Eindrücke von Display-Übungen des Eurofighter
ORF.at/Roland Winkler
Chronologie

Deal von Anfang an umstritten

Der Ankauf der Eurofighter war nicht nur der teuerste, sondern auch einer der umstrittensten Beschaffungsvorgänge der Zweiten Republik. Noch immer beschäftigt der Kauf die Politik – nunmehr unter anderem in einem dritten U-Ausschuss. Nachfolgend eine Chronologie der Ereignisse.

2000: Die schwarz-blaue Regierung beschließt die Anschaffung neuer Abfangjäger.

Oktober 2001: Angebotseinholung für die Beschaffung von 24 einsitzigen Fliegern inklusive Option auf sechs Doppelsitzer.

2. Juli 2002: Der Eurofighter gewinnt das Rennen um die Draken-Nachfolge. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beziffert die Kosten für 24 Jets mit 1,791 Milliarden Euro.

14. August: Die Regierung beschließt wegen des Jahrhunderthochwassers eine Reduktion von 24 auf 18 Eurofighter.

16. Mai 2003: Die Regierung beziffert die Kosten für die 18 Eurofighter mit 1,969 Mrd. Euro inklusive Finanzierung und allen Zubehörs. Die Gegengeschäfte sollen einen Wert von vier Mrd. Euro ausmachen.

1. Juli: Der Eurofighter-Vertrag wird unterzeichnet.

Juli 2005: Für die Luftraumüberwachung werden zwölf Schweizer F-5 Tiger II angemietet.

Ende 2005: Österreich stellt als letztes Land die Saab Draken außer Dienst.

1. Oktober 2006: Die SPÖ wird Erste bei der NR-Wahl. Im Wahlkampf hat sie unter dem Motto „Keine Eurofighter unter einem Kanzler (Alfred, Anm.) Gusenbauer“ den Ausstieg aus dem Vertrag versprochen.

20. Oktober: Der Nationalrat setzt mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen einen Untersuchungsausschuss ein. Gleichzeitig wird die Regierung aufgefordert, die Ausstiegskosten zu eruieren. Die ÖVP unterbricht die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ.

8. Jänner 2007: Die Regierungsverhandlungen enden mit der SPÖ-ÖVP-Einigung. Das Thema Eurofighter bleibt im Regierungsprogramm ausgespart. Der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bekommt von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) den Auftrag, mit EADS über einen Ausstieg oder eine Verbilligung zu verhandeln.

6. April: Eine 87.600-Euro-Zahlung vom EADS-Lobbyisten Erhard Steininger an die Firma der Frau des für die Eurofighter-Einführung zuständigen Generalmajors Erich Wolf wird bekannt. Darabos zeigt Wolf, der im Firmenbuch als Kommanditist sowie Prokurist des Unternehmens aufscheint, wegen „des Verdachts der falschen Zeugenaussage und verbotener Geschenkannahme“ an.

10. April: „Airchief“ Erich Wolf wird vorläufig vom Dienst suspendiert.

15. April: Der Eurofighter-Hersteller lehnt einen Vertragsausstieg oder eine Stückzahlreduzierung ab.

6. Mai: Eurofighter unterbricht vorübergehend die Verhandlungen mit Darabos. Auseinandersetzungen – bis hin zu Neuwahlspekulationen – sorgen für reichlich koalitionsinterne Turbulenzen.

25. Juni: Das vom Juristen Helmut Koziol erstellte Gutachten zum Eurofighter-Deal wird veröffentlicht. Aus diesem geht unter anderem hervor, dass ein problemloser Ausstieg ohne Zusatzkosten nicht möglich sei. Darabos deutet aber eine Reduzierung der Stückzahl an.

26. Juni: Darabos bestätigt einen zuvor kolportierten Vergleich mit der Eurofighter GmbH. Dieser sieht unter anderem eine Reduzierung der Stückzahl von 18 auf 15 Eurofighter vor. Die ÖVP will dem neuen Deal nicht zustimmen.

3. Juli: Die SPÖ verlässt im Ausschuss die rot-grün-blaue Allianz und vereinbart mit dem Koalitionspartner einige Empfehlungen. Der geplante Mehrheitsbericht von SPÖ, Grünen und FPÖ kommt nicht zustande.

12. Juli: Der erste österreichische Eurofighter mit der Kennung 7L-WA landet auf dem steirischen Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg. Darabos verreist demonstrativ nach Mazedonien.

