Ausland

Israel hat Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) eine Verharmlosung von tatsächlichem Völkermord vorgeworfen.
Die Klage Südafrikas wegen eines Völkermords Israels im Gazastreifen sei fern von jeglichen Fakten und Umständen, sagte der israelische Vertreter des Justizministeriums, Gilad Noam, heute in Den Haag. „Der Fall verspottet den abscheulichen Vorwurf eines Völkermords.“

Der israelische Vertreter des Justizministeriums, Gilad Noam
Reuters/Yves Herman

Südafrika hatte den Gerichtshof der Vereinten Nationen im Rahmen seiner Völkermordklage aufgefordert, einen Stopp der Offensive in der Stadt Rafah anzuordnen. Das müsse geschehen, um das Überleben des palästinensischen Volkes zu sichern. Israel habe Zehntausende Kinder und Frauen ins Visier genommen, die zivile Infrastruktur zerstört und die Bevölkerung ausgehungert.

Erstmals sind heute Lkws mit Hilfsgütern über eine provisorische Anlegestelle des US-Militärs in den Gazastreifen gefahren. Dabei seien keine amerikanischen Soldaten an Land gegangen, teilte das US-Zentralkommando auf X (Twitter) mit.

Es handle sich um eine multinationale Aktion, um der palästinensischen Zivilbevölkerung Hilfe über einen ausschließlich humanitären Seekorridor zu liefern, hieß es weiter. Tags zuvor hatte das US-Militär den schwimmenden Pier an der Küste verankert.

Anlegestelle für Hilfslieferungen an der Küste in Gaza
Reuters/U.S. Central Command

Die Anlegestelle soll als Drehscheibe für die Lieferung von Hilfsgütern dienen. Im Gazastreifen gab es bisher keinen Hafen, der tief genug für größere Frachtschiffe ist. Nach Pentagon-Angaben sollen über den Hafen vorerst etwa 90 Lkw-Ladungen pro Tag in den Gazastreifen gelangen. Zu einem späteren Zeitpunkt erwarte man bis zu 150 Lkw-Ladungen täglich.

Das Provisorium sei „aufgrund der absolut katastrophalen Bedingungen im Gazastreifen notwendig“, sagte eine Vertreterin der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit, die die Lieferungen koordiniert.

Die Lage der Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen habe sich nicht verbessert. In den vergangenen Wochen sei ein Grenzübergang geschlossen worden, es habe einen Rückgang an Hilfslieferungen gegeben.

Die Lage im Sudan droht ein Jahr nach Beginn des Bürgerkriegs nach Einschätzung der Vereinten Nationen außer Kontrolle zu geraten. Es habe schon mindestens 16.000 Tote gegeben, 33.000 Verletzte und rund neun Millionen Menschen, die durch die Kämpfe vertrieben worden sind.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte heute vor einer Hungersnot im Sudan. Mehr als ein Drittel der Menschen in der Hauptstadt Khartum und in der Region Darfur seien bereits in einer akuten Hungersituation. Die Zahl der Kinder unter fünf Jahren, der schwangeren und stillenden Mütter, die akute Mangelernährung aufweisen, sei von 3,9 Millionen Anfang 2023 auf 4,9 Millionen 2024 gestiegen.

Im Sudan tobt seit Mitte April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Staatschef Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherem Stellvertreter und Führer der sudanesischen Miliz RSF, Mohamed Hamdan Daglo.

Gespräche mit UNO-Kommissar Türk

Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sprach erstmals seit 2022 wieder mit den beiden Männern separat am Telefon, wie sein Büro heute berichtete. Er rief sie auf, Friedensverhandlungen aufzunehmen, humanitäre Hilfe im Land nicht zu behindern und Gräueltaten ihrer Kämpfer zu verhindern.

Beide hätten zugestimmt, dass das humanitäre Völkerrecht eingehalten werden müsse, sagte Türks Sprecherin. Einzelheiten über weitere Reaktionen der beiden wollte sie nicht mitteilen. Konkrete Vorschläge für neue Friedensverhandlungen oder ein Treffen der beiden Männer seien nicht besprochen worden.

