Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer
APA/dpa/Bernd von Jutrczenka
Migration

Alle gegen Seehofer – außer AfD

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Donnerstag erneut mit seiner Haltung zum Thema Migration polarisiert. Diese sei „die Mutter aller Probleme“. Damit sorgte Seehofer einmal mehr für einen handfesten Streit, auch in der eigenen Union.

Seehofer sorgte mit Äußerungen zur Zuwanderung erneut für Wirbel. Er bezeichnete die Migrationsfrage als „Mutter aller politischen Probleme in diesem Land“. Deutschland sei „ein gespaltenes Land“, so Seehofer in der „Rheinischen Post“.

Der CSU-Chef äußert zudem Sympathie für die Straßenproteste in Chemnitz, bei denen Bürgerinnen und Bürger sowie Rechtsextremisten und -extremistinnen nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen gemeinsam, teils gewaltsam, demonstrierten. „Ich wäre, wenn ich nicht Minister wäre, als Staatsbürger auch auf die Straße gegangen“, sagte er mit Hinweis auf die „Aufregung und Empörung“ in der Bevölkerung nach der Tötung mutmaßlich durch Flüchtlinge.

Merkel verweist auf Erfolge

Damit löste Seehofer einmal mehr viel Widerspruch aus, allen voran bei der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sagte im RTL-Sommerinterview zu diesem Zitat: „Ich sage das anders.“ Die Migrationsfrage stelle Deutschland vor Herausforderungen. „Dabei gibt es auch Probleme, dabei gibt es auch Erfolge.“

Die Chefin der deutschen Sozialdemokraten, Andrea Nahles, spielte in ihrer Reaktion auf die vielen parteiinternen Konflikten zwischen CDU und CSU rund um das Thema Migration an: „Wenn Horst Seehofer von der Mutter aller Probleme spricht, meint er in Wahrheit Frau Merkel“, erklärte Nahles in Berlin. „Die CSU heizt den unionsinternen Streit des Sommers wieder an. Das muss aufhören.“ Sie warf Seehofer „Zündeln“ vor. SPD-Vize Natascha Kohnen forderte ihn gar zum Rücktritt auf.

Gauland pflichtet Seehofer bei

Auch die türkische Gemeinde in Deutschland reagierte empört: „Wenn Herr Seehofer die Migration als Mutter aller Probleme bezeichnet und sich als Vater aller Lösungen präsentiert, was für eine Zukunft haben dann meine Kinder in diesem Land?“, hieß es in einer Aussendung des Vorsitzenden Gökay Sofuoglu am Donnerstag.

Heftigen Protest gegen Seehofer gab es auch bei den Grünen und in der Linken. Nur eine Fraktion fand Gefallen an Seehofers Äußerungen: die AfD. Ihr Vorsitzender Alexander Gauland sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Seehofer hat in der Analyse vollkommen recht.“ Die Auswirkungen der „Asylkrise“ hätten das Land „nachhaltig zum Schlechteren gewandelt“.

Versuche der Beruhigung

Die Migrationsfrage hatte schon des Öfteren für Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU geführt, besonders als es um eine „Obergrenze“ für Zuwanderung ging. Nun fürchten Mitglieder der Union, dass Seehofers Kurs erneut zu einer Regierungskrise führen könnte. Am Donnerstag versuchten auch führende Mitglieder der Unionsfraktion im deutschen Bundestag, den Streit einzudämmen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte, Seehofer habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Migration eine der großen Herausforderungen sei, mit denen sich die Union beschäftigen müsse. „Natürlich bleibt die Zuwanderung, die Steuerung, Ordnung und auch Reduzierung der Zuwanderung nach Deutschland eine wichtige Aufgabe.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sagte, was die Begrenzung der Flüchtlingszuwanderung angehe, sei man sich zwischen CDU und CSU einig. Seehofers Äußerung sei nur eine Aufforderung gewesen, das Vereinbarte umzusetzen.