Juli 2008: Mit Ende der Fußballeuropameisterschaft übernehmen die Eurofighter die Luftraumüberwachung; die geleasten F5-Tiger II werden der Schweiz zurückgegeben.

22. August: Der Rechnungshof (RH) relativiert in einem Bericht die von Darabos genannten Einsparungen durch den Eurofighter-Vergleich und kritisiert die Vorgänge bei der Verhandlungsführung scharf.

30. September: Bei Alfons Mensdorff-Pouilly, dem Ehemann der früheren Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP), werden wegen Verdachts der Bestechung und der Geldwäsche in Zusammenhang mit dem Ankauf der Eurofighter Hausdurchsuchungen durchgeführt.

18. Oktober: Die Staatsanwaltschaft will die Vorkommnisse rund um den 2002 erfolgten Ankauf der Eurofighter neu aufrollen. Darabos sagt seine Unterstützung zu.

27. September 2009: Der letzte der 15 gekauften Eurofighter landet auf dem Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg.

29. März 2011: Die Wiener Staatsanwaltschaft stellt das Strafverfahren gegen den vom Dienst suspendierten, mittlerweile pensionierten „Airchief“ Wolf, dessen Ehefrau, den EADS-Lobbyisten Erhard Steininger und das Ehepaar Gernot und Erika Rumpold ein.

9. Mai 2011: Die Staatsanwaltschaft Wien startet neue Ermittlungen.

Juni 2012: Die Staatsanwaltschaft Wien setzt in den Ermittlungen zur Causa Eurofighter weitere Schritte und stellt an mehrere europäische Länder Rechtshilfeersuchen.

November: In Österreich, der Schweiz und Deutschland finden Hausdurchsuchungen statt. Drei EADS-Standorte im Großraum München werden durchsucht. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ortet bei der seinerzeitigen Typenentscheidung für die Eurofighter eine Serie von Merkwürdigkeiten.

29. November: Im Verteidigungsministerium wird die Taskforce Eurofighter-Vertrag, im Wirtschaftsministerium die Taskforce Gegengeschäfte eingesetzt.

Dezember: Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Eurofighter-Causa in zwei Richtungen: ob es Bestechung gegeben hat, um den Ankauf der Eurofighter zu beeinflussen, und ob bei den nach der Typenentscheidung vereinbarten Gegengeschäften „angeschoben“ worden ist.

11. März 2013: Der RH kritisiert den von Darabos geschlossenen Vergleich mit der Eurofighter GmbH, aber auch die mangelnde Einsatztauglichkeit von Flugzeugen und Piloten.

26. März: Der neue Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat beim Eurofighter-Ankauf „keine Wahrnehmung dazu, dass Korruption im Spiel gewesen wäre“.

28. Mai: Die Einstellung der Ermittlungen im Verfahren gegen die Ehepaare Wolf und Rumpold sowie den EADS-Lobbyisten Erich Steininger rund um die Eurofighter-Beschaffung war nach Ansicht des Rechtsschutzbeauftragten im Justizministerium, Robert Jerabek, eine „unerträgliche Fehlentscheidung“ der Staatsanwaltschaft.

24. August: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vermutet, dass die frühere Parteispitze der Freiheitlichen beim Kauf der Eurofighter mitkassiert hat.

23. Oktober: Das Upgrade-Programm für die 15 österreichischen Eurofighter ist abgeschlossen.

13. Februar 2014: Die Airbus Group, vormals EADS, hat ihre interne Prüfung zu angeblichen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eurofighter an Österreich abgeschlossen. Über den Inhalt des Berichts – er umfasst 400 Seiten und über 1.000 Anhänge – gibt es keine Information. Laut Medienberichten soll eine britische Firma namens City Chambers Limited in den Jahren 2003 bis 2009 rund acht Mio. Euro für Lobbying in Österreich kassiert haben.

15. Mai: Für die 15 Eurofighter stehen aus Spargründen nur noch zwölf Piloten zur Verfügung.

September: Deutsche Inspektoren entdecken bei einer Qualitätskontrolle einen Produktionsfehler beim Eurofighter, es geht um Bohrungen am Rumpfhinterteil. Flugbetrieb und Sicherheit seien in keiner Weise eingeschränkt, heißt es in Österreich.

30. September: Bezahlung der letzten Rate der Kaufpreiszahlung durch die Republik Österreich.

2015: Das Wirtschaftsministerium folgt einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) und veröffentlicht alle Eurofighter-Gegengeschäfte.