Türk zeigte sich zudem entsetzt über die jüngste Eskalation der Kämpfe zwischen beiden Seiten in El Fascher, der Hauptstadt von Nord Darfur. Dort säßen 1,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner und Vertriebene zwischen den Fronten und hätten kaum noch Lebensmittel.

Das deutsche Selbstbestimmungsgesetz kann in Kraft treten. Der Bundesrat ließ es heute passieren, indem er darauf verzichtete, den Vermittlungsausschuss dazu anzurufen. Das Gesetz macht es künftig erheblich leichter, den Geschlechtseintrag und den Vornamen behördlich ändern zu lassen.

Dazu wird künftig nur noch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt nötig sein. Eine gerichtliche Entscheidung und zwei Sachverständigengutachten, die bisher erforderlich waren, braucht es künftig nicht mehr.

Die Erleichterungen betreffen vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht binäre Menschen, die bisher diese hohen Hürden und kostspieligen Verfahren durchlaufen mussten, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen.

Das bisherige Verfahren nach dem mehr als 40 Jahre alten Transsexuellengesetz, bei dem den Betroffenen intimste Fragen gestellt worden seien, sei entwürdigend gewesen, sagte die stellvertretende Hamburger Regierungschefin Katharina Fegebank (Grüne). Kritik am Selbstbestimmungsgesetz hatte es im Vorfeld von Union und AfD gegeben, aber auch von feministischen Gruppierungen, die Schutzräume für Frauen in Gefahr orteten.

Die Polizei in der nordfranzösischen Stadt Rouen hat heute Früh nach Behördenangaben einen Brandanschlag auf eine Synagoge verhindert und den bewaffneten Tatverdächtigen erschossen.

Der Mann habe offensichtlich versucht, die Synagoge in Brand zu stecken, und sei von den Einsatzkräften getötet worden, schrieb Innenminister Gerald Darmanin auf X (Twitter).

Feuerwehr bei der Synagoge von Rouen (Frankreich)
APA/AFP/Lou Benoist

Die Beamten seien wegen einer „Rauchentwicklung in der Nähe der Synagoge“ alarmiert worden, hieß es aus Polizeikreisen. „Der Mann war mit einem Messer und einer Eisenstange bewaffnet“, sagte eine mit dem Fall vertraute Quelle der Nachrichtenagentur AFP. Der Mann habe sich den Polizisten genähert, die das Feuer eröffnet und ihn getötet hätten.

Nach tagelangen schweren Krawallen im französischen Überseegebiet Neukaledonien im Südpazifik hat sich die Lage mit der Ausrufung des Ausnahmezustands leicht entspannt. Das sagte heute der französische Hochkommissar Louis Le Franc. Zugleich räumte er ein, dass die Kontrolle über mehrere Bezirke „nicht mehr gewährleistet“ sei.

Der internationale Flughafen bleibt geschlossen, Lebensmittel werden knapper. Vor Supermärkten bilden sich lange Schlangen. Frankreichs Regierung kündigte eine Luftbrücke an, um die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen.

Durch den von Paris zunächst für zwölf Tage verhängten Ausnahmezustand können die Behörden unter anderem Demonstrationsverbote erlassen, öffentliche Orte und Websites sperren und der Polizei und Justiz erweiterte Befugnisse einräumen.

Weiter Plünderungen

Dennoch kam es örtlichen Medienberichten zufolge auch heute speziell in Teilen der Hauptstadt Noumea weiter zu Zwischenfällen. So gingen noch immer Geschäfte in Flammen auf, sogar ein Kindergarten wurde geplündert und völlig zerstört.

Der französische Premierminister Gabriel Attal kündigte die Entsendung von 1.000 zusätzlichen Einsatzkräften an, die die Kollegen und Kolleginnen dort unterstützen sollen. Unter anderem trafen Berichten zufolge bereits Mitglieder der französischen Eingreiftruppe der Nationalgendarmerie (GIGN) aus Polynesien ein.

Kanaken auf den Barrikaden

Bei den Protesten von Befürwortern einer Unabhängigkeit der Inselgruppe, die 1.500 Kilometer östlich von Australien liegt, geht es um eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris. Diese soll Tausenden französischstämmigen Bürgern und Bürgerinnen das Wahlrecht und somit mehr politischen Einfluss einräumen.

Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Indigene – hofft aber schon lange auf einen eigenen Staat. Der nationale Rat der Kanaken warf Paris vor, die umstrittene Reform voranzutreiben, ohne den Widerstand der großen Mehrheit der indigenen Bevölkerung zu berücksichtigen.

Bei den Krawallen, die am Montag begonnen hatten, kamen bisher fünf Menschen ums Leben, darunter zwei Polizisten. Hunderte Menschen wurden verletzt. In einigen Bezirken von Noumea sei die Lage weiter schwierig, sagte Hochkommissar Le Franc. Dort warteten Hunderte Randalierer nur darauf, der Polizei Scharmützel zu liefern.

EU

Das EU-Renaturierungsgesetz gilt Fachleuten zufolge als eines der wichtigsten Vorhaben in der europäischen Naturschutzgeschichte. Die Umsetzung könnte aber an einer fehlenden Stimme scheitern. Trotz Appellen aus der Wissenschaft lehnte Österreich das Gesetz bisher ab. Doch die einheitliche Blockade der Bundesländer begann heute zu bröckeln.

Die beiden SPÖ-regierten Bundesländer Wien und Kärnten werden die Landeshauptleutekonferenz darum ersuchen, „der nun vorliegenden EU-Renaturierungsverordnung doch näherzutreten“, schrieb Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) heute auf X (Twitter).

„Schutz & Erhalt einer intakten Natur sind mir ein Herzensanliegen. Gemeinsam mit @BgmLudwig haben wir den aktualisierten Trilog-Entwurf zur Renaturierungsverordnung nochmals prüfen lassen. Wir halten es beide für sinnvoll, die Haltung der LH-Konferenz neuerlich zu diskutieren“, schrieb Kärntens SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser auf X.

Gewessler für Gesetz

Ohne die Zustimmung der Bundesländer muss sich Österreich bei der geplanten Abstimmung im nächsten EU-Umweltrat am 17. Juni in Luxemburg enthalten, da Naturschutz in Österreich Sache der Länder ist. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sind somit die Hände gebunden, auch wenn sie, wie sie immer wieder betonte, hinter dem Gesetz stehe.

„Ich habe dieses Vorhaben immer unterstützt – Österreich konnte jedoch aufgrund der einheitlichen Ablehnung der Länder nicht zustimmen. Deshalb finde ich die Initiative der beiden Bundesländer sehr vernünftig. Ich werde Landeshauptmann Ludwig und Landeshauptmann Kaiser nun rasch um Klarstellung bitten, ob die Bundesländer Wien und Kärnten ihre Ablehnung hiermit aufheben und eine österreichische Zustimmung möglich machen“, hieß es in einer ersten Reaktion der Umweltministerin.

Der Hintergrund des Gesetzesvorhabens: Mehr als 80 Prozent der Lebensräume in Europa sind laut EU in einem schlechten Zustand. Durch das Gesetz soll sich die Natur erholen können. Bis 2030 sollen mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU sowie bis 2050 alle Ökosysteme abgedeckt sein, die einer Renaturierung bedürfen.

Rechtfertigungen, Erklärungen und Entschuldigen haben heute in weiten Teilen die Präsentation der zweiten Plakatwelle der Grünen zur EU-Wahl dominiert.

Die mit öffentlich gemachten Vorwürfen aus ihrem Privatleben und sinkenden Vertrauenswerten konfrontierte Spitzenkandidatin Lena Schilling zeigte sich betroffen, sagte aber, niemals an einen Rückzug gedacht zu haben. Die neuen Sujets blieben im Hintergrund, nur noch auf einem der vier ist Schilling abgebildet.

„Natürlich waren die letzten Tage und Wochen nicht einfach“, sagte Schilling auf eine Frage zu Rückzugsgedanken. „Ich bin nicht aus Teflon, es macht was mit mir, solche Vorwürfe zu lesen.“ Letztlich gab es aber ein klares Nein zu einem Rückzug. Angesichts aktueller Umfrageabstürze meinte sie, sie wolle „Herzen zurückgewinnen“.

