Eine Person hebt bei einem Bankomaten Geld ab
ORF.at/Carina Kainz
Verfassungsgerichtshof

Bankomatgebühren nicht generell verboten

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in seinem jüngsten Erkenntnis kein generelles Verbot für Bankomatgebühren ausgesprochen. Die automatische Weiterverrechnung von Behebungsgebühren von Drittanbietern an die Banken, wie sie Paragraf 4a Verbraucherzahlungskontogesetz (VZKG) vorsieht, wird aber als verfassungswidrig eingestuft.

Die Gesetzesbestimmung wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Nicht verfassungswidrig und somit weiterhin erlaubt ist die Bestimmung des Paragrafen 4 Abs. 2 VZKG, das den Banken vorschreibt, dass sie Entgelte für Bankomatabhebungen „im Einzelnen“ aushandeln müssen.

Diese Regelung stelle keine Verletzung des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums der Banken dar, wie diese vor dem VfGH moniert hatten. Banken dürfen also weiterhin in Einzelfällen Gebühren für Geldbehebungen an Bankomaten verrechnen.

„Öffentliches Interesse“

„Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn kontoführenden Zahlungsdienstleistern die Pflicht auferlegt wird, Verbrauchern tatsächlich mehrere Zahlungskontotarifmodelle anzubieten, um das Erfordernis des ‚im Einzelnen Aushandelns‘ (sic!) nach der Judikatur zu erfüllen“, heißt es im Erkenntnis des VfGH.

Es gebe ein öffentliche Interesse an der Bargeldversorgung in strukturschwachen Gebieten, begründete der VfGH seine Entscheidung, dass Banken weiterhin bei bestimmten Kontomodellen Entgelte für Bargeldabhebungen an Geldautomaten vorsehen dürfen. Sie seien aber nicht verpflichtet, ihre Kunden von Gebühren von unabhängigen Drittanbietern zu befreien.

Verschiedene Tarifmodelle notwendig

Der VfGH hatte sich auf Antrag von rund 500 österreichischen Geldinstituten mit den Bestimmungen des Verbraucherzahlungskontogesetzes befasst, die im Jahr 2017 unter dem Schlagwort „Verbot der Bankomatgebühren“ eingeführt wurden.

In seinen Erkenntnissen hebt der VfGH die Bestimmungen teilweise auf, Banken müssen aber verschiedene Tarifmodelle anbieten, um Bankomatgebühren verlangen zu können. „Der Gerichtshof bestätigt, dass die angefochtenen Bestimmungen dem Verbraucherschutz dienen“, so der VfGH. Für von den Banken unabhängige Drittanbieter von Geldausgabeautomaten werde ein Anreiz geschaffen, um Geldausgabeautomaten auch in strukturschwachen Gebieten zu betreiben, in denen wegen der geringeren Anzahl der Transaktionen nicht mit einem kostendeckenden Betrieb zu rechnen sei, so der VfGH am Freitag in einer Presseaussendung.

Mit Kostenrisiko argumentiert

Die Entgelte müssten aber im Einzelnen ausgehandelt werden. „Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn kontoführenden Zahlungsdienstleistern die Pflicht auferlegt wird, Verbrauchern tatsächlich mehrere Zahlungskontomodelle anzubieten, um das Erfordernis des ‚im Einzelnen Aushandelns‘ nach der Judikatur zu erfüllen.“

Dagegen verletzt es die Geldinstitute laut VfGH im „Grundrecht auf Unversehrtheit ihres Eigentums“, wenn unabhängige Drittanbieter Entgelte für Bargeldbehebungen frei festsetzen können, „mit denen in der Folge die kartenausgebenden Zahlungsdienstleister belastet werden, ohne dass eine Vertragsbeziehung mit unabhängigen Drittanbietern besteht“.

Euronet verlangt 1,95 pro Abhebung

Das bedeute für die Banken ein Kostenrisiko, zumal für diese in aller Regel nicht vorhersehbar sei, wie häufig und in welchem Umfang Verbraucher Bargeldbehebungen bei unabhängigen Drittanbietern tätigen werden. Die Aufhebung des betreffenden Paragrafen 4a VZKG ist sofort – also mit der Veröffentlichung des Erkenntnisses im Bundesgesetzblatt – wirksam.

Der US-Bankomatbetreiber Euronet verrechnet als einziger Anbieter in Österreich seit dem Sommer 2016 bei Bargeldbehebungen an den eigenen Geräten einen Fixbetrag von 1,95 Euro pro Behebung. Die Banken mussten laut dem Stand vor dem VfGH-Spruch die entstandenen Gebühren ihren Kunden refundieren. Die österreichischen Banken verlangen selbst aber keine Bankomatgebühren.

