EU-Dokument: Handel mit Großbritannien leidet auch mit Vertrag

Der Warenverkehr zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wird nach dem „Brexit“ nach Einschätzung der EU-Kommission selbst dann leiden, wenn sich beide Seiten auf einen Freihandelsvertrag einigen sollten. Ein solches Abkommen könne keinen vollkommen reibungslosen Handel sicherstellen, hieß es heute in einem Reuters vorliegenden Dokument der EU-Kommission.

Nach dem Ausstieg des Königreichs aus der EU werde es eine Zollgrenze geben. „Als Folge wird mit der Zeit der britische Güterhandel wirtschaftlich nicht mehr so stark mit der EU integriert sein wie jetzt.“ Beispielsweise würden grenzüberschreitende Zulieferketten nicht nahtlos funktionieren.

Die Einschätzungen stammen aus einem dreiseitigen Papier der Brüsseler Behörde mit Argumenten gegen die „Brexit“-Vorschläge der britischen Premierministerin Theresa May. Sie schlug eine Freihandelszone von EU und Großbritannien für Güter vor, nicht aber für den freien Personenverkehr.

Zentrale Punkte immer noch nicht geklärt

Auch im Dienstleistungs- und Finanzsektor will London ausscheren. Die Position wurde im Juli auf ihrem Landsitz Chequers beschlossen. Die Umsetzung dieser Ideen würde britischen Unternehmen einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen, entgegnet die Kommission in dem Papier.

In den Streit über die „Brexit“-Ausgestaltung ist auch auf einem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs in Salzburg Mitte voriger Woche keine echte Bewegung gekommen. Sechs Monate vor dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU herrscht in zentralen Punkten wie der künftigen irischen Grenze und den Handelsbeziehungen Unklarheit.

May drohte indes Brüssel erneut mit einem ungeregelten EU-Ausstieg ihres Landes. Sie habe immer betont, dass „kein Deal besser wäre als ein schlechter“, sagte sie in New York auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen. „Ein schlechter Deal wäre einer, der das Vereinigte Königreich zerreißt.“

Labour will sich alle Optionen offen halten

Die britische Labour-Partei will sich in der „Brexit“-Frage unterdessen alle Optionen offen halten. Auf dem Parteitag in Liverpool stimmten die Delegierten für einen Antrag, der Neuwahlen oder ein zweites Referendum vorsieht. Eine Abstimmung über einen Verbleib in der EU schloss die Partei – anders als noch am Vortag – nicht mehr aus.

„Wenn wir aus der Sackgasse kommen wollen, müssen unsere Optionen auch das Werben für ein zweites Votum beinhalten – und niemand schließt den Verbleib als Option aus“, sagte der „Brexit“-Beauftragte der Labour-Partei, Keir Starmer, in einer Rede vor den Delegierten.

Starmer nannte es „richtig“, dass das britische Parlament als erstes über den möglichen „Brexit“-Deal zwischen May und der EU abstimmen darf. Aber er bekräftigte, dass die Labour-Partei im Unterhaus mit Nein stimmen werde, wenn ihre Forderungen nicht berücksichtigt werden. Dies sei „immer wahrscheinlicher“, sagte Starmer.