Stau am Wiener Gürtel
ORF.at/Dominique Hammer
35 Prozent weniger

EU-Kompromiss bei CO2-Reduktion für Pkws

Der EU-Umweltrat hat Dienstag knapp vor Mitternacht doch noch eine Einigung über die CO2-Reduktion für Pkws und Vans bis 2030 erzielt. Konkret wird es eine Verringerung des Schadstoffausstoßes für Autos um 35 Prozent geben. Es sind auch Ausnahmen, unter anderem für östliche EU-Länder, vorgesehen.

Der Beschluss fiel deutlich schärfer aus als ursprünglich etwa von der deutschen Regierung und von der dortigen Autoindustrie gewünscht. Einigen EU-Ländern ging er jedoch nicht weit genug, darunter Irland, Schweden und Dänemark.

Die Ministerinnen und Minister hatten den ganzen Tag darüber verhandelt, wie stark der Ausstoß des Treibhausgases CO2 bei Neuwagen in der EU im nächsten Jahrzehnt sinken muss. Ziel ist, die Klimaziele der Europäischen Union insgesamt zu erreichen und die Emissionen aus dem Straßenverkehr zu drücken.

Keine einstimmige Entscheidung

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) als EU-Ratsvorsitzende zeigte sich erfreut über die Annahme des Kompromisses. Das sei die Grundlage für die Trilogverhandlungen des Rates mit Kommission und Europaparlament. Auch EU-Energiekommissar Miguel Arias Canete zeigte sich zufrieden über die Einigung. Die Gesetzgebung sollte so rasch wie möglich abgeschlossen werden.

Die Entscheidung fiel aber nicht einstimmig, notwendig war eine qualifizierte Mehrheit. Diese wurde eindeutig erreicht. Möglich wurde das vor allem, weil Deutschland seine ursprüngliche Ablehnung des 35-Prozent-Vorschlags revidierte. Ursprünglich lautete die Linie maximal 30 Prozent wie im EU-Kommissionsvorschlag.

Östliche EU-Staaten zufrieden

Zufrieden mit den Ausnahmen zeigten sich Polen, Tschechien, die Slowakei und Rumänien. Bulgarien und Ungarn freuten sich zwar auch über diesen Punkt, doch wurden die 35 Prozent generell als zu hoch empfunden, daher gab es von beiden eine Stimmenthaltung. Bei den Ausnahmen geht es um die Anrechnung von Null- oder Niedrigemissionen. Diese sollen doppelt gezählt werden, wenn die Marktdurchdringung in diesem Bereich weniger als 60 Prozent des Durchschnitts beträgt.

Bisher 95 Gramm CO2 pro Kilometer

Die Entscheidung ist für die Autoindustrie von großer Bedeutung. Bisher ist in der EU festgelegt, dass Neuwagen im Flottendurchschnitt 2020 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen sollen. Von dieser Basis aus soll nun die Senkung folgen. Strenge Vorgaben bedeuten, dass Hersteller neben Diesel und Benzinern möglichst viele Fahrzeuge ohne Emissionen verkaufen müssen – also zum Beispiel reine Elektroautos –, um ihren Schnitt insgesamt zu erreichen. Die deutsche Regierung befürchtet Jobverluste, falls der Umstieg auf neue Antriebe zu schnell vollzogen wird.

Andere Staaten argumentierten hingegen, dass ein schneller Umbau der Autoindustrie in der Konkurrenz zu China nötig sei und neue Arbeitsplätze schaffen werde. Der luxemburgische Staatssekretär Claude Turmes griff Deutschland frontal an: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fahre zugunsten der deutschen Autobauer „den Klimaschutz an die Wand“, sagte der ehemalige Grünen-Europaabgeordnete.

Verhandlungen mit Europaparlament ab Mittwoch

Nach dem Kompromiss der EU-Länder wartet nun eine weitere Hürde: Jetzt muss eine Einigung mit dem Europaparlament ausgehandelt werden. Die Abgeordneten hatten sich in der vorigen Woche ebenfalls für eine Minderung um 40 Prozent ausgesprochen. Die Verhandlungen sollen bereits am Mittwoch beginnen.

Kritik von NGOs und Opposition

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 kann den Jubel jedoch nicht nachvollziehen. „Der entscheidende Beschluss, die eigene Klimaambition in Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen zu bringen, fehlt aber“, so ihre Kritik.

Auch der VCÖ gab sich nicht begeistert: „Die Blockadehaltung Deutschlands beim gestrigen EU-Umweltministerrat gegen eine wirksame Reduzierung der CO2-Grenzwerte für Neuwagen schadet der Umwelt und den Autofahrern.“ WWF Österreich hätte sich ein strengeres Vorgehen von Köstinger gewünscht, die Umweltschützer sprechen von einem „Minimalkompromiss“.

Für NEOS ist die Einigung im Umweltrat „nicht ambitioniert genug“: „Es ist fünf nach zwölf! Wenn wir uns nicht jetzt klar zu einer mutigen Klima- und Umweltpolitik bekennen, dann wird es zu spät sein“, so Umweltsprecher Michael Bernhard. Die Liste Pilz sprach von einem „faulen Kompromiss“.