Besprechung des Gerichts am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler
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Lange Schmid-Befragung endet mit Vertagung

Am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist der frühere Chef der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, als Zeuge befragt worden. Schmid bekräftigte seine Vorwürfe gegen Kurz, die Verteidigung des Ex-Kanzlers rüttelte hingegen an dessen Glaubwürdigkeit. Nach neun Stunden wurde die Verhandlung vertagt. Schmid wird nochmals befragt.

Online seit 11. Dezember 2023, 9.02 Uhr
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Befragung beginnt um 9.30 Uhr

Die ersten Journalisten und Journalistinnen sind bereits im Verhandlungssaal des Wiener Straflandesgerichts eingetroffen. Die Befragung von Thomas Schmid wird um 9.30 Uhr beginnen.

Ex-Eurofighter-Staatsanwalt leitet Prozess

Den Prozess leitet Einzelrichter Michael Radasztics. Dieser ist justizintern kein Unbekannter. Radasztics hat als Staatsanwalt ursprünglich gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) ermittelt und dann jahrelang die Causa Eurofighter betreut, ehe ihm 2019 dieser Akt entzogen und der WKStA übergeben worden ist.

Radasztics wird als Einzelrichter die Stichhaltigkeit der Anklage der WKStA gegen Kurz und Bernhard Bonelli zu beurteilen haben. Dass er den Strafantrag auf den Schreibtisch bekommen hat, ist dem computergesteuerten Aktenverteilungssystem am Wiener Landesgericht geschuldet.

Richter, Anklage und Verteidigung im Saal

Richter Radasztics, Staatsanwalt Gregor Adamovic und Teile der Verteidigung von Kurz und Bonelli haben den Saal betreten. Die große Leinwand an der Vorderseite ist allerdings noch blau. Hier werden während der Befragung diverse Aussagen und Chats der Angeklagten und der Zeugen zu sehen sein.

Otto Dietrich verteidigt Kurz

Ex-Kanzler Kurz lässt sich im Prozess von Rechtsanwalt Otto Dietrich vertreten. Dietrich ist in der Vergangenheit in mehrere medienwirksame Prozesse involviert gewesen. So hat er etwa den früheren Ex-Immofinanz-Vorstandschef Karl Petrikovic, den ehemaligen Vorstand der Telekom Austria, Rudolf Fischer, und Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin verteidigt.

Rechtsanwalt Otto Dietrich
ORF/Roland WInkler

Richter eröffnet die Verhandlung

Richter Radasztics hat die Verhandlung eröffnet. Er bittet die Angeklagten Kurz und Bonelli in den Saal.

Dietrich meldet sich zu Wort

Der Richter verliest Formales, darunter die Beilagen zum Akt. Kurz-Verteidiger Dietrich meldet sich zu Wort und moniert, dass Chats vorgelegt wurden, die nicht im Akt sind.

Chats müssten vollständig und chronologisch geordnet sein, nicht aus dem Zusammenhang gerissen, so Dietrich. Dietrich beantragt, bei allfälligen Vorlagen prozesskonform vorzugehen, und beruft sich auf ein Urteil der Datenschutzbehörde.

Richter will später prüfen, Dietrich ist nicht zufrieden

Nach den Ausführungen von Dietrich sagt Radasztics, dass die WKStA die Anträge, die sie schriftlich eingebracht hat, noch nicht mündlich eingebracht hat. Er werde den Antrag von Dietrich später prüfen, so der Vorsitzende Richter in Richtung Dietrich.

Der Verteidiger von Kurz ist damit nicht zufrieden. Er möchte nicht, dass die Aussagen von Schmid, die er vor der WKStA vor gut einem Jahr getätigt hat, im Prozess verlesen werden. Das würde den Rechten seines Mandanten widersprechen.

WKStA verweist auf Chatverlesung durch Kurz

WKStA verteidigt ihr Vorgehen und verweist darauf, dass Kurz selbst am letzten Verhandlungstag Chats vorgelesen hat. Staatsanwalt Adamovic spricht von „Nebenschauplätzen“ und kann die Begründung von Dietrich nicht nachvollziehen. „Die WKStA ist dazu berufen, Beweismittelvorlesungen zu machen“, sagt er.

Es geht derzeit um die Frage, ob die Aussagen von Schmid im Prozess verlesen werden sollen. Die Verteidigung von Kurz will das verhindern, die WKStA spricht sich für die Verlesung aus. Der Richter hält sich noch zurück. Schmid selbst ist noch nicht da.

Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli
ORF/Roland Winkler

Richter beendet Debatte

Richter Radasztics betont, dass er Schmid ohnehin nicht fragen wollte, ob er bei seinen früheren Aussagen bleibt.

Thomas Schmid tritt ein

Zeuge Thomas Schmid ist nun da. Er nimmt Platz.

Schmid dreht Mikrofone auf

Der Richter bittet Schmid, die Mikrofone aufzudrehen. „So, versteht man mich?“, fragt der frühere ÖBAG-Chef. Radasztics fragt nach seinen Personaldaten. „Herr Schmid, Sie stehen als Zeuge unter Wahrheitspflicht“, so der Richter.

Schmid soll beruflichen Werdegang schildern

Der Zeuge schildert auf Bitte des Richters seinen beruflichen Werdegang. Er habe Politikwissenschaften studiert und habe nach mehreren beruflichen Stationen im In- und Ausland im Klub der ÖVP begonnen. Später ist er Generalsekretär im Finanzministerium gewesen und anschließend ÖBAG-Chef.

„Den Herrn Kurz habe ich kennengelernt beim Herrn Spindelegger, wie dieser Außenminister war“, sagt Schmid. Als Kurz dann Staatssekretär wurde, habe er ihn besser kennengelernt. „Es hat sich eine gute Beziehung aufgebaut, man hat sich vertraut“, so der Ex-Vertraute von Kurz.