Erneut entschuldigte sie sich dafür, Gerüchte aufgeschnappt und weitererzählt zu haben. Auch Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler entschuldigte sich. Bei der Pressekonferenz am 8. Mai zur Verteidigung Schillings seien „erkennbar die Pferde mit mir durchgegangen“. Kogler hatte dort von „anonymem Gemurkse“ und „Gefurze“ gesprochen. Nun wertete er das als unpassend, unsensibel und unintelligent. „Dafür möchte ich mich entschuldigen, das war nicht schlau, das gehört sich nicht.“

Die EU-Staaten haben heute Sanktionen gegen die Plattform Voice of Europe und drei russische Medien beschlossen. Damit werden sie in der gesamten EU gesperrt. Voice of Europe steht unter Verdacht, prorussische Propaganda in der EU verbreitet und Geld an europäische Politiker gezahlt zu haben.

Neben Voice of Europe sind auch die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti sowie die Zeitungen „Iswestija“ und „Rossiskaja Gaseta“ von dem Verbot betroffen. Nach Angaben der EU-Länder dürfen die Medien und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber weiterhin in der EU recherchieren und Interviews durchführen.

Auf dem Portal Voice of Europe – mit Sitz in Prag – waren unter anderem Interviews mit dem AfD-Politiker Petr Bystron und seinem Parteikollegen Maximilian Krah erschienen. Die tschechische Zeitung „Denik N“ hatte Anfang April berichtet, im Fall Bystron sei möglicherweise auch Geld geflossen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete hat das mehrfach zurückgewiesen.

Auch Krah bestreitet, Geld aus dem Umfeld von Voice of Europe angenommen zu haben. Infolge dieser und anderer Berichterstattung hatte die Staatsanwaltschaft in München im Falle Bystron Vorermittlungen eingeleitet, um zu prüfen, ob sich ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer Abgeordnetenbestechung ergibt.

Inland

Die ÖVP hat den Jahrestag der „Ibiza-Affäre“ genutzt, vor mehreren Wahlen noch einmal gegen die FPÖ zu mobilisieren. „Die Freiheitliche Partei hat sich eigentlich wenig geändert“, so Generalsekretär Christian Stocker heute.

Obwohl infolge der Causa ÖVP-Politiker in den Fokus der Ermittlungen gerieten, sieht er vor allem den ehemaligen Koalitionspartner derzeit durch Ermittlungen belastet. Mit FPÖ-Chef Herbert Kickl sei eine Koalition weiter undenkbar.

Die Veröffentlichung des Videos habe Einblick „in die blaue Welt der Politik“ gegeben, so Stocker. Dass Verurteilungen bisher vor allem die ÖVP betrafen, gab Stocker zu: „Es ist richtig, dass ‚Ibiza‘ auf die Volkspartei mehr Auswirkung gehabt hat, als wir vor fünf Jahren vermutet hätten.“

Nach dem Rücktritt der blauen Spitze habe sich alles auf die Regierenden gerichtet. „Wir haben darunter auch gelitten, wir haben auch Schaden genommen.“

FPÖ sieht Warnung gelassen

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker nahm die erneute Warnung der ÖVP vor seiner Partei gelassen hin: „Wer die kommende Bundesregierung bilden und anführen wird, das entscheidet einzig und allein der Souverän – und das sind die Wähler.“

SPÖ und NEOS mit Kritik

Auch die SPÖ meldete sich am Jahrestag. Das „Ibiza-Video“, die nachfolgenden U-Ausschüsse und Ermittlungsverfahren „haben auf schockierende Art und Weise aufgezeigt, warum es nie wieder zu einer Koalition aus ÖVP und FPÖ kommen darf“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einer Aussendung. Beide Parteien gefährdeten die Demokratie und die Pressefreiheit. „Blau-Schwarz schadet dem Land und den Leuten und dem Ansehen Österreichs“, so Seltenheim.

