ÖBB Railjet
ORF.at/Christian Öser
„Global denken, lokal handeln“

Kleine Schritte gegen die Klimakrise

„Größtes Feuer in der Geschichte Kaliforniens“, „Forscher warnen vor einer Heißzeit“, „Rekordausstoß von Treibhausgasen“ – ein Blick auf die Schlagzeilen der letzten Tage reicht aus, um zu erkennen, dass die Klimaverschlechterung längst begonnen hat. Doch jede und jeder Einzelne kann im Kampf gegen die Klimakatastrophe etwas tun.

Ganz nach dem Motto „Think globally, act locally“ („global denken, lokal handeln“) ist jeder und jede Einzelne gefordert, durch eine Änderung des individuellen Lebensstils die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen.

Franz Prettenthaler, Leiter des Zentrums für Klima, Energie und Gesellschaft bei Joanneum Research, spricht gegenüber ORF.at dabei von einem „Paris-Lebensstil“ – dieser entspricht zwei Tonnen CO2-Äquivalenten pro Person und Jahr. Derzeit liegt der österreichische Durchschnittswert bei 14 Tonnen. Der Weg zu einem klimafreundlichen Lebensstil führt über viele kleine Schritte.

Kondensstreifen eines Flugzeugs
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Flugreisen als Klimasünde: Nachtzüge stellen mittlerweile eine ernstzunehmende Alternative zum Flugverkehr dar

Mobilität: Verzicht auf Flugreisen

Einer der größten Klimasünder ist der Verkehr. Doch genau hier liegt auch ein großes Reduktionspotenzial. Um nicht komplett auf Individualverkehr verzichten zu müssen, empfiehlt Prettenthaler die klimaschonendere E-Mobilität. Derzeit bietet sich diese vor allem für den städtischen Bereich und kurze Distanzen an. Zudem gibt es inzwischen weitverbreitet die Möglichkeit des Carsharing.

Pariser Klimaabkommen

195 Länder haben sich auf der Pariser Klimaschutzkonferenz auf einen globalen Aktionsplan geeinigt, der die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius begrenzen soll, um der Klimakrise entgegenzuwirken.

Während Zufußgehen und Radfahren die klimafreundlichsten Alternativen darstellen, ist Fliegen die umweltschädlichste Verkehrsform. Da sich Flugzeuge in einem sehr sensiblen Bereich der Atmosphäre bewegen, bleiben die Schadstoffe dort besonders lange wirksam, die tiefen Temperaturen fungieren zusätzlich als Verstärker. Die direkte Klimabelastung durch die Verbrennung von Kerosin ist laut dem Österreichischen Portal für Umweltbildung somit etwa dreimal so hoch wie bei Bodentreibstoffen.

Radfahrerin auf offener Straße
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Aktive Mobilität schützt das Klima – Radfahren und Zufußgehen zählen zu den klimafreundlichsten Verkehrsformen

Die CO2-Emissionen des Flugverkehrs wachsen ferner weltweit schneller als in allen anderen Bereichen. Europaweit stammen zwölf Prozent der durch den Verkehr verursachten CO2-Emissionen von der Flugzeugindustrie – Tendenz steigend. Laut dem Umweltbildungsportal haben sich in Österreich die Flugverkehrsemissionen innerhalb eines Jahrzehnts mehr als verdoppelt. Dem Klimaschutzbericht zufolge sind die Treibhausgasemissionen hierzulande von 2015 auf 2016 um rund ein Prozent gestiegen.

„Innerhalb Europas stellen Nachtzüge mittlerweile eine ernst zu nehmende und zeitsparende Alternative zum Flugverkehr dar. Das wäre ein weiterer Schritt, um den ökologischen Rucksack zu verkleinern“, sagt Prettenthaler. Notfalls könnten die Emissionen aber auch direkt bei der Flugbuchung kompensiert werden, durch entsprechende Angebote von Reiseanbietern. „Seriöse Anbieter reduzieren das emittierte CO2-Paket schließlich tatsächlich wieder irgendwo anders im System und holen es damit aus der Atmosphäre“, so der Umweltökonom.

Wärme: Umstieg auf CO2-neutrale Brennstoffe

Laut Greenpeace verursacht Heizen bei vielen Menschen das größte Minus auf dem „Klimakonto“. Doch wie beim Verkehr ist auch hier Sparpotenzial gegeben: Mit jedem Grad niedrigerer Raumtemperatur können bis zu sechs Prozent Heizenergie gespart werden. Durch eine gute Isolierung und effiziente Lüftung lässt sich der Heizbedarf zusätzlich senken. Prettenthaler empfiehlt zudem einen Umstieg auf CO2-neutrale Brennstoffe wie Biogas, Erdwärme, Holzheizungen und Solaranlagen beziehungsweise Investitionen in die Gebäudehülle.