„Schauen Sie, das mit den Freundschaften ist so eine Sache“

Auf die Frage des Richters, ob es sich um eine Freundschaft mit Kurz gehandelt habe, sagt Schmid: „Schauen Sie, das mit den Freundschaften und Bekanntschaften ist so eine Sache.“

Er habe aber ein gutes Verhältnis zum Ex-Kanzler gehabt. Heute habe er mit Kurz nichts mehr zu tun, sagt Schmid. Er habe einen Neustart gewagt und mit dem Team von Kurz abgeschlossen.

Schmid war „Dreh- und Angelpunkt im BMF“

Schmid bezeichnet sich als „Dreh- und Angelpunkt im BMF“ (Finanzministerium, Anm.). Den Mitangeklagten, Ex-Kabinettschef Bonelli, habe er 2017 kennengelernt. Die Zusammenarbeit sei gut gewesen, so der Zeuge weiter.

Richter fragt zu ÖBAG

Der Richter will Näheres zur ÖBAG wissen: ob Schmid 2017 eine bestimmte Rolle gehabt habe, ob er mitverhandelt habe? Schmid will ausholen: Man habe die Regierungsverhandlungen vorbereitet und Analysepapiere ausgearbeitet.

Seine konkrete Aufgabe sei gewesen, einen Kassasturz über den aktuellen budgetären Stand zu machen. Er sei in verschiedene Gesprächsrunden eingeladen worden, dazwischen habe es auch Clusterverhandlungen gegeben.

Schmid skizziert Hintergründe der ÖBIB

Welche Gründe habe es für eine neue Struktur gegeben, fragt der Richter. Die damals bestehende der ÖBIB sei nicht sehr stark gewesen, weil es Weisungen aus dem Ministerium gebraucht habe, sagt Schmid. Es habe auch keine Möglichkeit gegeben, in die Aufsichtsräte zu entsenden, sondern nur über ein eigenes Gremium.

Kurz an Staatsbeteiligungen sehr interessiert

Dass die Struktur geändert werden sollte, sei die Ansicht von Experten und auch politischer Wunsch gewesen, so Schmid. Kurz habe sich für Staatsbeteiligungen interessiert, das sei ja grundsätzlich etwas Gutes, „das ist ja was G’scheites“. Er habe das als positiv empfunden, und daher seien auch seine Verve und seine Energie gekommen.

Und ja, der Job habe ihn interessiert, daher habe er sich bei dem Projekt viel mehr eingebracht als bei anderen Projekten. Es sei auch von Anfang an klar gewesen, dass es eine Aktiengesellschaft werden sollte. Kurz habe zur Struktur eine eindeutige Meinung gehabt.

„Sehr, sehr intensive“ Debatte mit Kurz und Bonelli

Es habe schon 2017 eine Arbeitsgruppe zu den Staatsbeteiligungen gegeben, die Mitglieder hätten sich immer wieder getroffen und verhandelt und ein Gesetz ausgearbeitet. Geredet worden sei unter anderem darüber, wer in den Aufsichtsrat kommen soll. Er habe mit Kurz und Bonelli geredet, es sei „sehr, sehr intensiv“ verhandelt worden.

So wie Kurz seine Regierung aufgestellt habe, sei es „unmöglich“ gewesen, dass jemand an Kurz vorbei in die ÖBAG kommt. Es sei alles eine sehr gute und abgestimmte Zusammenarbeit gewesen, sagt Schmid.

Schmid zu Aufsichtsrat: Kurz hatte Vetorecht

„Es ging um beides“, sagt Schmid auf die Frage des Richters, ob man sich über den ÖBAG-Aufsichtsrat und über weitere Gesellschaften abgestimmt habe. „Abstimmen bedeutet: Das Finanzministerium ist in der Hierarchie sehr weit oben, aber das Bundeskanzleramt steht noch weiter oben“, sagt er. Unter Kurz sei das „Abstimmen aber einem Vetorecht gleichgekommen“.

Konkret muss der Finanzminister den ÖBAG-Aufsichtsrat besetzen. Kurz und sein Team haben gesagt, dass der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) das auch so gemacht habe. Schmid betont nun, dass Kurz quasi ein Vetorecht gehabt habe.

Schmid entging geschickt den Kameras

Schmid hat es offenbar geschafft, den Kameras der zahlreichen wartenden Fotografen und Kameraleute auszuweichen – bisher gibt es kein Bild vom heutigen Prozesstag von ihm.

Thomas Schmid 2021
picturedesk.com/Verlagsgruppe News/Trend/Wolfgang Wolak
Archivbild von Thomas Schmid aus 2021

„Ich war ein enger Vertrauter“

Schmid äußert sich detailliert zur Staatsholding ÖBAG. Er habe gerne mitgearbeitet, sagt der Zeuge. Er bestätigt seine frühere Aussage, wonach Kurz ihn in der Staatsholding gesehen habe. Nach der Reform der Staatsholding ist Schmid ÖBAG-Vorstand geworden.

Das Interesse sei da gewesen, und es habe auch „Sinn gehabt“, so Schmid. „Ich war ein enger Vertrauter, und wenn ich dort sitze, dann kann er diese Unternehmen entsprechend weiterentwickeln.“

„Es war klar, dass ich der Kandidat von ihm bin“

Über die Fortschritte der Reform der Staatsholding habe er Kurz „immer wieder informiert“, sagt Schmid und ergänzt mit Blick auf seinen späteren ÖBAG-Posten: „Es war klar, dass ich der Kandidat von ihm bin.“

In der Politik wisse man aber nie, ob man etwas wird oder nicht, betont der Zeuge. „Bei mir war es aber so, dass ich die Unterstützung von Kurz hatte. Ich war mir sicher, er will mich dort auch sehen.“

Es sei kein „Lieber Sebastian Kurz, ich werde mich jetzt dort bewerben“ gewesen, sagt der Zeuge weiter. Ihm sei klar gewesen, dass er auf den Ex-Kanzler bauen könne.

„Benko war Plan B“

Der Richter will wissen, wie real Schmids Absicht war, zu Rene Benkos Signa-Komplex zu wechseln. „Benko war Plan B“, sagt der Zeuge, es sei ja nicht klar gewesen, was sich so ergebe. Er sei auch sehr geschmeichelt gewesen, dass Benko an ihm interessiert gewesen sei.

