Algerien-Krieg: Frankreich gibt „System“ der Folter zu

Frankreich hat erstmals eingestanden, dass unter seiner Vorherrschaft während des Algerien-Kriegs ein System zur Folter politischer Gegner eingerichtet wurde. In einer gestern in Paris veröffentlichten Erklärung des Elysee-Palastes ist die Rede von einem „legal eingesetzten System, das (…) Folter zu politischen Zwecken ermöglicht hat“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ordnete die Öffnung der Archive an, um die Schicksale zahlreicher Verschwundener zu untersuchen. „Die Folter war zwar nach dem Gesetz weiter ein Verbrechen“, sagte Macron mit Blick auf den algerischen Unabhängigkeitskrieg von 1954 bis 1962. „Aber sie hat sich entwickelt, weil sie straflos blieb.“

Entschuldigung für Tod von Maurice Audin

Im Namen Frankreichs bat Macron um Entschuldigung für den Tod des 1957 verschwundenen Kommunisten Maurice Audin. Dieser sei „von Militärangehörigen gefoltert und danach hingerichtet oder zu Tode gefoltert worden“, erklärte der Präsident.

Audins Witwe Josette sagte bei einem Treffen mit Macron in ihrem Haus östlich von Paris: „Ich habe niemals geglaubt, dass das passieren könnte.“ Ihr Mann war im Juni 1957 in Algier verhaftet worden. Dem Mathematiker wurde vorgeworfen, die Nationale Befreiungsfront (FLN) zu unterstützen, die seit 1954 für die Unabhängigkeit Algeriens kämpfte. Später verlor sich jede Spur von ihm.

Frankreich tut sich bis heute schwer bei der Aufarbeitung des Kolonialkriegs, lange war nur von den „Ereignissen in Algerien“ die Rede. Bei dem von beiden Seiten mit außerordentlicher Grausamkeit geführten Krieg wurden rund eine halbe Million Algerier und 30.000 Franzosen getötet, mindestens die Hälfte der algerischen Opfer waren Zivilisten. Der Krieg endete 1962 mit der Unabhängigkeit Algeriens.