Der brasilianische Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro
AP/Agencia O Globo/Antonio Scorza
Brasilien-Wahl

Messerattacke auf führenden Kandidaten

Einer der aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten in Brasilien, Jair Bolsonaro, ist bei einer Wahlkampfveranstaltung mit einem Messer angegriffen worden. Der rechtsextreme Ex-Militär wurde von einem Angreifer schwer verletzt. Ob der Hintergrund der Tat politisch war, ist unklar.

Bolsonaro wurde ins Krankenhaus gebracht. „Bedauerlicherweise war es schlimmer, als wir dachten. Auch die Leber, die Lunge und der Darm wurden verletzt. Er verlor viel Blut, erreichte fast tot das Krankenhaus“, schrieb Bolsonaros Sohn Flavio auf Twitter. „Sein Zustand scheint nun stabil zu sein. Bitte betet!“ Zuvor war nur von einer oberflächlichen Wunde die Rede gewesen.

Darm soll durchstochen sein

Der brasilianische TV-Nachrichtensender GloboNews berichtete am Abend, dass Bolsonaro ernsthafte Verletzungen an der Leber davongetragen habe und nun im Spital operiert werde. Vonseiten des Krankenhauses wurde die Operation bestätigt, Details wurden jedoch nicht bekanntgegeben. Eine brasilianische Tageszeitung schrieb unterdessen von „Blutverlust, verursacht durch eine durchlöcherte Leber“. Das Internetportal G1 berichtete unter Berufung auf die Klinik, Bolsonaro sei der Darm durchstochen worden, sein Zustand sei aber „stabil“.

Der brasilianische Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro
APA/AFP/Raysa Leite
Bolsonaro mit schmerzverzerrtem Gesicht nach der Attacke

Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend für die Genesung des Patienten, berichtete die Zeitung „Folha de Sao Paulo“ unter Berufung auf die Ärzte. Weil sich die Wunde in der Nähe des Verdauungstrakts befinde, bestehe das Risiko einer Infektion, hieß es.

Täter von Anhängern zusammengeschlagen

Auf einem Video war zu sehen, wie Bolsonaro auf den Schultern seiner Anhänger und Anhängerinnen durch die Stadt Juiz de Fora im Bundesstaat Minas Gerais getragen wird. Plötzlich zuckt der Politiker zusammen und krümmt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Es ist eine Klinge zu erkennen, die vom Körper weggezogen wird.

Polisten vor dem Santa-Casa-Krankenhaus in Juiz de Fora
AP/Leo Correa
Sicherheitskräfte vor dem Spital, in das Bolsonaro gebracht wurde

Ob der Anschlag politisch motiviert war, stand zunächst nicht fest. Ein Verdächtiger sei nach der Attacke festgenommen worden. Der Polizeisprecher Flavio Santiago bestätigte gegenüber AP, dass es sich bei diesem um Adelio Bispo de Oliveira handle. Nach dem Angriff wurde er von Bolsonaros Anhängern zusammengeschlagen. De Oliveira wurde 2013 schon einmal wegen eines Deliktes festgenommen, nähere Details wurden jedoch nicht bekanntgegeben.

Favorit bei Präsidentschaftswahl

Bei der Präsidentschaftswahl am 7. Oktober wäre Ex-Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva von der Arbeiterpartei der eigentliche Favorit. Er sitzt aber nach einer Verurteilung wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis und darf nach jetzigem Stand nicht antreten.

Der brasilianische Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro
APA/AFP/Evaristo Sa
Bolsonaro bei einer seiner Wahlveranstaltungen

Nun gilt Bolsonaro als führender Kandidat bei der Präsidentenwahl. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IBOPE wollen 22 Prozent der Wähler und Wählerinnen für den früheren Fallschirmjäger stimmen. In der Umfrage folgen ihm Marina Silva und Ciro Gomes mit jeweils zwölf Prozent und Geraldo Alckmin mit neun Prozent. Lulas Nachfolger als Kandidat der linken Arbeiterpartei, Fernando Haddad, kommt gerade einmal auf sechs Prozent. In einer wahrscheinlichen Stichwahl würde Bolsonaro allerdings gegen alle Bewerber verlieren – außer gegen Haddad.

Bolsonaro als „Trump Brasiliens“

Bolsonaro hetzt gegen Homosexuelle und Schwarze und verherrlicht die Militärdiktatur (1964–1985). Immer wieder schockiert er mit Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“. Die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpartei sollten erschossen werden, sagte er ein anderes Mal.

Messerangriff auf Bolsonaro

Der ultrarechte Politiker Bolsonaro wurde mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt ins Spital gebracht. Der Täter wurde verhaftet.

Der „Trump Brasiliens“ mischt zwar schon lange im Politikbetrieb mit, präsentiert sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat. Im Falle eines Wahlsiegs will er Ministerposten mit Militärs besetzen und angesichts der eskalierenden Kriminalität die Bevölkerung bewaffnen.

Trotz aller ideologischer Unterschiede verurteilten Politiker aller Couleur den Anschlag. Präsident Michel Temer nannte den Angriff „nicht hinnehmbar“, der linke Präsidentschaftskandidat Ciro Gomes sprach von „Barbarei“, und Lulas Nachfolger Fernando Haddad schrieb auf Twitter: „Ich verurteile jede Gewalttat und wünsche Jair Bolsonaro gute Besserung.“

Wirtschaftskrise und Korruptionsskandale

Das Land steckt in einer schweren Krise. Vor einigen Jahren galt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch als aufstrebende Regionalmacht, heute ist Brasilien ein Sorgenkind. Durch die jüngsten Korruptionsskandale ist fast die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam. Und die Spirale der Gewalt dreht sich weiter.

Vor allem aber ist das Vertrauen der rund 146 Millionen Wähler und Wählerinnen in die Politik schwer erschüttert. Seit Beginn des Korruptionsskandals „Lava Jato“ kreist die gesamte politische Klasse fast ausschließlich um sich selbst. Davon profitiert nun der Ex-Militär Bolsonaro mit seiner Rolle als Anti-System-Kandidat.