Als aber klar geworden sei, dass die ÖBAG-Pläne aufgehen, habe auch Benko zu ihm gesagt, dass Schmid wohl sicher zur ÖBAG gehen werde. Kurz habe jedenfalls von den Gesprächen mit Benko gewusst, sagt der Zeuge.

Schmid: ÖBAG-Gesetz mit Kurz-Team abgestimmt

Auf die Frage des Richters, wie die Reform der Staatsholding abgelaufen sei, sagt der Zeuge, dass das ganze ÖBAG-Gesetz mit dem Team von Kurz abgestimmt worden sei.

Schmid hat Sideletter-Bestimmungen auf seinem Handy notiert

Schmid hat laut Aussage einzelne Bestimmungen des Sideletters gekannt, er habe ihn aber physisch nicht gesehen. Die FPÖ habe darauf bestanden, dass alles verschriftlicht werde.

Zur Aufteilung ein Drittel – zwei Drittel sagt Schmid sinngemäß, das sei ja logisch bei Regierungspartnern. Der damalige Finanzminister Hartwig Löger sei davon ausgegangen, dass das auch für die ÖBAG gelte.

Die Gespräche mit Arnold Schiefer seien meist in einem Cafe abgelaufen, er habe sich auf seinem Handy Notizen gemacht.

„Ich wollte schon Einzelvorstand werden“

Dass Schmid am Ende Alleinvorstand der ÖBAG geworden ist, habe ihn nicht gestört. „Ich wollte schon Einzelvorstand werden“, sagt der Zeuge auf eine entsprechende Frage des Richters. Kurz selbst hat in seiner Befragung Schmid ein Machtstreben unterstellt.

Schmid: Wurde in das Kanzleramt zitiert

Als er mit Schiefer den Sideletter-Entwurf über die Personalentscheidungen unter der ÖVP-FPÖ-Regierung fertiggestellt hat, sei er in das Bundeskanzleramt zitiert worden, wo er den Entwurf vorstellen habe müssen, sagt Schmid.

Im Kanzleramt habe es unter anderem geheißen, dass man Betriebsräte im ÖBAG-Aufsichtsrat nicht haben wollte, so der Zeuge weiter. Schmid hat zuvor gesagt, dass Betriebsräte wichtig für die Staatsholding seien.

Kurz und Bonelli lauschen Schmids Ausführungen

Während Schmid recht ausführlich die Fragen des Richters beantwortet, sitzen die Angeklagten Kurz und Bonelli ruhig da und lauschen dessen Ausführungen.

Wäre Siegfried Wolf mit Schmid „Schlitten gefahren“?

Angesprochen auf die Bestrebungen, den Industriellen Siegfried Wolf zum ÖBAG-Aufsichtsratschef zu bestellen, sagt Schmid, dass die Russland-Sanktionen ein Hindernis gewesen seien. Zudem habe es Fragen bezüglich Wolfs Engagements bei Porsche gegeben.

Schmid sagt, er habe sich gegen Wolf ausgesprochen, Kurz habe Sympathien gezeigt. „Ich habe Sigi Wolf auch anders kennengelernt, und das wäre nicht so toll gewesen, wenn er mein Chef wird“, so der Zeuge.

Der Richter erinnert daran, dass Kurz in der Befragung gemeint habe, dass Wolf mit Schmid „Schlitten gefahren“ wäre. Schmid bestätigt das: „Ja, das kann schon sein, aber wohin wäre er mit mir gefahren?“

Schmid: Löger wollte anderen Aufsichtsratschef

Nachdem bereits eine mögliche Kandidatin für den Aufsichtsratsposten abgesprungen sei, habe Finanzminister Löger einen anderen Favoriten gehabt. Doch das Bundeskanzleramt unter Kurz habe sich gegen den Kandidaten gestellt, sagt Schmid.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger
ORF.at/Carina Kainz
Archibild vom ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger beim Ibizia U-Ausschuss

„Es war klar, dass ein Vorschlag kommen wird“

Die Debatten über den ÖBAG-Aufsichtsratschef, den eigentlich der Finanzminister im Namen der Republik bestimmen soll, seien „emotional“ gewesen. Nachdem Löger seinen Kandidaten nicht habe durchsetzen können, „war klar, dass ein Vorschlag aus dem Kanzleramt kommen wird“, so Schmid. Dem sei dann so gewesen.

„Der Vorschlag von Kurz und Bonelli hieß Helmut Kern“, sagt Schmid. Unter Kanzler Kurz habe „Abstimmen“ geheißen: „Wir wollen nicht nur informiert werden, wir wollen mitentscheiden“, so der Zeuge. „Es wäre aber auch komisch gewesen, wenn sie da nichts mitzureden haben. Es sind wichtige Personalfragen. Sie wollten nicht nur informiert sein, sondern mitreden.“

Wichtiger Zeuge in Causa Kurz

Schmid steht im Zentrum des Kurz-Prozesses: Einerseits geht es um seine Bestellung zum Vorstand der Staatsholding ÖBAG, zum anderen hat sich Schmid der Anklage als Kronzeuge angeboten und mit Vorwürfen gegen Kurz aufgewartet.

„Hat mich nicht gewundert, aber verärgert“

Dass das Kanzleramt unter Kurz bei wichtigen Personalentscheidungen, die gesetzlich in die Hände des Finanzministers fallen, mitreden wolle, „hat mich nicht gewundert, aber verärgert“, sagt Schmid. Man sei mit Vorschlägen gekommen und am Ende wieder „zurückgepfiffen“ worden.

Kurze Pause

Richter Radasztics lässt die Anwesenden kurz pausieren.

Verhandlung wird fortgesetzt

Die Befragung von Schmid im Prozess gegen Kurz und Bonelli wird fortgesetzt.