Auch NEOS zog am Jahrestag Schlüsse: „Wir sind immer noch meilenweit von sauberer Politik entfernt“, sagte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak. Die Causa hätte ein Weckruf sein müssen – „stattdessen bleibt es eine Handlungsanleitung, wie man den Rechtsstaat ignoriert und Korruption Tür und Tor öffnet“. „Ibiza“ sei heute noch genauso möglich wie damals, so Scherak. „Das vielgepriesene Antikorruptionsstrafrecht ändert nichts daran.“

Heute ist Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie („IDAHOBIT“). Den 17. Mai nutzen Aktivisten und Aktivistinnen und Zivilgesellschaft, um auf (fehlende) Rechte der LGBTQ-Community aufmerksam zu machen.

SPÖ und NEOS kritisierten die Bundesregierung dafür, zu wenig zum Schutz der Community getan zu haben. Allen voran der Diskriminierungsschutz im Privaten werde eine zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung, sagte heute Mario Lindner (SPÖ).

Bei diesem „Levelling-up“ geht es darum, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch etwa bei der Wohnungssuche und in Restaurants zu verbieten. In den Ländern gibt es solche Regeln, bundesweit jedoch nicht.

NEOS-Kritik an „Konversationstherapien“

Auch NEOS nahm die Regierung zuvor in die Pflicht. Nach wie vor gibt es kein Verbot von „Konversionstherapien“ – also Behandlungen, die darauf abzielen, queere Menschen, zumeist Jugendliche, „umzupolen“ –, obwohl Justizministerin Alma Zadic (Grüne) das mehrfach angekündigt hatte.

Vor allem vom kleinen Koalitionspartner ist NEOS enttäuscht: „Die Grünen sollten eigentlich wissen, dass diese pseudowissenschaftlichen ‚Therapien‘ eine krankhafte Praxis sind, die längst abgeschafft gehört. Die sexuelle Orientierung ist keine Krankheit, es gibt hier nichts zu heilen. Die Einzigen, die krank sind, sind jene religiösen Fundamentalisten, die mit diesen widerwärtigen ‚Therapien‘ vergeblich versuchen, Kinder und Jugendliche umzupolen“, so Yannick Shetty gegenüber der APA.

Die Grünen betonten ihrerseits, dass die Grund- und Menschenrechte der queeren Community durch einen zunehmenden Rechtsruck gefährdet seien, auch in Europa. „Insbesondere sind Trans- und nicht binäre Menschen vermehrt Zielscheibe rechter Hetze und Gewalt“, wurde David Stögmüller in einer Aussendung zitiert.

Das Finanzministerium muss Akten und Unterlagen zur Steuerprüfung eines Unternehmers – dem Vernehmen nach soll es sich um Siegfried Wolf handeln – an den COFAG-Untersuchungsausschuss liefern, auch wenn die Prüfung derzeit noch läuft. Zu dieser Entscheidung kam der Verfassungsgerichtsghof (VfGH).

Den entsprechenden Antrag hatten SPÖ und FPÖ gestellt. Auch nach einer Lieferung kann Wolf aber dazu nicht mehr befragt werden, da er nicht mehr geladen werden kann. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bzw. seine nachgeordneten Behörden haben unmittelbar nach der Einsetzung des COFAG-U-Ausschusses angeforderte Akten betreffend Wolf, so auch den Steuerakt, vorgelegt.

Die Vorlage von Akten und Unterlagen zur Steuerprüfung hingegen verweigerte das Ressort mit der Begründung, die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen.

Gegenstand eines Untersuchungsausschusses könne aber nur ein „abgeschlossener Vorgang“ im Bereich der Vollziehung sein. Durch die Vorlage dieser Akten und Unterlagen würde zudem die „rechtmäßige Willensbildung“ des Ministers oder ihre „unmittelbare Vorbereitung“ beeinträchtigt, argumentierte das Ressort. Dem widersprach nun der VfGH.

Ab Herbst muss es an jeder Schule ein Kinderschutzkonzept samt Risikoanalyse und ein eigenes Kinderschutzteam geben.

Die Schulordnung 2024 bringt außerdem einen Verhaltenskodex für alle Personen, die ins Schulhaus kommen, und klare Handlungsanleitungen, wie bei Verdachtsfällen vorzugehen ist. Bei einer Pressekonferenz kündigte ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek heute zudem mehr Mittel für Fort- und Weiterbildung zum Thema an.

