf die falsche Beweisaussage mit einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren zu.

Verhandlung wird fortgesetzt – Kurz und Bonelli nicht da

Der Richter bittet die Angeklagten wieder, im Großen Schwurgerichtssaal Platz zu nehmen. Da Kurz und Bonelli aber nicht auftauchen, geht ein Mitarbeiter hinaus, um sie zu holen.

Kurz und Bonelli betreten den Saal

Nun sind die Angeklagten wieder im Saal. Kurz setzt sich hin und sagt: „Ok.“

Kurz zu Koren: Für OeNB-Generalrat nominiert

„Wir haben den Herrn Koren damals mit Ministerratsbeschluss für den Generalrat nominiert. Soweit ich das recherchieren konnte, sitzt er auch heute noch dort“, sagt Kurz auf die ergänzende Nachfrage des Richters.

Der Ex-Kanzler erörtert auch, wie die Funktionen in der Oesterreichischen Nationalbank ablaufen. Nirgends seien sie so komplex „wie in der OeNB“, sagt er.

Kurz interpretiert Chat anders als Schmid

Der Richter betont, es gehe weniger um die Sache, sondern um die Tonalität. Er verweist auf eine Einschätzung von Schmid in einer Einvernahme, wonach es bei der Chatnachfrage von Kurz „Hält der auch?“ darum gegangen sei, dass Koren auch durchführe, was man ihm vorgebe. Kurz hat mit einer weitschweifigen Antwort entgegnet: Bei Entscheidungen in Gremien, in denen die Kompromissfindung entscheidend sei, sei es wichtig, Personen zu haben, die sich entsprechend verhalten würden.

Anklage beantragt weitere Zeugen

Die Anklage beantragt folgende zusätzliche Zeuginnen und Zeugen: Maria Schmid, damals im Finanzministerium tätig, sowie die Kandidatin für den ÖBAG-Aufsichtsratsposten Christine Catasta, Ex-ÖBAG-Chef Helmut Kern, Unternehmensberater Martin Wagner und der Industrielle Sigfried Wolf, der von Kurz als AR-Chef vorgeschlagen worden ist. Auch Bonellis Vorgänger als Kabinettschef von Kurz, Bernd Brünner, und Günther Helm, der auf einem ÖVP-Ticket in den ÖBAG-AR gekommen sei.

Verteidigung beantragt Ladung des ÖBAG-Aufsichtsrats

Für Kurz beantragt Verteidiger Dietrich, die Mitglieder des damaligen ÖBAG-Aufsichtsrats als Zeugen einzuvernehmen. Sie könnten unter anderem angeben, dass sie nicht von Kurz direkt ausgewählt worden seien.

Unternehmer Siegfried Wolf
APA/Helmut Fohringer
Archivbild von Siegfried Wolf beim Eurofighter-Untersuchungsausschuss

Suppan beantragt keine weiteren Zeugen

Bonellis Verteidiger Suppan kritisiert den Zeugenantrag der Anklage. Er beantragt keine weiteren Zeuginnen oder Zeugen.

Richter behält sich Entscheidung vor

Radasztics will erst nach der Befragung von vier weiteren Zeugen, allen voran Thomas Schmid am 17. November, über die Anträge für weitere Zeugeneinvernahmen entscheiden.

Vorerst vier weitere Verhandlungstermine

Damit gibt es vorerst vier weitere Verhandlungstermine: Am 17. November beginnen die Zeugenbefragungen, als Erster wird wie erwartet Schmid geladen. Weiter soll es dann am 11., 15. und 18. Dezember gehen. Unter anderen werden von Amts wegen die Ex-Minister Löger und Gernot Blümel (ÖVP) geladen.

Dritter Verhandlungstag beendet

Richter Radasztics beendet den dritten Verhandlungstag.

Kleine Überraschung gegen Ende des dritten Tages

Mit deutlich weniger Medien- und Öffentlichkeitsinteresse ist der dritte Verhandlungstag abgelaufen. Weiter geht es nun am 17. November mit der Befragung von Thomas Schmid. Der eher programmgemäß abgelaufene Verhandlungstag hat erst knapp vor Ende mit einer Überraschung aufwarten lassen: Richter Radasztics hat Kurz – für diesen sichtlich unerwartet – zu einer Nachfrage zum zweiten Verhandlungstag in den Zeugenstand gerufen. Der schütter besetzte Große Schwurgerichtssaal leerte sich kurz nach 15.00 Uhr rasch.

Bernhard Bonelli am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Journalisten warten noch auf Statements

Nach dem Prozess warten die anwesenden Journalisten und Journalistinnen noch auf Statements.

Suppan: Mit „zweierlei Maß gemessen“

Nach der Verhandlung tritt Bonellis Verteidiger, Werner Suppan, vor die Medien. Die WKStA messe mit „zweierlei Maß“, sagt Suppen. Denn wie Bonelli während der Einvernahme dargelegt hat, habe sein Mandant die Frage über den ÖBAG-Aufsichtsrat gleich beantwortet wie der frühere ÖBAG-Vorstand Schmid. Dennoch werde Schmid nicht wegen Falschaussage von der WKStA verfolgt, so Suppan sinngemäß.

Bonellis Verteidiger, Werner Suppan
ORF/Roland Winkler

Im November geht es weiter

Am 17. November geht der Prozess gegen Kurz und Bonelli weiter. Dann soll Schmid als Zeuge einvernommen werden. ORF.at verabschiedet sich für heute mit dem Liveticker.