Thomas Schmid am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

„Cooler Deal für ÖVP“

Nach der Pause geht der Richter mit dem Zeugen nun diverse Chats durch, in denen über die ÖBAG geschrieben wird. So etwa eine Nachricht von Schmid an Kurz, in der es um die Postenforderungen der FPÖ geht. „Cooler Deal für ÖVP“, hat Schmid geschrieben.

Schmid erklärt, dass es für die FPÖ kein Thema gewesen sei, dass die ÖBAG im Finanzministerium bleibt. „Sie, die FPÖ, hat nichts dagegen“, fasst der Zeuge seinen Chat zusammen.

Schmid distanziert sich von Kurz

Der ehemalige Finanzgeneralsekretär Schmid wird im Prozess gegen Ex-Kanzler Kurz (ÖVP) wegen des Vorwurfs der Falschaussage im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss als Zeuge befragt. Kurz wird vorgeworfen, seine Rolle bei der Besetzung der Staatsholding ÖBAG und das Verhältnis zu Schmid kleingeredet zu haben. Schmid distanziert sich gleich zu Beginn der Verhandlung von Kurz und widerspricht dessen Aussagen.

Richter legt ÖBAG-Entwurf vor

Schmid beschreibt nun die Reform der Staatsholding. Der Richter legt einen ÖBAG-Entwurf vor und fragt nach, warum der ÖBAG-Vorstand den Aufsichtsräten anderer Gesellschaften vorsitzt. „Der Vorsitz ist nicht wichtig, aber die Staatsholding muss das Wissen über die Beteiligungen haben. Das hat sie, wenn sie in den Aufsichtsräten sitzt“, so Schmid.

Schmid ist als Vorstand der ÖBAG in mehreren Aufsichtsräten jener Gesellschaften gesessen, an denen die Republik beteiligt ist. Angesprochen auf die Zahl der ÖBAG-Aufsichtsratsmitglieder (neun insgesamt), sagt der frühere Finanzgeneralsekretär, dass Fachleute einen kleinen Aufsichtsrat empfohlen hätten. Sechs Mitglieder waren Kapitalvertreter, drei sind aus dem Betriebsrat gekommen.

Schmid über Blümel: „Engstes Verhältnis“

Mit dem früheren Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe er das „engste Verhältnis“ gehabt, sagt Schmid. Das liege daran, dass Blümel auch die Koordinierung für die ÖVP innegehabt habe. Der Richter fragt nach der „persönlichen Ebene“. Schmid sagt, dass es „hart, aber lustig“ gewesen sei. Aber auch mit Blümel habe er heute keinen Kontakt mehr, so Schmid.

Neue Minister, neue Pläne: „Ich wollte zur ÖBAG“

Schon bevor die Reform der Staatsholding fixiert gewesen ist, hat Schmid seinem Gegenüber bei der FPÖ, Arnold Schiefer, schriftlich mitgeteilt, dass er „möglichst schnell“ zur ÖBIB (später ÖBAG, Anm.) wolle, aber „Sebastian will dass ich noch bleibe“, hae Schmid im Dezember 2017 geschrieben. „Ich wollte zur ÖBAG“, stellt Schmid klar.

Schmid gegen Beteiligung in Bundeskanzleramt

In einem Chat an Kurz hat Schmid geschrieben, dass die Beteiligungen im Finanzministerium bleiben sollen. „Ins BKA – bitte erst wenn neu aufgesetzt“, so Schmid in der Nachricht. „Die Staatsbeteiligungen gehören in das Finanzministerium“, bekräftigt der Zeuge seine Meinung von damals.

„Wir haben eine sehr raue Sprache gepflegt“

Angesprochen auf die Chatsätze „Ich stürze mich in die Donau und du bist schuld“ und „einem die Eier abgeschnitten“ sagt Schmid, dass man „eine sehr raue Sprache gepflegt“ habe. In den Nachrichten ist es um die Reform der Staatsholding gegangen. Das Gesetz habe man schnell umsetzen wollen, so Schmid sinngemäß.

Schmid: Große Lösung war nicht gewünscht

Eine ganz große Staatsholding mit allen Beteiligungen unter einem Dach wäre sehr mühsam zu verhandeln gewesen, so Schmid, und von relevanten Stellen auch nicht gewollt gewesen, so Schmid, gefragt nach entsprechenden Chatunterhaltungen mit Blümel.

Der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel
ORF.at/Carina Kainz
Archivbild des ehemaligen Finanzministers Gernot Blümel beim „Ibiza“-U-Ausschuss

ÖBAG stand auf der Kippe

Offenbar ist die ÖBAG mehrfach auf der Kippe gestanden, ergibt sich aus verschiedenen Chats, die der Richter Schmid vorlegt. So schreibt Blümel im August 2018 an Schmid, dass er ihm „deine ÖBIB“ gerettet habe. Es sei allgemein bekannt gewesen, dass er das Projekt aus dem Finanzministerium unterstützt habe, so Schmid.

Mit Schiefer „direkt befetzt“

Mit ÖBB-Vorstand Arnold Schiefer, der für die FPÖ verhandelt hat, habe er grundsätzlich „sehr, sehr gut“ zusammengearbeitet, aber man sei schon auch aneinandergeraten, so der Zeuge.

Er habe einen sehr, sehr offenen Kanal zu Schiefer gepflegt, man habe sich auch „direkt befetzt“, so Schmid, befragt nach einigen harschen Nachrichten. Schiefer sei in den Verhandlungen immer um Ausgleich für seine Seite bemüht gewesen.

„Es wurde immer über Arbeit gesprochen“

Es sei bei gemeinsamen Treffen immer über die Arbeit und damit die Politik gesprochen worden, auch bei Wanderungen, so Schmid. Man dürfe nicht vergessen, dass man 16 oder 17 Stunden am Tag gearbeitet habe, das Politische habe damit auch das Private mitbestimmt.

Angst vor hohen Kosten

„Kurz scheißt sich voll an, (…), ÖBAG voll teuer“, schreibt Schmid an seine Mitarbeiterin Melanie Laure. Diese antwortet: „Dann soll er nicht SW (gemeint ist Wolf, Anm.) zum Aufsichtsrat machen.“ Die Kosten seien durchaus ein Thema gewesen, so Schmid, danach befragt, ob das Team um Kurz keine große Verstaatlichtenagentur haben wollte.