August 2016: Der Grüne Peter Pilz erhebt neue Vorwürfe zur Eurofighter-Beschaffung. Die SPÖ und Ex-Kanzler Gusenbauer hätten den versprochenen Ausstieg aus dem Vertrag hintertrieben, behauptet er. Darabos kontert, die Anschuldigungen seien „rein parteipolitisch motiviert“. Der 2007 erzielte Vergleich mit der Firma Eurofighter sei „ein Erfolg“, habe er doch den Steuerzahlern eine Ersparnis von 370 Mio. Euro gebracht.

26. Jänner 2017: Die Staatsanwaltschaft München I werde das Ermittlungsverfahren in der Causa Eurofighter möglicherweise im ersten Halbjahr 2017 abschließen, erklärt eine Sprecherin.

16. Februar: Auf den von der Taskforce Eurofighter-Vertrag veröffentlichten Bericht folgt eine Strafanzeige gegen Airbus durch das Verteidigungsministerium. Es geht um den Verdacht auf arglistige und betrügerische Täuschung unter anderem beim Kaufpreis. Die Republik Österreich schließt sich außerdem dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangt Schadenersatz in Millionenhöhe.

23. Februar: Die Staatsanwaltschaft Wien greift die Anzeige auf und leitet ein Ermittlungsverfahren gegen die Airbus Defence and Space GmbH und Eurofighter Jagdflugzeug GmbH wegen Betrugsverdachts ein. Auch gegen Airbus-Chef Thomas Enders wird ermittelt. Dieser spricht von einem „Missbrauch der Justiz“.

2. März: Freiheitliche und Grüne einigen sich auf die Einsetzung eines zweiten parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Causa Eurofighter. Ihr Antrag erstreckt sich auf 16 Jahre und enthält vier Schwerpunkte: den Vergleich mit Eurofighter 2007, unzulässige Zahlungsflüsse, die Informationslage bei Vertragsabschluss 2003 sowie die mögliche Vorenthaltung von Informationen im alten Ausschuss.

29. März: Der U-Ausschuss wird vom Nationalrat offiziell eingesetzt. Die Vorsitzführung soll großteils der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) übernehmen. Verfahrensrichter wird der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes (OGH), Ronald Rohrer. Aufgrund des Beweisbeschlusses kann die Aktenlieferung beginnen.

9. Mai: Der U-Ausschuss nimmt mit einer Geschäftsordnungssitzung seine Arbeit auf.

31. Mai: Auftakt der Zeugenbefragung.

6. Juli: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigt den Ausstieg aus dem umstrittenen Abfangjägersystem an. Er beruft sich auf einen Bericht der Sonderkommission „Aktive Luftraumüberwachung“.

12. Juli: Letzte Zeugenbefragung im zweiten Eurofighter-U-Ausschuss: In elf Sitzungen wurden insgesamt 20 Auskunftspersonen, darunter auch mehrere ehemalige Kanzler, zur Causa befragt. Die außertourliche Nationalratswahl im Herbst beschert dem Ausschuss ein vorzeitiges Ende.

30. Juli: Der U-Ausschuss-Verfahrensrichter erhebt in seinem Entwurf des Ausschussberichts schwere Vorwürfe gegen Airbus. Kritik übt Rohrer aber auch an Darabos.

18. September: Airbus weist mit einer bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebrachten Stellungnahme die von Doskozil erhobenen Betrugsvorwürfe zurück.

9. Februar 2018: Die Staatsanwaltschaft München stellt das jahrelange Schmiergeldverfahren gegen Airbus wegen des Eurofighter-Verkaufs an Österreich ein – gegen ein Bußgeld von 81 Mio. Euro. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Betrugs, Bestechung, Geldwäscherei und Untreue laufen weiter.

15. Februar: Der neue Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) setzt abermals eine Kommission ein, um bis Ende Juni alle Optionen der aktiven Luftraumüberwachung zu prüfen. Mit Juli liegt der Bericht vor, wird vom Ministerium vorerst aber nicht veröffentlicht.

26. Februar: Es wird bekannt, dass die Wiener Staatsanwaltschaft gegen Darabos wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

19. April: Die Nationalratsparteien setzen einstimmig den mittlerweile dritten U-Ausschuss zur Causa ein.

6. September: Die Befragung der Auskunftspersonen im U-Ausschuss beginnt.