Mit den Maßnahmen wolle man die Kinder vor jeglicher Form von Gewalt schützen und den Schülerinnen und Schülern zeigen, dass Gewalt – egal ob physische, psychische oder Missbrauch – inakzeptabel sei, so Polaschek. Einen Mehraufwand für die Schulen erwartet er nicht.

„Etwas für den Schutz von Kindern zu tun kann kein bürokratischer Mehraufwand sein. Es ist in der Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer, und ich weiß, dass sie diese Verantwortung auch gerne wahrnehmen.“ Es sei wichtig, dass alle Verantwortlichen wissen, wie sie sich bei Verdachtsfällen gegenüber dem Kind oder auch einem möglichen Täter verhalten sollen.

Eltern müssten sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder in der Schule und beim Sport sicher seien, und die Kinder sollten wissen, an wen sie sich bei Bedarf wenden können, betonte auch Barbara Neßler, Kinder- und Jugendsprecherin der Grünen.

Ukraine-Krieg

Die von russischen Truppen seit Wochen beschossene Stadt Charkiw soll nach den Worten von Kreml-Chef Wladimir Putin nach derzeitigem Stand nicht eingenommen werden. Stand jetzt gebe es keine Pläne, Charkiw einzunehmen, sagte Putin heute vor Vertretern russischer Staatsmedien zum Ende seines Besuches in China in der Stadt Harbin.

Putin gab an, dass Russland derzeit eine Pufferzone dort einrichte, weil von Charkiw aus die russische Region Belgorod mit Drohnen und Raketen beschossen werde.

Auch die ukrainische Armee räumte einen großen Vorstoß russischer Truppen in der Region Charkiw ein. Die Invasoren hätten ihr aktives Kampfgebiet um fast 70 Kilometer ausgedehnt, sagte der ukrainische Armeechef Olexandr Syrskyj.

16 Stunden Fliegeralarm

Der mehr als 16 Stunden andauernde Fliegeralarm in Charkiw war zuvor in den meisten Teilen der Region aufgehoben worden.

Laut dem Regionalgouverneur Oleh Synjehubow hatten mindestens fünf Drohnen Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, angegriffen. Ihor Terechow, der Bürgermeister der Stadt, teilte mit, dass ein Stadtteil getroffen worden sei und es einen Brand gegeben habe.

Nach Angaben des öffentlichen Rundfunksenders Suspilne galt in Charkiw für mehr als 16,5 Stunden ein Fliegeralarm, so lange wie noch nie seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022.

Wirtschaft

Die chinesische Regierung hat mehrere Maßnahmen zur Unterstützung des kriselnden Immobiliensektors angekündigt. Etwa sollen Kommunen in bestimmten Fällen Immobilien aufkaufen können, wie Vizeregierungschef He Lifeng nach Angaben staatlicher Medien bei einem Treffen mit Vertretern von Behörden, Banken und Immobilienunternehmen heute sagte.

Außerdem wird das vorgeschriebene Minimum an Eigenkapital beim Immobilienkauf gesenkt. Der Immobiliensektor steht für mehr als ein Viertel der chinesischen Wirtschaftsleistung. Seit Jahren kämpfen viele Unternehmen der Branche aber mit überbordenden Schulden.

Die Führung in Peking hatte 2020 mit Beschränkungen bei der Kreditbeschaffung auf die ausufernde Verschuldung reagiert, das führte zu Zahlungsausfällen und Projektabbrüchen.

Käufer oft als Leidtragende

Seitdem sind große Unternehmen wie Evergrande und Country Garden ins Taumeln geraten. Nicht fertiggestellte Häuser und Baustellen dominieren ganze Stadtteile. Leidtragende sind häufig die Käuferinnen und Käufer, die in China in der Regel im Voraus für ihre Wohnung oder ihr Haus zahlen. Die Unsicherheit und der Preisverfall führten obendrein dazu, dass Investitionen in neue Projekte eingebrochen sind.