Schmid interpretiert „Du Aufsichtsratssammler“ positiv

Dem früheren Finanzgeneralsekretär wird nun jener Chat vorgelegt, in dem er von Kurz als „Aufsichtsratssammler“ bezeichnet wird. „Es ist positiv gewesen, unterstützend“, interpretiert Schmid die Nachricht des früheren Kanzlers.

„Kriegst eh alles was du willst“: Schmid widerspricht Kurz

Schmid nimmt die Nachricht von Kurz, „Kriegst eh alles was du willst“, anders wahr als der frühere Bundeskanzler. Kurz hat in seiner Befragung die Nachricht im Sinne von „Du kriegst deinen Hals nicht voll“ gedeutet. Schmid widerspricht dem, denn Kurz habe „es getaugt, was wir gemacht haben“. Die Nachricht habe er als Bestätigung seiner Arbeit verstanden, so Schmid.

Richter legt für alle Mittagspause fest

Richter Radasztics hat seine Befragung zwar noch nicht beendet, allerdings legt er nun für alle Anwesenden eine Mittagspause fest. Die Verhandlung soll um 13.15 Uhr weitergehen.

Richter Michael Radasztics
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Die Pause ist vorbei

Die Verhandlung geht weiter.

Schmid: Kein Weiterkommen ohne Unterstützung von Kurz

Der Richter fragt Schmid nach einer Nachricht von Schmid an Kurz vom März 2019 mit einem Dank für „die Chance“ an Kurz und den Worten „Es taugt mir in deinem Team sein zu dürfen“. Ohne Kurz’ Backing hätte er die Funktion in der ÖBAG nicht bekommen, erklärt Schmid die Nachricht. Dass er Vorstand der ÖBAG werden konnte, dafür habe er sich bedanken wollen.

Thomas Schmid am Wiener Landesgericht für Strafsachen
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Hätte er sich ohne die Unterstützung nicht beworben? Wenn man sich für einen Posten in der Spitzenverwaltung bewirbt, brauche man immer Unterstützung. Er sei von Anfang an von Kurz unterstützt worden, wiederholt Schmid.

Berichterstattung über Aufsichtsräte hat „furchtbar“ aufgeregt

In einer Kommunikation mit Bernhard Perner, damals Referent im Finanzministerium und später unter anderem einst Manager in der ÖBAG und später Geschäftsführer der Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG), schreibt Schmid, dass man zu den Aufsichtsräten sitze und die Zeit knapp werde. Er sei da unter anderen mit Bonelli zusammengesessen, so Schmid auf Nachfrage des Richters.

Die Bestellungen der Aufsichtsräte seien dann auch immer wieder Thema in den Medien gewesen, das habe intern „furchtbar“ aufgeregt, sagt Schmid. Offenbar sei da auch ein persönlicher Profilierungsversuch der Betreffenden unterstellt worden.

Pierer war für Kurz keine Option

KTM-Chef Stefan Pierer sei für Kurz „unmöglich“ als Aufsichtsrat der ÖBAG gewesen: Das zumindest antwortet er gemäß Chats auf einen Vorschlag von Schmid. Pierer sei ein erfahrener Unternehmer mit dem Hintergrund der Industriellenvereinigung, daher habe er ihn vorgeschlagen, sagt der Zeuge vor Gericht. Aber es sei klar gewesen, wenn Kurz das ablehne, dann werde das nicht umgesetzt, so Schmid.

Wolf war lange Zeit Kandidat für Aufsichtsratschef

Im Jänner 2019 war das Thema Aufsichtsratschef für die ÖBAG noch immer nicht geklärt – Finanzminister Löger wollte sich laut Chats von Schmid mit Laure unter anderem dazu mit Wolf im Schwarzen Kameel treffen. Es habe im Anschluss noch mehr Termine und Gespräche zu dem Thema Aufsichtsratschef gegeben, so Schmid, auch über die angedachte Zwischenlösung, bis Wolf Vorsitzender werden sollte.

Schmid warb intensiv für Höllinger

Gefragt nach einer Reihe von Vorschlägen für Aufsichtsräte, die Schmid an Löger schickt, sagt Schmid, die Namen seien alle nicht ganz aus der Luft gegriffen, darunter die ehemalige, „gut steuerbare“ Ministerin Sophie Karmasin und Birgit Kuras, ehemals Vorstand der Wiener Börse.

Die Schlagzahl der Kommunikation bezüglich Besetzung des Aufsichtsrats sei gegen Ende Jänner 2019 höher geworden, Schmid habe Kurz, Blümel und Bonelli die Bankerin Susanne Höllinger sehr ans Herz gelegt – sie habe unter anderem Raiffeisen-Background. Aber auch Wolf sei immer noch Thema gewesen, bestätigt Schmid.

„Du bist Familie“ für Schmid positive Bestätigung

Er habe sich immer wieder versichern wollen, dass er nicht zu viel „pushe“ in seinem Vorhaben, ÖBAG-Chef zu werden, erklärt Schmid jenen Chatverlauf mit Blümel, der im wohl bekanntesten Zitat „Du bist Familie“ gipfelt. Er habe diese Nachricht so verstanden, dass er Teil der Truppe sei, so Schmid sinngemäß.

Schmid: War mir Unterstützung von Kurz sicher

Er sei sich der Unterstützung von Kurz immer sicher gewesen, sagt der Zeuge weiter – sonst hätte er sich für den ÖBAG-Chefposten auch nicht beworben. Warum Kurz laut eigener Aussage die entsprechenden Chats zwischen ihnen beiden anders liest, könne er, Schmid, nicht nachvollziehen.

Kurz hat ausgesagt, er habe nicht angestrebt, dass Schmid ÖBAG-Chef wird und dass Helmut Kern nicht Vorschlag des Bundeskanzleramts gewesen sei. Schmid sagt hingegen, dass Kern durchaus ein Vorschlag des Bundeskanzleramts gewesen sei.

