Bundespräsident Alexander Van der Bellen, EU Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
APA/Herbert Neubauer
100 Jahre Republik

Lob und Warnung bei Festakt der Länder

Die Bundesländer haben am Donnerstag bei einem Festakt den 100. Geburtstag der Republik begangen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und die Landeshauptleute betonten die Wichtigkeit der Länder bei der Gründung der Republik und ihre Verantwortung für die Demokratie.

Er sei heute gerne nach Wien gekommen – das müsse man immer bei Auftritten sagen, aber heute stimme es in ganz besonderem Maße, so Juncker in seiner Festrede. Er treffe die Landeshauptleute gerne, ob in Brüssel oder anderswo, weil man dann in Ruhe über die Bundesregierung schimpfen könne, so Juncker unter Gelächter der Anwesenden.

In Österreich werde die Föderalität hochgehalten. In 40 bis fünfzig Jahren werde der Wettbewerb nicht mehr zwischen Ländern, sondern zwischen Regionen stattfinden, so Junckers Prognose. Österreich habe eine große Zukunft und die Bundesländer auch, so Juncker weiter.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
APA/Herbert Neubauer
EU-Kommissionspräsident Juncker ruft zum Aufstehen gegen „bornierten Nationalismus“ und „stupiden Populismus“ auf

Aufstehen gegen Gefahr von Rechts

Zukunft brauche Herkunft, man müsse sich mit der Vergangenheit beschäftigen. Die europäische Einigung könne nur zum Erfolg geführt werden, wenn sie nicht gegen die Nationen stattfinde, so Juncker. Er warnte auch vor Gefahren. Man müsse aufstehen, wenn Gefahr drohe.

Juncker warnte vor borniertem Nationalismus und stupidem Populismus. Er verstehe aber auch die EU-Kritiker. Österreich spiele eine große Rolle auch als Brückenbauer und habe eine Mittlerrolle, so Juncker weiter. Österreich habe einen großen Beitrag zum Verständnis der europäischen Erweiterung geleistet.

Van der Bellen: Lob für Länder

Van der Bellen lobte in seiner Rede ebenfalls die Bundesländer. Sie „sind die Motoren der Entwicklung Österreichs. Wie das Beispiel der positiven Zusammenarbeit des Burgenlandes mit Westungarn zeigt, sind diese Regionen in ihrer Vielfalt aber auch ein wesentlicher Bestandteil eines föderalen Europas über die Grenzen Österreichs hinaus“, so der Bundespräsident.

Außerordentliche Landeshauptleutekonferenz im Palais Niederösterreich
Hermann Fercsak
Die Landeshauptleute bei ihrem „Familienfoto“ anlässlich des Festakts im Palais Niederösterreich in Wien

Dank von Kurz

Kurz schlug in eine ähnliche Kerbe. „Wir sind ein vielfältiges Land, ein Land mit einem Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent, einem Sozialstaat, der zu den besten der Welt gehört, und wir sind ein Land, das in allen politischen Ebenen gut zusammenarbeitet“, so Kurz in seiner Rede. „Wir sind ein Land, das fest in der Europäischen Union verankert und gewillt ist, dort aktiv mitzugestalten. Heute sollten wir all jenen danken, die als Österreicherinnen und Österreicher stets fleißig daran gearbeitet haben, unser Land wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial stark zu machen“, so Kurz.

Festakt der Bundesländer anlässlich „100 Jahre Republik Österreich“
Wolfgang Sziderics
Von links nach rechts: Michael Ludwig (SPÖ), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Hans Niessl (SPÖ), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Bundespräsdent Alexander Van der Bellen

Niessl: Verantwortung der Erinnerung

„Mit der Gründung der Republik Österreich wurde der Grundstein geschaffen für ein Österreich, das eine Erfolgsgeschichte werden sollte, die bis in die heutige Zeit wirkt“, so der burgenländische Landeshauptmann und derzeitige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Hans Niessl (SPÖ), in seiner Ansprache.