Elektrizität: Umstieg auf Ökostrom

Erdöl als wichtigster Energielieferant verursacht durch seine Verbrennung 40 Prozent der Emissionen aus fossilen Energieträgern und weist eine schlechte CO2-Bilanz auf. Ähnlich schlecht ist die Bilanz bei der Kohleverbrennung zur Energieerzeugung.

Wer zu einem Ökostromanbieter wechselt, verzichtet auf Kohlestrom sowie Atomkraft und kann seine CO2-Bilanz aus dem privaten Stromverbrauch um rund 90 Prozent verbessern. Ein durchschnittlicher Dreipersonenhaushalt kann so im Jahr bis zu 1,9 Tonnen CO2 einsparen. Und: „Wer über Dachfläche oder einen Balkon verfügt, kann mittlerweile günstig eigenen Sonnenstrom produzieren“, sagt Prettenthaler. Wenig Sparpotenzial hingegen bietet der Standby-Modus bei elektronischen Geräten, wo oft unnötig Energie verbraucht wird.

Ernährung: Weniger Fleisch, mehr Bio

Maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase trägt die Viehzucht bei. So sind die fünf größten Fleisch- und Molkereikonzerne der Welt für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich als die größten Erdölkonzerne ExxonMobil, Shell und BP. Das zeigte jüngst eine Studie des Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) sowie der Umweltorganisation GRAIN.

Dafür verantwortlich ist vor allem der Methangasausstoß der Tiere bei der Verdauung. Zwar besteht Methan deutlich kürzer in der Erdatmosphäre als CO2, bindet jedoch 28-mal mehr Hitze und erwärmt die Atmosphäre daher um ein Vielfaches stärker. Zusätzlich müssen für das Klima wertvolle Regenwälder für Weidefläche und den Anbau von Soja als Futtermittel für die Tiere gerodet werden.

Kühe auf einem Bauernhof
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Der Methangasausstoß von Tieren spielt auch für das Klima eine Rolle

Wer sich ausgewogen und fleischreduziert ernährt, erspart dem Weltklima daher laut Greenpeace rund 400 Kilogramm CO2 im Jahr. Wirkungsvoll CO2 sparen lässt sich laut der Umweltorganisation auch mit Biolebensmitteln, da beim Anbau nur etwa die Hälfte der Energiemenge benötigt werde, die konventionelle Landwirtschaft braucht.

Zudem werde hierbei auf Pestizide, Kunstdünger und lange Transportwege verzichtet. 100 Gramm Spargel aus Chile verursachten allein durch den Transport 1,7 Kilogramm CO2-Ausstoß. Aus der eigenen Region zur Spargelzeit seien es nur 60 Gramm. Auch Prettenthaler rät zu saisonalem und regionalem Gemüse – wobei insgesamt gilt: „Wenn es nicht gerade Tiefkühlgemüse ist, kann man hier nicht viel falsch machen“, so der langjährige Vegetarier.

Konsum: Weniger kaufen

Unterschätzt werden bei der Klimaverschlechterung laut Prettenthaler vor allem die indirekten Emissionen der ansonsten „unschuldig“ wirkenden Konsumgüter wie etwa Textilien. „Hier importieren wir Unmengen an Treibhausgasen, ohne diese Emissionen im Blick zu haben“, sagt Prettenthaler. Das zeige sich bei der konsumbasierten Berechnung der Treibhausgasemissionen von Österreich. Hier müsse man sich nicht die Frage stellen, wie viel CO2 durch die in Österreich produzierten, sondern durch die hier konsumierten Güter und Dienstleistungen verursacht wird.

Dabei zeige sich, dass ganze 41 Prozent der persönlich verursachten CO2-Emissionen aus dem Kauf der verschiedensten Produkte stammen, die sich jenseits von denen befinden, die sonst im Rampenlicht stehen – wie Heizung, Mobilität, Strom und Lebensmittel.

„Klimakatastrophe statt Klimawandel“

Da ein bewusster Umgang mit Ressourcen den ökologischen Fußabdruck verkleinert, gilt es, gerade bei Neuanschaffungen auf qualitativ hochwertige Produkte zu setzen und seinen Konsum prinzipiell zu überdenken – wie auch den Begriff des Klimawandels an sich, so Expertinnen und Experten.

Dieser würde etwa laut der Linguistin Elisabeth Wehling nicht die wahre Bedrohung transportieren, die er darstelle. Da ein Wandel immer auch etwas Positives sein könne, verharmlose der Begriff die eigentliche Gefahr. Sie schlägt daher vor, stattdessen von Klimakrise, -katastrophe oder -verschlechterung zu sprechen. Denn wie wir sprechen, beeinflusse unser Denken – und nicht zuletzt auch unser Handeln.