Es brauche nun „große Anstrengungen“, um bezahlte, aber nicht fertiggestellte Wohnbauprojekte zu fördern, sagte Vizeregierungschef He nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. „In Städten, in denen es viele Wohnungen gibt, können die Behörden Angebote abgeben und einige dieser Wohnungen zu angemessenen Preisen kaufen, um sie als bezahlbaren Wohnraum zu nutzen.“

Die Teuerung in Österreich schwächt sich weiter ab. Im April belief sich die Inflationsrate im Jahresvergleich auf 3,5 Prozent und sank damit auf den niedrigsten Wert seit September 2021. Der Anstieg der Preise in Restaurants und Hotels (plus 7,6 Prozent) war der bedeutendste Inflationstreiber.

Erstmals seit Beginn des starken Anstiegs der Verbraucherpreise im Jahr 2021 hatten die Gaspreise „einen deutlich dämpfenden Effekt“ auf die Teuerung, wie die Statistik Austria heute mitteilte.

„Auch die Pauschalreisen haben im April wesentlich zum Rückgang der Teuerung beigetragen, statt wie in den zwölf Monaten zuvor stark preistreibend zu wirken“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung.

Preisanstieg in Gastro „über Durchschnitt“

Allerdings würden die Preisanstiege in der Gastronomie „weiterhin über dem Durchschnitt“ liegen, und der Preisauftrieb an den Tankstellen habe sich „sogar verstärkt“.

Das Preisniveau des Mikrowarenkorbs, der den täglichen Einkauf abbilden soll und überwiegend Nahrungsmittel und auch Tageszeitungen und den Kaffee im Kaffeehaus enthält, stieg im April im Jahresabstand um 4,3 Prozent. Das Preisniveau des Miniwarenkorbs – der wöchentliche Einkauf auch mit Nahrungsmitteln, Dienstleistungen und Treibstoffen – erhöhte sich im Jahresvergleich um 4,9 Prozent.

Inflation in Euro-Zone stabil

Die Inflationsrate blieb unterdessen in der EU wie auch im Euro-Raum gegenüber März unverändert. Laut Eurostat-Daten lag die Euro-Zone-Rate bei 2,4 Prozent und die EU-Rate bei 2,6 Prozent. Die heimische Inflation gehört damit nicht mehr zu den höchsten in Europa.

Die Bundesregierung hat heute eine Gesetzesreform angekündigt, die für mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt sorgen soll. Unternehmen, die deutlich teurer sind als ihre Konkurrenz, müssen Preise künftig erklären, so Justiz- und Klimaministerium. Die Beschlussfassung und das Inkrafttreten seien noch vor der Sommerpause des Parlaments geplant, hieß es.

„Konkret wird es Anbietern von Elektrizität, Fernwärme und leitungsgebundenem Erdgas künftig untersagt sein, Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmen oder von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten, es sei denn, der Versorgungsunternehmer weist nach, dass die Abweichung sachlich gerechtfertigt ist“, so die beiden Ministerien.

Gelinge dieser Nachweis nicht, habe das kartellrechtliche Folgen, „etwa Abstellung oder Verhängung von hohen Bußgeldern durch das zuständige Kartellgericht“.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sagte: „Mit der deutlichen Verschärfung des Kartellrechts sorgen wir dafür, dass Missbrauch im Energiemarkt verhindert werden kann.“ Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte: „Damit sorgen wir – auch in Krisenzeiten – für mehr Wettbewerb und stärken die Position der Konsumentinnen und Konsumenten. In Deutschland hat sich diese Regelung seit langer Zeit bewährt, diesem Beispiel folgen wir jetzt.“

Chronik

Kärntens Nachbarregionen Friaul-Julisch Venetien und Venetien sind von schweren Unwettern heimgesucht worden. Starker Regen, Gewitter und Windböen aus dem Süden verursachten in der Nacht auf heute Überschwemmungen in mehreren Gemeinden der Provinzen Udine und Pordenone. Die Pegel der Flüsse Tagliamento und Livenza stiegen stark.

Niederschläge und Gewitter, die erhebliche Schäden verursachten, wurden auch in Venetien gemeldet. Eine Brücke stürzte in Malo in der Provinz Vicenza ein. Sie wurde von den Wassermassen des Flusses Livergon weggerissen, der nach heftigen Niederschlägen über die Ufer trat. Niemand wurde verletzt, wie lokale Medien berichteten. Heftige Niederschläge wurden auch in der Stadt Venedig gemeldet.