Ministerium fordert Transparenz

Das Finanzministerium fordert als Reaktion auf das VfGH-Erkenntnis die Kreditinstitute auf, nachvollziehbare Produkte und Kontomodelle anzubieten. Diese dürften keine versteckten Gebühren enthalten, und die Kosten müssten klar gekennzeichnet sein. Den Konsumentinnen und Konsumenten müsse eine vernünftige Entscheidung ermöglicht werden.

„Das Wichtigste ist jetzt volle Transparenz für Kunden“, so der Sprecher von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme zur APA. „Sollte die Anwendung von den Marktteilnehmern unzufriedenstellend umgesetzt werden, behalten wir uns vor, in dem Bereich konkretere Anforderungen zu formulieren“, hieß es darin weiter.

WKÖ: Kein Überwälzen mehr auf Banken

Von der heimischen Kreditwirtschaft wurden die VfGH-Entscheidungen begrüßt. Dadurch würden das Bankomatsystem heimischer Banken und die im internationalen Vergleich hervorragende und kostengünstige Bargeldversorgung der Österreicher nachhaltig gesichert, so Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Das „Bankomatgesetz“ hatte laut Rudorfer vor allem zur Folge, dass die heimischen Banken in der Höhe beliebig festgesetzte Entgelte von jeglichen Drittanbietern, die ihre Geräte in Österreich aufstellen, zu tragen hatten. Aufgrund der aktuellen Entscheidung des VfGH sei es Drittanbietern künftig nicht mehr möglich, ihre hohen Gebühren für Bargeldbehebungen auf die österreichischen Banken zu überwälzen.

AK: Nicht Drittanbietern überlassen

Die Arbeiterkammer (AK) sieht die Banken in der Pflicht. Diese müssten eine flächendeckende Versorgung mit Bargeld sicherstellen, „damit Konsumenten kostenlos vom eigenen Konto abheben können“. „Das Feld darf nicht Drittanbietern überlassen werden, die mitunter den Konsumenten unverhältnismäßige Spesen verrechnen“, forderte Gabriele Zgubic, Leiterin der AK-Konsumentenpolitik, in einer Aussendung.

Für die AK ist das jüngste Erkenntnis zu den Bankomatgebühren „durchwachsen“. Eindeutig abzulehnen sei aber die Tendenz, die Bankkunden mit extrahohen Spesen durch Drittanbieter zur Kasse zu bitten, so Zgubic – mehr dazu in help.ORF.at

SPÖ fordert generelles Aus

Die SPÖ sprach sich wieder für ein generelles Verbot von Bankomatgebühren aus. Zudem müsse ein wohnortnaher Zugang zu Bankfilialen sichergestellt werden. „Die Regierung muss jetzt alles in die Wege leiten, damit jeder in Österreich unentgeltlich zu seinem Bargeld kommt“, forderte SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Markus Vogl am Freitag in eine Pressemitteilung. Die SPÖ stehe bereit, bei einer entsprechenden Gesetzesreparatur im Nationalrat mitzugehen, um sicherzustellen, dass es auch zu keinen zusätzlichen Kosten kommt. Der Regierung wirft Vogl Untätigkeit in Sachen Konsumentenschutz vor.

Ziel müsse sein, dass die Bevölkerung einen wohnortnahen Zugang zur unentgeltlichen Bargeldbehebung hat. Auch SPÖ-Kommunalsprecher Andreas Kollross forderte per Aussendung die Regierung auf, rasch ein generelles Verbot von Bankomatgebühren umzusetzen. „Der Zugang zu Bargeld ist als essenzielles Grundrecht der Menschen anzusehen.“ Ein weiteres Problem sei, dass gerade in ländlichen Regionen der Zugang zu Bargeld zunehmend verschlechtert werde. Auch Kollross forderte, die wohnortnahe Erreichbarkeit zu Bankfilialen und Bargeld sicherzustellen.

Fast 9.000 Bankomaten österreichweit

Zum Jahresende 2017 gab es in Österreich rund 7.360 Geldausgabeautomaten, die von der PSA für die österreichischen Banken betreut werden. Inklusive der Drittanbieter waren es laut Nationalbank-Statistik 8.726 Geräte. 1.366 dieser Geldausgabegeräte wurden somit von den beiden unabhängigen Anbietern First Data und Euronet betrieben.

Der Großteil entfiel mit rund 1.140 Geräten auf First Data, die restlichen 265 können Euronet mit Konzernsitz in den USA zugerechnet werden. Vor zwei Jahren waren es erst 120. Der Marktanteil der unabhängigen Drittanbieter bei den Geldausgabegeräten hat sich damit seit 2012 von 6,5 auf 15,7 Prozent vergrößert.