Kassenreform erleichtert Einführung von Selbstbehalten

Die Sozialversicherungsreform erleichtert die Einführung von Selbstbehalten im Gesundheitssystem. Das berichten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ unter Berufung auf den Begutachtungsentwurf der Regierung. Durch den Wegfall des Ausgleichsfonds der Sozialversicherungsträger und die den Kassen zusätzlich aufgebürdeten Kosten von mehreren 100 Mio. Euro könnten neue Einnahmen notwendig werden.

Laut dem Gesetzeskonvolut braucht es künftig in der Konferenz des neuen Dachverbands der Sozialversicherungsträger keine Einstimmigkeit mehr für die Einführung von Selbstbehalten. Sieben von zehn Stimmen reichen, wenn in einer ersten Abstimmungsrunde kein gültiger Beschluss zustande kommt. Die Einführung von Selbstbehalten könnte auch gegen den Willen der Gebietskrankenkassen beschlossen werden.

Im Sozialministerium ist man indes um Beruhigung bemüht. Da für die Erlassung einer solchen Verordnung die Genehmigung der Sozialministerin erforderlich sei, „kann jedenfalls für diese Legislaturperiode die Einführung von Selbstbehalten für die bei der ÖGK Anspruchsberechtigten seitens der Frau Bundesministerin ausgeschlossen werden“, hieß es aus dem Büro der zuständigen FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein.

WGKK will vor Verfassungsgerichtshof

Weniger effiziente Prüfungen, Mehrkosten in der Verwaltung und Nachteile für kleinere Firmen und Versicherte – das sind nach Ansicht der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) die Folgen jener Änderungen, die die Bundesregierung in Sachen Sozialversicherung anstrebt. WGKK-Obfrau Ingrid Reischl kündigte heute auch den Gang zum Verfassungsgerichtshof an. Kritisiert wird vor allem die im Entwurf vorgesehene Zusammenführung der Prüforganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung.

FPÖ forciert öffentliches Geld für Privatklinik in Wien-Währing

Während die Regierung bei Sozialversicherungsträgern und Krankenkassen den Rotstift ansetzt, bekommen die Privatspitäler im Zuge der geplanten Strukturreform der Sozialversicherungen mehr Geld. Per Gesetz soll künftig die Privatklinik Währing, für die sich in der Vergangenheit vor allem die FPÖ starkgemacht hat, öffentliche Mittel erhalten.

Die ÖVP-FPÖ-Sozialversicherungsreform beinhaltet auch eine Neuregelung der Finanzierung der aus dem Fonds der Privatkrankenanstalten (PRIKRAF) mitfinanzierten Privatspitäler. 38 der insgesamt 44 PRIKRAF-Spitäler sind laut Krankenanstaltenkataster in Betrieb. 28 davon haben laut dem Jahresbericht der privaten Spitäler 2016 abrechnungsrelevante Leistungen erbracht.

14,7 Mio. Euro mehr

Der 2002 unter der damaligen schwarz-blauen Regierung ins Leben gerufene Fonds der Privatkrankenanstalten wird durch die Sozialversicherungsträger finanziert und leistet Kostenersatz für Sozialversicherte, die im Notfall in Privatspitälern behandelt werden. 2017 zahlten die Sozialversicherungsträger 121,5 Mio. Euro in den Fonds ein. Rund zwei Drittel davon stellten die Gebietskrankenkassen zur Verfügung.

Ab 2019 werden die Mittel für den PRIKRAF nach den ÖVP-FPÖ-Vorhaben um 14,7 Mio. Euro erhöht. Der Fonds soll dann inklusive der bis dahin prognostizierten Valorisierungen mit knapp 146 Mio. Euro dotiert sein, bis 2026 könnte sich dieser Betrag laut Prognoserechnungen von Sozialversicherungsexperten auf 185,5 Mio. Euro erhöhen.

Kritik der Krankenkassen

Die Erhöhung der Mittel für die Privatspitäler begründet man mit der im Regierungsprogramm vereinbarten Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Gesundheitsdiensteanbieter. „Die vorgeschlagene Änderung dient der Umsetzung dieses Punktes“, so das Sozialministerium. Zudem seien private Krankenanstalten bei der Umsatzsteuer nicht vorsteuerabzugsfähig. Die zusätzlichen Mittel dienten unter anderem als Ausgleich dafür.

In den Krankenkassen gibt es hingegen Kritik an den Regierungsplänen. Von einer „exorbitanten Erhöhung“ der Pauschalzahlung in den PRIKRAF und einer Stärkung des privaten Sektors auf Kosten des öffentlichen ist die Rede. Die SPÖ warnte deshalb zuletzt vor einer „schleichenden Privatisierung“ des Gesundheitssystems.

Privatklinik Währing will dazugehören

Der Begutachtungsentwurf des FPÖ-geführten Sozialministeriums sieht darüber hinaus vor, dass mit der Erhöhung der Mittel des PRIKRAF auch eine Erweiterung der Mitglieder um die Privatklinik Währing verbunden sein soll. Hinter der Privatklinik steht die Vienna International Medical Clinic (VIMC), die sich seit Jahren um Aufnahme in den PRIKRAF bemühte.

Der zuständige Fachverband der Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer verweigerte das bisher. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache stellte sich persönlich auf die Seite der VIMC und sprach von einem „Sumpf im Dunstkreis der ÖVP“.

Fachverbandsvorsitzender Julian Hadschieff, Geschäftsführer der Uniqa-Tochter PremiQaMed, die mehrere Privatkliniken betreibt, wies diese Vorwürfe zurück. Alle mit der Causa befassten Gerichte bis zum OGH und Verfassungsgerichtshof hätten das korrekte Handeln des Fachverbands bestätigt, sagte Hadschieff damals. In der Wirtschaftskammer wies man auch darauf hin, dass die VIMC hauptsächlich im Bereich plastisch-ästhetischer Chirurgie tätig sei, für diesen Bereich gebe es ohnehin keinen Kostenersatz.