Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan
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Özil-Affäre

Erdogan kritisiert Rassismus in Deutschland

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bei der Eröffnung der DITIB-Moschee am Samstag in Köln für Integration geworben und gleichzeitig Rassismus angeprangert. Die Rede war vor allem versöhnlich gehalten. Den mit vielen Friktionen verlaufenen Staatsbesuch sieht Erdogan dennoch als Erfolg.

„Das was im Augenblick passiert, ist nicht schön“, sagte Erdogan mit Blick auf die Diskussion in Deutschland über Fotos der türkischstämmigen Fußballspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit ihm vor der Fußball-WM im Sommer. „Mesut Özil, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, wurde aus der Gemeinschaft verstoßen, weil er ein Foto in England gemacht hat“, sagte Erdogan vor einem mehrheitlich türkischstämmigen Publikum in der Moschee. „Ich konnte es als ihr Präsident schwer ertragen, dass diese jungen Leute, die es bis in die Nationalmannschaft geschafft hatten, ausgestoßen wurden.“

Erdogan begrüßte in diesem Zusammenhang, dass sich „ganz viele Unterstützer (…) an die Seite von Mesut gestellt haben“. Denn solcher Rassismus müsse „ein Ende haben“. Die Türkei habe sich immer für „gleichberechtigte Integration“ eingesetzt, sagte Erdogan und verband das mit einem Plädoyer für die doppelte Staatsbürgerschaft.

Rücktritt nach kurzer WM

Auslöser für die Affäre war ein Foto gewesen, auf dem sich Özil und der ebenfalls türkischstämmige Nationalspieler Gündogan im Mai in London zusammen mit Erdogan hatten ablichten lassen. Die Debatte über das Foto und der Umgang des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit der Affäre begleiteten den deutschen WM-Auftritt. Der Rücktritt Özils aus der Nationalelf und seine Vorwürfe lösten dann eine Rassismusdebatte aus. In einer mehrteiligen Erklärung hatte Özil am 22. Juli seinen Rücktritt als Spieler der deutschen Nationalmannschaft erklärt.

Moschee-Eröffnung in Köln
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In Köln wurde am Samstag die größte Moschee Deutschlands eröffnet

Erdogan sieht vertiefte Freundschaft

Trotz aller Differenzen hielt Erdogan aber seinen ersten Staatsbesuch in Deutschland für gelungen. „Es war ein erfolgreicher Besuch“, sagte er. Die Reise habe die deutsch-türkische Freundschaft vertieft. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe er „wichtige Themen ehrlich besprochen“, unter anderem wirtschaftliche Investitionen und wie man „effektiv gegen Rassismus und Islamophobie ankämpfen“ könne.

In seiner 38-minütigen, versöhnlichen Rede erwähnte Erdogan, dessen Staatsbesuch von allerlei Irritationen begleitet war, nicht einmal den Streit mit der Stadt Köln über die kurzfristige Absage einer Veranstaltung vor der Moschee. Dabei hätte Erdogan dort vor sehr viel mehr Menschen sprechen können. Die Stadt Köln hatte die Veranstaltung aber aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt. Erdogan konnte daher nur vor den geladenen Gästen sprechen. Teilnehmer aus der Delegation hatten vor seinem Auftritt gesagt, dass Erdogan nach dem Verbot sogar überlegt habe, den Moscheebesuch abzusagen.

Aufruf zu Kampf gegen Gülen-Bewegung

Hochrangige deutsche Politikerinnen oder Politiker nahmen an der Zeremonie nicht teil, auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte abgesagt. Dazu sagte Erdogan nur: „Es wäre viel schöner und eleganter gewesen, wenn sie dabei gewesen wären.“ Aber vielleicht klappe das ja in der Zukunft.

Der türkische Staatspräsident sprach innertürkische Themen in der Kölner Moschee an und rief erneut zu einem entschlosseneren Kampf gegen die Gülen-Bewegung auf. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich und hat Deutschland in der Vergangenheit schwer dafür kritisiert, dass Gülen-Anhänger in Deutschand Zuflucht gefunden hätten.

Erdogan verzichtete aber darauf, Vorwürfe zu wiederholen, mit denen er am Freitagabend beim Staatsbankett in Berlin für Irritationen gesorgt hatte. Bei dem Bankett hatte Erdogan Kritik von Steinmeier an seiner Menschenrechtspolitik scharf zurückgewiesen und seinerseits angemerkt, in Deutschland seien „Hunderte, Tausende“ Terroristen unterwegs. Am Samstag sagte er nur, die Anhänger der Gülen-Bewegung dürften nirgendwo Unterschlupf finden. Steinmeier nannte er „meinen Freund“ und dankte ihm für die „liebenswürdige Einladung“. Am Abend beendete Erdogan seinen Staatsbesuch und flog in die Türkei zurück.

Großer Polizeieinsatz

In Köln blieb die Lage bei der von starken Sicherheitsvorkehrungen begleiteten Erdogan-Visite der Polizei zufolge weitgehend friedlich. Die Polizei hatte in der Stadt Beamte aus mehreren Bundesländern und der Bundespolizei zu einem der größten Einsätze seit Jahren zusammengezogen. Eine Kundgebung von Erdogan-Anhängern und -Anhängerinnen vor der Moschee hatte die Stadt Köln aus Sicherheitsgründen untersagt.

Die Türkisch-Islamische Union (DITIB), die Erdogan zu der Eröffnung empfangen hatte, habe kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt. Zu der Veranstaltung rund um die Moschee waren DITIB zufolge rund 25.000 Menschen erwartet worden. Beim Besuch Erdogans drängelten sich dann zahlreiche Anhänger Erdogans hinter Polizeisperren in Straßen nahe der Moschee.