Auch in der Lombardei tobten weiter Unwetter und forderten ein Menschenleben. Die Leiche eines 66-jährigen Pensionisten wurde unweit der Stadt Cantu in der lombardischen Provinz Como geborgen. Er wurde vermisst, nachdem er nach dem Einsturz einer Brücke in den Fluss Serenza gestürzt war. Weitere zwei Personen, die ebenfalls ins Wasser gefallen waren, konnten sich retten.

„Unvorhersehbares, außergewöhnliches Phänomen“

20 Millionen Kubikmeter Wasser flossen in 24 Stunden in den Gardasee. Der Pegel liegt 136 Zentimeter über dem hydrometrischen Nullpunkt, vor genau einem Jahr lag er bei 73 Zentimetern.

„Es handelt sich um ein unvorhersehbares, außergewöhnliches Phänomen mit intensiven Regenfällen in einem sehr kurzen Zeitraum, die ein schnelles Abfließen des Oberflächenwassers nicht zulassen“, sagte Luca Zaia, Präsident der Region Venetien. Zum ersten Mal wurden alle sechs Kanalisationsbecken der Region geöffnet, damit konnten die Wassermassen gesammelt werden.

Kultur

Über nichts wird in Cannes so heftig debattiert wie über „Megalopolis" von Francis Ford Coppola (85). Die Idee dazu hatte Coppola schon vor 40 Jahren: „Ich wollte ein römisches Epos in der Gegenwart inszenieren, weil die USA nach römischen Idealen modelliert wurden“, so der Regisseur.

„Ich konnte nicht ahnen, wie sehr die Politik unserer Gegenwart diese Idee relevant machen würde – denn was derzeit in den USA passiert, ist der Grund, weshalb das alte Rom untergegangen ist.“

Francis Ford Coppola in Cannes
APA/AFP/Sameer Al-Doumy

Adam Driver spielt im Film den Erfinder Cesar Catilina, der gegen den Willen des Bürgermeisters von New Rome, das für New York steht, die Vision einer neuen Stadt umsetzen will. Außerdem kann er die Zeit anhalten. Wahre Magie kommt aber erst ins Spiel, als er sich in Julia Cicero (Nathalie Emmanuel) verliebt, die Tochter des Bürgermeisters.

Antiquiertes Frauenbild

In Kritiken ist von Langeweile die Rede, von einer „Lachnummer“, und davon, dass der Film grotesk sei. Das zweieinhalbstündige Werk ist aber alles andere als fad, vielmehr eine Wundertüte voller Bezüge zum alten Rom, zu Shakespeare, ein Sandalenfilm und Science-Fiction.

Von den jungen Frauenfiguren lernt das Publikum ihre Körperformen allesamt im Detail kennen. Dieses antiquierte Frauenbild passt leider zu Stimmen von den Dreharbeiten, die im britischen „Guardian“ zitiert wurden, dass sich Coppola nicht korrekt verhalten und etwa Statistinnen ungefragt abgeküsst habe.

„Wir haben diesen Filmen auf Vornamen-Basis gemacht“, sagte Coppola nun in Cannes: „Ich war für alle ‚Francis‘, nicht ‚Mr. Coppola‘.“ Dass manchmal ein falsch verstandener familiärer Umgang nicht vereinbar ist mit professioneller Distanz, dürfte hier Teil des Problems sein.

Keine Zeit für Reue

Welche Ideen Coppola vermitteln will, bleibt aber unklar – und auch, ob das Ganze absichtlich oder unfreiwillig lustig ist. Er könne sich jedenfalls vorstellen, diesen Film irgendwann umzuschneiden, wie er es auch bei „Apocalypse Now“ getan habe.

Das finanzielle Risiko hingegen sei Coppola egal gewesen: „Viele Leute bereuen am Totenbett, was sie alles nicht getan haben. Mir wird dann einfallen, dass ich diesen Film gemacht habe, dass ich meine Tochter einen Oscar habe gewinnen sehen und dass ich Wein gemacht habe. Ich werde gar keine Zeit für Reue haben.“