Ohne das Backing von Kurz sei angesichts der Aufstellung der Regierung Kurz jedenfalls nichts möglich gewesen, so Schmid weiter.

Kurz laut Schmid immer stark involviert

Kurz hat in seiner Aussage vor Gericht gesagt, dass er als Regierungschef andere Themen gehabt habe als die Besetzung etwa von Aufsichtsräten. Schmid beharrt danach gefragt aber darauf, dass sich Kurz immer wieder stark eingebracht habe, auch bei der Besetzung der ÖBAG, im Sinne einer „zentralisierten Personalverwaltung“. Er habe das selbst als positiv erlebt, so Schmid, auch im Vergleich zu Regierungen davor, die er miterlebt habe.

Ex-Kanzler Sebastian Kurz
ORF/Roland Winkler

Befragung durch Richter beendet

Die Befragung durch den Richter ist beendet, die Verteidigung von Kurz stellt den Antrag, Schmid vor der WKStA zu befragen.

Verteidigung von Kurz darf zuerst fragen

Der Richter gibt dem Antrag statt, trotz Einspruchs der WKStA – die Verteidigung darf Schmid zuerst befragen. Argumentiert wird der Antrag von der Verteidigung mit Waffengleichheit und dem Grundsatz eines fairen Verfahrens, da die WKStA Schmid schon habe befragen können. Die WKStA hält dagegen, dass immer zuerst die Staatsanwaltschaft fragt.

Kurze Pause

Bevor die Verteidigung von Kurz wirklich fragen darf, gibt es eine kurze Pause.

Verteidigung befragt nun Schmid

Die Pause ist zu Ende, die Verteidigung ist am Wort und befragt nun Schmid.

Fragen nach Befragungen Schmids

Die Verteidigung will zunächst wissen, wie oft Schmid durch die WKStA befragt worden ist und wie oft er im U-Ausschuss war. Konkret wird dann nach einer Entschlagung Schmids gefragt und nach der konkreten Begründung mit einer möglichen Selbstbelastung. Schmid gibt an, sich so genau nicht mehr erinnern zu können. In seiner Befragung durch die WKStA habe er eigene Notizen und Unterlagen von seinem Anwalt verwendet, die habe er auch wieder mitgenommen.

Schmid: Kein Druck durch WKStA

Die Verteidigung will Näheres zum Ablauf der Befragungen wissen. Diese liefen laut Schmid sehr formal ab: Er und die Staatsanwälte, zu zweit oder dritt, seien einander gegenübergesessen, sein Anwalt neben ihm. Ihm seien Fragen gestellt worden, die er beantwortet habe.

Während der Befragung sei protokolliert worden, nachher sei ein Gesamtprotokoll ausgefertigt worden, das er mit seinem Anwalt „aufmerksam“ durchgelesen habe. Es habe dann keine großartigen Änderungen gegeben, wenn, dann Tippfehler und Ähnliches.

Von der WKStA sei er jedenfalls nicht unter Druck gesetzt worden. Die Relevanz dieser Fragen, hinterfragt von WKStA und Richter, erklärt die Verteidigung unter anderem damit, dass man habe sicherstellen wollen, dass Schmid wirklich hinter seinen Aussagen stehe.

Die Vertreter der WKStA am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Schmid gratulierte Kurz zu TV-Interview

Die Verteidigung legt eine Nachricht vor, in der Schmid auf ein TV-Interview von Kurz Anfang Oktober 2021 hin an diesen schreibt: „Das war ein sehr guter Auftritt, mit Darlegung, wie es wirklich war.“ Der genau Zweck bleibt vorerst offen.

Verteidigung legt Chat mit „Krone“-Journalisten vor

Nun geht es um die Frage, woher die Info einer Story im „Kurier“ gekommen sei, wonach Schmid Chef der Staatsholding werden will. Schmid gibt an, dass er darüber nicht mit Journalisten geredet habe.

Die Verteidigung legt einen mutmaßlichen Chat von Schmid mit einem „Krone“-Journalisten vor, der so lautet:

Frage an Schmid: „Du wirst ÖBIB-Chef?“
Schmid antwortet: „Du kommst mit mir zu ÖBIB?“

Offen bleibt, woher dieser Chat kommt, jedenfalls nicht aus dem Datenpool der WKStA, sagt die Verteidigung. Dann gibt die Verteidigung an, dass diese Nachrichten von Datenträgern kämen, die Schmid verschiedenen Personen zur Verfügung gestellt habe. Der Richter lässt die Vorlage wegen der unklaren Quellenlage nicht zu.

Er habe mit diesem „Krone“-Journalisten viel korrespondiert, sagt Schmid auf die Frage der Verteidigung. An den vorgelegten Chat kann sich Schmid aber nicht erinnern.

Schmid will keine Aktenvernichtung angeordnet haben

Die Verteidigung legt eine anonyme Whistleblower-Meldung an die WKStA vor, wonach Schmid angeordnet haben soll, Akten zu vernichten. Schmid kann sich nicht daran erinnern. Die Möglichkeit von Hausdurchsuchungen sei immer wieder debattiert worden. Dass er selber offenbar nicht alles gelöscht habe, wie er selbst an verschiedene Stellen kommuniziert, sei ja mittlerweile bekannt, so Schmid.

Die Verteidigung befragt Schmid dann zur Hausdurchsuchung bei ihm. Dabei sei Schmid auch ersucht worden, sein Handy zu entsperren, was Schmid laut Vorlagen verweigert hat. Die Verteidigung legt Schmid seine Aussage vor, wonach er sich nach der Hausdurchsuchung mit seinen Daten unwohl gefühlt und diese vernichtet habe. Schmid gibt an, dass es sich um sehr private Daten gehandelt habe.

Verteidigung will „Gesamtbild“ des Zeugen

Schmid gibt auf Nachfrage an, dass er von seinem Handy Daten gelöscht hat, darunter den Nachrichtendienst Signal. Die Verteidigung legt Schmid dann eine seiner Aussagen aus dem „Ibiza“-U-Ausschuss vor, wonach Schmid keinen Termin für eine Einvernahme bei der WKStA habe.

