Mattias Karlsson
Reuters/Ints Kalnins
Schweden-Wahl

Rechtsruck schwächer als erwartet

Auch Schweden ist politisch weiter nach rechts gerückt – aber lange nicht so stark wie andere EU-Länder. Dafür stürzten die Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl am Sonntag ersten Zahlen zufolge auf das schlechteste Ergebnis in mehr als 100 Jahren ab. Wer die Regierung bilden kann, ist noch völlig unklar.

Alles deutete zunächst auf ein Patt der traditionellen politischen Lager hin. Schweden war zuletzt einer von nur noch sechs EU-Staaten mit einer Mitte-links-Regierung. Die Sozialdemokraten liegen zwar an erster Stelle, mussten aber Verluste hinnehmen. Laut Hochrechnung kurz vor Mitternacht verloren sie fast drei Prozentpunkte und kamen nur noch auf 28 Prozent. Noch etwas mehr verloren die konservativen Moderaten, die bei 20 Prozent landeten.

Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten zogen bei der Präsentation der ersten Zahlen zunächst lange Gesichter, feierten dann aber ihren historischen Erfolg. Laut Prognose des Fernsehsenders SVT stimmte fast jeder fünfte Schwede für die einwanderungsfeindliche Partei. Der Hochrechnung (Stand 23.00 Uhr) zufolge kam sie auf knapp 18 Prozent und wäre damit drittstärkste Kraft. Ihre Wahlkämpfer und Wahlkämpferinnen hatten allerdings mehr erwartet. Mehrere Umfrageinstitute sahen die Schwedendemokraten vor dem Urnengang sogar ganz vorn.

Traditionelle Lager Kopf an Kopf

Durch das Ergebnis der Rechtspopulisten könnte das traditionelle schwedische Zweiblöckesystem (Rot-Grün gegen Konservative) jetzt Geschichte sein. Die Schwedendemokraten verhindern jede stabile Regierungsmehrheit für eines der beiden Lager. Stattdessen deutet sich eine Pattsituation an: Der rot-grüne Block aus Sozialdemokraten, Grünen und der sozialistischen Linkspartei kommt laut Hochrechnung auf 144 Sitze im Parlament. Für die Mehrheit sind 175 Sitze nötig.

Schweden hat gewählt

Bei der Parlamentswahl in Schweden sind die Sozialdemokraten laut Prognose stärkste Partei geworden. Die rechten Schwedendemokraten könnten zweitstärkste Kraft werden.

Das zweite große Lager, eine liberalkonservative Vierparteienallianz, erreicht 142 Parlamentssitze. Das knappe Resultat wollten die Parteien zunächst nicht kommentieren. Insgesamt waren 7,5 Millionen Schweden und Schwedinnen zur Wahl aufgerufen. Angaben zur Wahlbeteiligung lagen zunächst nicht vor. Angesichts des Vormarschs von Rechtspopulisten in Europa infolge der Fluchtbewegungen wurde die Wahl auch außerhalb Schwedens mit großer Spannung verfolgt.

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Fachleute erwarten eine extrem schwierige Regierungsbildung, denn keine Partei will ihren traditionellen Block verlassen. Eine Koalition mit den für ihre rechtsextremistischen Wurzeln und harte Einwanderungspolitik kritisierten Schwedendemokraten wollen sie allerdings erst recht nicht eingehen.

Minderheitsregierungen sind in Schweden zwar normal. Jedes denkbare Bündnis aber wäre bei Abstimmungen im Parlament auf die Zustimmung der Schwedendemokraten angewiesen. Das wollen die traditionellen Parteien verhindern, denn es würde den Rechtspopulisten ähnlich wie in Dänemark die Macht geben, als Mehrheitsbeschaffer die eigene Politik mit umzusetzen. Eine Position, die fast komfortabler ist als jene einer Regierungspartei.

Schwedendemokraten erklärten sich zum Gewinner

Die Schwedendemokraten erklärten sich zu den großen Gewinnern der Wahl. „Ich weiß, wer diese Wahl gewonnen hat, es sind die Schwedendemokraten“, rief Spitzenkandidat Jimmie Akesson am Abend seinen Anhängern und Anhängerinnen zu. Die Partei habe ihre Rolle gestärkt, mehr Mandate im Parlament gewonnen und werde in den kommenden Monaten und Jahren nicht mehr zu überhören sein.

Akesson forderte den Spitzenkandidaten der Konservativen, Ulf Kristersson, auf, Gespräche über eine gemeinsame Regierung zu führen. „Ich bin bereit, mit allen anderen Parteien zu sprechen“, sagte er. Besonders gelte das aber für die Konservativen. Bisher schließen alle traditionellen Parteien eine Zusammenarbeit mit den Rechten aus. Kristersson selbst rief Ministerpräsident Stefan Löfven von den Sozialdemokraten zum Rücktritt auf. „Diese Regierung ist abgelaufen“, sagte er am Sonntagabend. Nun solle sie zurücktreten.