Man dürfe aber auch nicht das dunkelste Kapitel dieser Geschichte ausblenden – „wir haben mindestens die Verantwortung des Erinnerns. Und als Länder versuchen wir, dieser Verantwortung gerecht zu werden.“ Gerade in Anbetracht der Geschichte der Republik sei der Einsatz für Menschlichkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein friedliches Miteinander von ganz großer Bedeutung „Das sollte unser gemeinsamer Auftrag sein – auch für die Zukunft unseres Landes und für die Menschen in diesem Land", so Niessl – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Mikl-Leitner: Wichtige Botschaft

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte, dass man mit dem Zusammentreffen gemeinsam eine ganz wichtige Botschaft sende. „Nämlich nie wieder Krieg auf unserem Kontinent und alles tun, um Friede, Freiheit und Demokratie zu schützen und hochzuhalten. Die Geschichte wachhalten, aus der Geschichte lernen und vor allem die richtigen Schlüsse ziehen für die Gestaltung dieses wunderschönen Landes in der Gegenwart und in der Zukunft“, so Mikl-Leitner – mehr dazu in noe.ORF.at.

Fritz Dittlbacher analysiert

Es gab eine sehr beeindruckende proeuropäische Rede von Juncker, so Fritz Dittlbacher von der Konferenz der Landeshauptleute im Palais Niederösterreich.

Auch der Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sah das ähnlich. „Diese heutige Veranstaltung ist sehr stark mit der Geschichte und mit der Stadt Wien verbunden. Die Stadt Wien selbst, die Städte und Gemeinden Österreichs insgesamt sind aber auch heute noch von wesentlicher Bedeutung – bedeutend für die Entwicklung der Europäischen Union, bedeutend für das Gestalten unseres Kontinents, für ein gemeinsames, sicheres und friedliches Europa“, so Ludwig.

Gemeinsame Erklärung der Länder

Bereits am 21. Oktober 1918 wurde im heutigen Palais Niederösterreich mit der Konstituierung einer provisorischen Nationalversammlung der Grundstein der Republik gelegt, hieß es von den Bundesländern in einer gemeinsamen Aussendung. Die Landeshauptleute unterzeichneten deshalb am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung.

Juncker bei der Landeshauptleutekonferenz

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Republik Österreich haben die Landeshauptleute den Präsidenten der Europäischen Kommission, Juncker, nach Wien eingeladen.

„Während der Monarchie war es den Kronländern mittels kaiserlich dekretierter Landesordnungen untersagt, untereinander in Kontakt zu treten. Es waren die Länder, die nach dem Ersten Weltkrieg und mit dem Ende der Donaumonarchie im Jahr 1918 initiativ wurden“, so die Erklärung. So konnte unter Mitwirkung von Länderkonferenzen zur Etablierung der Republik und zum Verfassungswerdungsprozess maßgeblich beigetragen werden, heißt es weiter.

Demokratie, Föderalismus und Grundrechte

„Die Landeshauptleute betonen daher – im Bewusstsein der aus einer föderalen Zusammenarbeit entstehenden Vorteile – das ‚Miteinander‘, das seit 1918 zum Postulat der neuen Selbstständigkeit der Länder erhoben wurde. Seit 1918 hat sich die Republik Österreich trotz schrecklicher historischer Ereignisse und schwieriger Herausforderungen hervorragend entwickelt. Maßgeblich dazu beigetragen haben die österreichischen Bundesländer, die zum Wohle der Republik Österreich stets das Gemeinsame über das Trennende stellten“, heißt es weiter.

„Die Landeshauptleute unterstreichen angesichts der folgenschweren Ereignisse der letzten 100 Jahre die Grundprinzipien unserer Republik wie Demokratie, Föderalismus und Grundrechte, die sich bis heute bewährt haben und auch weiterhin zukunftsweisend sind. Nur starken Regionen, die demokratische Entscheidungen nah an ihren Bürgerinnen und Bürgern treffen, wird es nachhaltig gelingen, den Mehrwert des europäischen Projekts zu vermitteln, den europäischen Gedanken zu stärken und eine gemeinschaftliche Vision zu entwickeln“, heißt es wörtlich in der Erklärung.

„Die Landeshauptleute sehen die Zukunft Europas in den starken Regionen einer modernen und zukunftsorientierten Europäischen Union, von der der Gedanke der Demokratie, des Friedens und der Sicherheit ausstrahlt“, schließt die Erklärung.