Der Richter hinterfragt einmal mehr die Relevanz der Fragen. Die Verteidigung gibt an, mit ihren Fragen ein Bild über das „Gesamtverhalten“ und damit die Glaubwürdigkeit des Zeugen zeichnen zu wollen. So habe Schmid 2020 seine Aussagen vor der WKStA verweigert, wie die Verteidigung weiter ausführt.

Verteidigung legt Lebenslauf von Schmid vor

Nun geht es um den Lebenslauf Schmids bzw. angeblich verschiedene Versionen desselben. Der Richter hinterfragt, woher der aktuell vorgelegte Lebenslauf stammt – Kurz-Anwalt Dietrich gibt an, er habe ihn bekommen, ohne die genaue Quelle zu nennen. Dietrich gibt weiters an, darauf abzielen zu wollen, dass Schmid seinen Lebenslauf geschönt habe. Die WKStA bekommt Zeit, die vorgelegten Unterlagen genau anzusehen.

Der Richter verfügt dazu eine kurze Pause.

Verhandlung geht weiter: Richter lehnt Vorlage ab

Die WKStA äußert sich zu den Vorlagen der Verteidigung und spricht sich dagegen aus, diese in den Akt zu nehmen. Der Vorsitzende Richter entscheidet auch dementsprechend.

Verteidigung fragt trotzdem weiter

Trotz der Entscheidung des Richters fragt die Verteidigung weiter. Der Richter lässt die Fragen nicht zu.

Anwälte von Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler

Anklage: Verteidigung „behauptet“ Relevanz

Da Kurz-Anwalt Dietrich einen Antrag gestellt hat, wonach die gestellten Fragen zu Protokoll genommen werden sollen, äußert die Anklage, dass die Verteidigung bisher nur die Relevanz „behauptet“, aber die Beweise nicht vorgelegt habe. Der Richter lässt Fragen nicht zu, weil ein Konnex fehle.

Der von der Verteidigung angesprochene Kronzeugenstatus sei für diesen Prozess nicht relevant, sagt der Richter. Schmid will Kronzeuge werden. Nach Auskunft der WKStA gegenüber ORF.at hat sich der Status bisher nicht verändert. Schmid ist noch kein Kronzeuge.

Verwirrung über „Dinge, über die gesprochen wird“

Die Verteidigung will einen Bericht vorlegen. Die Anklage verweist darauf, dass der Bericht nicht im Akt liegt, weil dieser öffentlich zugänglich ist. Der Richter stoppt die Debatte: Es herrsche Verwirrung über „Dinge, über die gesprochen wird“. Offenbar geht es um Chats des nunmehrigen ÖGB-Chefs Wolfgang Katzian. Der Richter bittet die WKStA um eine Wortmeldung.

WKStA verliest Chats

WKStA-Oberstaatsanwalt Adamovic verliest seit mehreren Minuten Chats und Argumentationen, in denen Katzian, Schmid, die SPÖ und Betriebsräte vorkommen. Es geht konkret um den ÖBAG-Aufsichtsrat, in dem neben den Kapitalvertretern auch Arbeitnehmervertreter sitzen.

Richter: „Lassen wir die Emotionen heraus“

Nach seiner Verlesung bittet Adamovic den Richter, zuerst die Anklage zu diesem Komplex Fragen stellen zu lassen, bevor die Verteidigung „wieder ähnlich manipulativ“ fragt. Die Verteidigung reagiert prompt. Dietrich bittet den Richter, der Anklage zu sagen, solche Aussagen zu unterlassen. Der Vorsitzende Richter mahnt ein: „Lassen wir die Emotionen heraus, fahren wir mit der Befragung sachlich fort.“

Schmid verweist auf Arbeitsrechtsexperten

Die Verteidigung will von Schmid mehr über das ÖIAG-Gesetz wissen. Dieser verweist allerdings darauf, dass es auch eine juristische Diskussion sei, wer in den Aufsichtsgremien sitzt. „Bitte fragen Sie Arbeitsrechtsexperten“, so Schmid in Richtung Dietrich. Der Anwalt von Kurz meint, er habe ihm keine Rechtsfrage gestellt.

Kurz wirft Hände in die Höhe

Auf die Frage, ob Schmid Erinnerungen an einen angenommenen Abänderungsantrag zum ÖIAG-Gesetz habe, stellt der Ex-Finanzgeneralsekretär eine Gegenfrage. Der angeklagte Kurz wirft plötzlich die Hände in die Höhe. Er dürfte wohl mit einer konkreten Antwort gerechnet haben. Kurz diskutiert auch mit Bonelli, der neben ihm sitzt.

Die Verteidigung legt nun den Abänderungsantrag vor: „Erinnern Sie sich?“, fragt Dietrich. „Nein, worum geht’s da?“, fragt Schmid. Dietrich verweist darauf, dass es darin um die Arbeitnehmervertreter gehe.

Katzian: „Jetzt next Step – deine Bestellung“

Die Verteidigung legt jenen Chat vor, der nach dem Beschluss der ÖBAG-Reform von ÖGB-Chef Katzian an Schmid gesendet worden ist. Er habe keine Erinnerungen an den Chat („Jetzt next Step – deine Bestellung“), meint der Zeuge. Der Kurz-Anwalt legt nun das U-Ausschuss-Protokoll von Katzian vor. Der ÖGB-Chef hat im U-Ausschuss gesagt, dass er wegen diverser Zeitungsartikel davon ausgehe, dass die Bestellung von Schmid als ÖBAG-Chef fix sei.

Hat Schmid seinen Vorstandsposten herbeigebastelt?

Die Verteidigung legt weitere Dokumente vor, in denen mehrere Varianten für den ÖBAG-Aufsichtsrat durchgespielt werden. Schmid bestätigt die „Schablonen“. Es sei ihm wichtig zu betonen, dass es diese Varianten gab, so Schmid.

