Digitalsteuer als möglicher EU-Zankapfel

Bei der Digitalsteuer, die morgen Thema beim Treffen der EU-Finanzminister in Wien ist, zeichnet sich kein einfacher Beschluss ab. Im Vorfeld zeigten sich einige EU-Finanzminister zögerlich über eine Einführung. Unterdessen drängt die heimische Opposition Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) dazu, eines der deklarierten Ziele der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft auch umzusetzen.

„Es ist ganz kompliziert“

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte vor dem Treffen der Euro-Gruppe, es gebe keine einfachen Lösungen bei der geplanten Abgabe. „Es ist ganz kompliziert“, so Scholz, deshalb müsse man die Idee sorgfältig prüfen. Die EU-Kommission hat im März vorgeschlagen, den Umsatz bestimmter Geschäfte von Onlinefirmen zu besteuern. Sie will verhindern, dass Firmen wie Facebook und Google in Europa Gewinne kaum versteuern.

Auch der finnische Finanzminister Petteri Orpo hält den Vorschlag für „nicht sehr gut“. Berechnungen seines Ministeriums hätten ergeben, dass die zusätzlichen Einnahmen nicht hoch genug wären. Wenn, dann brauche es zudem eine globale und keine Insellösung nur in EU. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) prüft derzeit Möglichkeiten für weltweite Steuerregeln, die lettische Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola schlug nun vor, bis dahin zumindest eine EU-Lösung umzusetzen. Für einen Beschluss braucht es allerdings Einstimmigkeit unter den EU-Staaten. Auch das EU-Parlament muss zustimmen.

Löger auch für nationale Lösung

Finanzminister Löger wirbt unterdessen offenbar für einen eigenen Kompromissvorschlag. Dabei sollen etwa Umsätze aus dem Verkauf von Daten von Internetnutzern nicht mehr besteuert werden, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Papier der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Dieser Punkt stieß auf besonderen Widerstand einiger EU-Staaten.

Löger kann sich allerdings auch einen nationalen Alleingang vorstellen, sollte es auf EU-Ebene zu keiner Lösung kommen. Löger selbst stellte eine Einigung in Sachen Digitalsteuer zu Beginn des Treffens der Finanzminister in den Mittelpunkt der Gespräche. Er zeigte sich dabei zuversichtlich, dass es bis Jahresende eine Einigung auf EU-Ebene gibt. Am Abend sagte er auf eine entsprechende Frage, dass es heute womöglich eine „überraschende“ Lösung geben werde. Das hätte er in verschiedenen Gesprächen ausgelotet.

Opposition für Digitalsteuer

Die heimische Opposition sprach sich in Aussendungen auf jeden Fall für eine Digitalsteuer aus. Die SPÖ sieht darin einen Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit und die Umsetzung als „Nagelprobe“ für Löger und den österreichischen Ratsvorsitz. Der SPÖ geht allerdings sowohl Lögers Kompromiss als auch der EU-Vorschlag nicht weit genug, bei Letzterem wären die Einnahmen „überschaubar“, so der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Die Vorschläge für ein faires Steuersystem lägen auf dem Tisch, meinte SPÖ-EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner, von der Steuertransparenz zur EU-Körperschaftssteuer bis hin zu einer echten Digitalsteuer.

Das Steuersystem müsse ins 21. Jahrhundert geholt werden, so NEOS-Finanzsprecher Sepp Schellhorn. Kleine und mittleren Betriebe würden viel zu hohe Steuern zahlen, während die großen Digitalkonzerne geschont werden, kritisierte er. Eine kurzfristig angelegte Digitalsteuer werde allerdings nicht ausreichen. Er hält auch nichts von einem Alleingang Österreichs, es brauche eine europaweite Berechnung.

Bruno Rossmann von der Liste Pilz kritisiert, dass die Finanzminister bisher die Digitalisierung des Steuerrechts völlig verschlafen hätten. Dass Digitalunternehmen wie Google und Facebook in der EU durchschnittlich rund neun Prozent Steuern auf ihre Gewinne zahlen, andere Unternehmen dagegen gute 23 Prozent, sei „skandalös“. Finanzminister Löger solle daher Sorge tragen, dass diese Steuerschlupflöcher für Großkonzerne geschlossen werden.