Die Verteidigung versucht darzulegen, dass sich Schmid die ÖBAG und den Aufsichtsrat so zusammengestellt hat, um als Vorstand bestellt zu werden. Schmid war zu seiner Zeit im Finanzministerium für die Reform der Staatsholding zuständig.

Kurze Pause bis 17.30 Uhr

Es geht weiter – die Tür ist noch offen

Anklage „platzt der Kragen“

Nachdem die Tür geschlossen worden ist, stellt die Verteidigung die erste Frage und legt dabei das Vernehmungsprotokoll von Schmid bei der WKStA vor. Im Dokument geht es um das Beinschab-Umfrage-Tool. Der Richter fragt nach dem konkreten Vorhalt. Die Verteidigung legt ein weiteres Dokument vor.

Der Richter fragt erneut um die Relevanz. Die Verteidigung hält fest, dass es nicht um den Inhalt geht. Der Richter räumt der WKStA ein, sich zur Vorlage zu äußern. „Die Relevanz ist zu klären“, so die Anklage.

„Die WKStA diktiert, Schmid serviert“, sagt Kurz-Anwalt Dietrich, nachdem er versucht hat zu sagen, warum er die Dokumente vorlegt. Der Anklage „platzt nun der Kragen“. Man lasse so was nicht stehen, sagt Adamovic und fordert den Richter auf, „sitzungspolizeiliche Maßnahmen“ zu ergreifen.

„Satzzeichen überraschend gleich“

Die Verteidigung lässt zwei Dokumente auf die Leinwand projizieren. Darauf ist die Durchsuchungsanordnung der WKStA vom September 2021 sowie die Aussage von Schmid vor der WKStA im Juni 2022 zu sehen. Dietrich findet es „überraschend“, dass die „Satzzeichen gleich“ seien. „Wer hat Ihre Aussage diktiert?“, fragt Dietrich. „Ich habe es gesagt und diktiert“, sagt der Zeuge.

ÖBIB-Umbau erst mit Kurz konkret

Nun wird Schmid von Verteidiger Werner Suppan befragt. Dieser will wissen, wann das Finanzministerium die Schwäche des Konstrukts der ÖBIB erkannt hat. Schmid erklärt, das sei schon Jahre her gewesen. Vor 2017 habe es Überlegungen zu einer Neuorganisiation gegeben, so Schmid, einen strukturierten Prozess habe es nicht gegeben, erst mit dem Auftrag von Kurz sei das Projekt konkret angegangen worden.

Der „Pallawatsch“ mit dem Sideletter

Suppan fragt nach Schmids Wissen über den tatsächlichen Sideletter. Der „Pallawatsch“, also dass dieser nicht mit den Vorgesprächen Schmids mit Schiefer übereinstimmte, sei Anfang 2019 klar geworden, etwa die fehlende, obwohl ausgemachte Aufteilung ein Drittel – zwei Drittel.

Suppan hält Schmid eine Liste von möglichen Aufsichtsräten vor, die man gemeinsam als nicht (mehr) der FPÖ zugehörig identifiziert. Schmid erklärt, dass das keine echte Liste für die Besetzung gewesen sei, es hätten auch acht Personen draufstehen können.

Strache gab bei zweitem Vorstand nach

Schmid werden Chats mit seiner Beteiligung vorgelegt, in denen er schreibt, dass Strache „schriftlich nachgegeben“ habe. Das habe er selber auch nur mitgeteilt bekommen, er gehe davon aus, dass es dabei um den zweiten Vorstand ging, interpretiert sich Schmid selbst.

Sigi Wolf sei jedenfalls Kandidat des Bundeskanzleramts für den Posten des Aufsichtsratschefs gewesen, so Schmid.

Das Schiefer-Schmid-Papier im Wandel

Suppan fragt zum zwischen Schiefer und Schmid akkordierten Papier und den offenbar vorgenommenen Änderungen. Warum man diese nicht mit ihm besprochen habe, kann Schmid nicht beantworten, auch nicht, wie oft es schließlich verändert wurde.

Davor geht es um die Frauenquote, hier habe Bonelli darauf hingewiesen, dass diese bei einer Bestellung von Wolf verletzt worden wäre, sagt Schmid.

Damit endet die Befragung durch die Verteidigung.

WKStA stellt Vertagung in den Raum

Die Staatsanwälte stellen allgemeine Ermüdungserscheinungen in den Raum, bei sich und dem Zeugen. Schmid spricht sich für eine Vertagung aus.

Es wird beraten, in einer kurzen Pause.

Kurz und Bonelli beraten auch

Die Verteidigung will einer Vertagung wohl nicht zustimmen. An der Vorderseite des Gerichtssaals stehen auch Bonelli und Kurz, sie diskutieren eifrig mit. Der Richter verlässt den Raum. Anwalt Suppan sagt zu den Journalisten und Journalistinnen: „Wir wissen es noch nicht.“

Prozess wird vertagt

Im Einvernehmen mit allen Parteien wird der Prozess vertagt und die Einvernahme von Schmid am Freitag fortgesetzt. Die Einvernahme von Blümel, die eigentlich für Freitag vorgesehen war, wird in Absprache mit Blümel verschoben, möglicher Termin Jänner.

Richter will noch offene Fragen klären

Schmid darf gehen, der Richter will aber noch Dinge klären, darunter die Aktenlage. Der Richter bittet die WKStA, den kompletten CASAG-Akt elektronisch zu übermitteln. Die WKStA weist darauf hin, dass der Akt getrennt wurde, Stichtag ist nun der Tag vor der Trennung.

Zugang zu Chats bleibt Debatte

Der Richter spricht auch den Einwand der Verteidigung an, dass einige Chats bzw. Daten nicht allen, im Speziellen eben der Verteidigung, zur Verfügung stehen. Es gibt Bedenken und Debatten bezüglich Datenschutzes. Der Richter kündigt an, das rechtlich zu prüfen, die weitere Debatte wird auf Freitag verlegt.

Der Prozesstag ist beendet

Es geht am Freitag mit der Einvernahme von Schmid weiter.